Wir sind das Volk: Das spanische Manifest

Gestern sind wieder Millionen von Spaniern auf die Straße gegangen. Dabei gewinnt der Satz „Wir sind das Volk“ aus der Bürgerrechtsbewegung der DDR eine neue Kraft. Es sind die Schlussworte des spanischen Manifestes 25-S: Wir sind die überwältigende Mehrheit. Wir sind das Volk. Was wir verlangen ist richtig. Wir werden Sie nicht davonkommen lassen.“

Hier das gesamte Manifest eines Widerstands von unten.

„Wir, das spanische Volk, die wir unter den Folgen einer Krise leiden, die wir nicht selbst zu verantworten haben, sind zusammengekommen um dieses Manifest zu verfassen. Wir rufen alle Bürger auf, sich uns anzuschließen .

Wir sind mit einer Situation konfrontiert, die alle Grenzen des Ertragbaren sprengt. Wir sind die Opfer eines beispiellosen Angriffes, bei dem die Finanzkrise als Vorwand dient, unser Leben und unsere Freiheit zu zerstören.

Die Täter sind jene, die sich mit der Komplizenschaft aller parlamentarischen Kräfte als unantastbare Herrscherclique über uns erhoben haben. Sie manipulieren alle Bereiche des Staates und der Gesellschaft, um ihre überzogenen Privilegien zu erhalten und ihre maßlose illegale Bereicherung fortzusetzen.

Wir erleben, dass uns jede Möglichkeit genommen wird, diesen beispiellosen sozialen Raubzug zu stoppen. Die Regierungen, die uns systematisch ausplündern, tun das genaue Gegenteil von dem, wozu sie ihren Wählern gegenüber verpflichtet wären.

Es gibt für uns keine Gerechtigkeit vor den Gerichten – aber sie, die Banker, Politiker und Geschäftsleute, die die Situation verursacht haben, werden nicht zur Rechenschaft gezogen.

Wir erleben, wie die politische Elite unsere Grundrechte und unsere Freiheit mit Füßen tritt, und wie wir Opfer staatlicher Repression werden, sobald wir eine Änderung der Situation verlangen.

Wir wissen, dass die Probleme so gravierend sind, dass eine Lösung nicht durch die üblichen Mechanismen des politischen Systems und schon gar nicht von dieser Elite für uns, die Menschen, zu erreichen ist.

Deshalb fordern wir den Rücktritt der gesamten Regierung, die unser Land in die Irre leitet, die Benzin ins das Feuer gießt und die uns in die Katastrophe führt.

Wir fordern die Auflösung des Parlaments und sofortige allgemeine Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung. Diese Versammlung wird, unter Beteiligung aller gesellschaftlichen Kräfte, eine neue Verfassung erarbeiten, da wir die derzeitige Verfassung als nicht mehr gültig betrachten, denn sie wurde in Hinterzimmern verfasst, von einer kleinen Herrscherclique, dominiert von den etablierter Erben des Francofaschismus und jenen, die mit ihnen paktierten.

Es müssen aber die Menschen selbst sein, die für den Staat, in dem sie leben wollen, die Rahmenbedingungen schaffen und nicht, wie geschehen, von einem Machtzirkel diktiert werden, der ausschließlich seine eigenen Interessen vertritt.

Wir fordern eine grundlegende Revision der Staatsverschuldung Spaniens und ein Moratorium für den Schuldendienst – solange bis eindeutig feststeht, welchen Teil der Schulden die Nation tatsächlich zu verantworten hat – und zwar nachdem jener Teil davon abgezogen wurde, der nur den privaten Interessen weniger gedient hat und nicht für Zwecke verwendet wurde, die allen Bürgern zu gute gekommen sind.

Wir fordern strafrechtliche Ermittlungen gegen all jene, die in Verdacht stehen, sich an diesen Transaktionen bereichert zu haben, und wir verlangen, dass sie im Falle einer Verurteilung mit ihrem Privatvermögen haften.

Wir fordern eine Reform des Wahlgesetzes, damit Wahlergebnisse tatsächlich den Wählerwillen des souveränen Volkes widerspiegeln, was derzeit in keiner Weise der Fall ist.

Wir fordern die sofortige Aufhebung aller Reformen, die von der konservativen Partido Popular auf den Weg gebracht wurden, weil sie eine Katastrophe für unser Land sind und ein Verrat am demokratischen Auftrag, der ihnen vom Volk erteilt wurde.

Wir fordern eine gerechte Steuerreform. Dabei müssen zuallererst die Reichen und Privilegierten zur Kasse gebeten werden.

Wir fordern die Aufhebung der von der Regierung verordneten Amnestie für Steuerhinterziehung, da sie eine unerträgliche Verhöhnung aller ehrlichen Steuerzahler darstellt.

Wir fordern die Abschaffung aller Privilegien bei der Ausübung politischen Verantwortung und die Umsetzung strengster Kontrollmechanismen zur Erfüllung dieser Aufgaben.

Wir fordern die sofortige Einstellung aller Haus- und Wohnungsräumungen, und verlangen günstige Mieten für die Häuser und Wohnungen, die jetzt in Besitz von Banken sind, denen mit öffentlichen Mitteln geholfen wurde.

Wir fordern, dass die vorhandene Arbeit unter allen Arbeitnehmern gerecht verteilt wird. Es ist ein großer Trugschluss zu glauben, dass Jene, die noch in Arbeit sind, nur mehr und härter arbeiten müssen. Dies nützt nur den Interessen und der Gier Weniger und es entspricht nicht den Interessen der einfachen Menschen.

Aus diesen Gründen rufen wir die Bürger auf, sich ab dem 25. September 2012 für unbefristete Zeit um das Parlament in Madrid zu versammeln und dort so lange zu bleiben bis die Regierung zurückgetreten ist und der verfassungsgebende Prozess eingeleitet wurde.

Dieser Prozess wird das Resultat sein, der Bündelung aller sozialen Kräfte, die für eine gerechtere Gesellschaft kämpfen.

Wir sind die überwältigende Mehrheit.
Wir sind das Volk.
Was wir verlangen ist richtig.
Wir werden Sie nicht davonkommen lassen

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5 Kommentare zu “Wir sind das Volk: Das spanische Manifest
  1. Cornelia Mohrig sagt:

    It is a  great text. For sure it will travell round the world for every country, for everybody in all language our lifes offer.

  2. Cornelia Mohrig sagt:

    ich finde es ein wenig schade, dass nicht mehr Menschen den Mut haben, eine Meinung, Lob zu äussern zu der Vielfalt der newslichter Beiträge, die wirklich eine Orientierungshilfe in der Fülle  des Lebens sind… mit Mut voran, ein guter Kommentar ist demokratisches Verhalten, schafft Solidarität , stärkt Hoffnung …

  3. Redaktion sagt:

    Danke für Deinen Beitrag, ja gerne mehr feedback und austausch!

  4. Cornelia Mohrig sagt:

    das Manifest  ist in Washington D.C. mit  spontaner Rückmeldung per Mail gelandet. Dort gibt es die 99%ler, die  ebenso aktiv sind im Sinne der Spanier …  ein   weiterer hoffnungsvoller Erfolg für die  heutige newslichter   Botschaft ..

  5. Zweiradpaul sagt:

    Dieses Manifest könnte als Basis für solidarische Verbrüderung, Mit- und Zusammenarbeit aller und Hilfestellung für alle notleidenden Völker Europas genommen werden. Seien wir solidarisch mit den unverschuldet leidenden griechischen, spanischen und allen anderen Menschen der Union, denn es könnte schneller geschehen als wir es erwarten, dass es uns genauso ergeht, dass wir genauso leiden unter Rezession und finanziellen Not, spätestens dann, wenn Deutschland zahlungsunfähig würde! – Verbrüdern wir uns gegen Spekulation, verbrecherische Bereicherung, gegen Finanzhaie wie Goldman-Sachs! Zeigen wir den „Mächtigen“, dass unsere Ohnmacht da endet, wo wir beschließen, uns nicht länger auf den Kopf scheißen zu lassen!

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