Als im Biologieuntericht das Auge einer Kuh seziert werden sollte, habe ich gestreikt. Zu nah war mir der Blickkontakt mit Kühen zu Herzen gegangen. Und noch heute liebe ich sie auch als Symbol der Mütterlichkeit schlechthin. Die Fotografin Ursula Böhmer hat zwischen 1998 und 2011 in 25 europäischen Ländern Rinder porträtiert. Dabei wollte sie die Tiere nicht katalogisieren: Sie stellt die Kühe vielmehr als Subjekte in einem kommunikativen Prozess dar, in dem der Blickaustausch zwischen Tier und Mensch zur Hauptsache wird.
Schon in vorgeschichtlichen Höhlenmalereien und asiatischen Religionen spielten Rinder eine wichtige Rolle. So verweist auch die unserer abendländischen Kultur zugrunde liegende griechische Mythologie immer wieder auf diese symbolträchtigen Tiere. Ursula Böhmer hat die starken, aber auch sanftmütigen Tiere porträtiert und verschiedene, größtenteils vom Aussterben bedrohte Rassen dort fotografiert, wo sie herstammen und die jeweiligen klimatischen Verhältnisse ihre Physiognomie geprägt haben.
Der Bildband All Ladies: Kühe in Europa
zeigt mit über 70 Schwarzweiß-Fotografien und einem Glossar zu Herkunft und Besonderheiten der 50 porträtierten Rassen die Vielfalt der Agrarkulturen und erinnert zugleich an eine gemeinsame Kulturgeschichte Europas.
Die aus Aachen stammende Fotokünstlerin Ursula Böhmer (*1965) lebt und arbeitet seit 1996 in Berlin und hat ihr Projekt bereits in zahlreichen Ausstellungen im In- und europäischen Ausland präsentiert.
„Evolene“, 2012 | © Ursula Böhmer/Kehrer Verlag
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