Kreativ Schreiben im Herbst

Die Dichterin Rose Ausländer schreibt:
„Gedichteschreiben ein Handwerk
Die Hand das Werk
 des Schöpfers
Er schreibt
 deine Finger
freut sich 
an ihrem Zusammenspiel
spielt dir seine Freude 
in die Hand.“

Unsere Herbst-Schreibübung widmen wir der Hand, die nicht wir geschaffen haben. Und wir widmen sie dem, was durch unsere Hand entsteht, wenn wir aufgeben, etwas erschaffen zu wollen, und wenn wir stattdessen beobachten, was von selbst entsteht. Da entsteht nichts? Wir müssen doch ein Thema, ein Ziel, eine Absicht haben? Nicht bei dieser Übung.

Die Übung: Du brauchst ein paar Blatt Papier und Stifte. Am besten mehrere Stifte, verschiedene Farben, verschiedene Sorten, die unbedingt nach dem Lustprinzip ausgesucht werden müssen (sonst funktioniert die Übung nicht). Der erste Schritt kann also sein, in einen schönen, großen Schreibwarenladen zu gehen und sich 5-6 (oder mehr) Stifte zu kaufen, ohne einen klaren Plan zu haben. Ohne Plan brauchen wir andere Kategorien zum Aussuchen von Stiften: Welcher Stift zieht mich wie magisch an? Welche Farbe gefällt mir heute besonders? Welche Farbe tut mir gut? Welche Farbe finde ich geheimnisvoll? Dieser Stiftekauf ist schon Teil der Übung.

Dann kommt das Schreiben selbst. Mehrmals eine halbe Stunde wäre zu empfehlen, aber zwanzig Minuten tun es am Anfang auch. Zu Beginn kommt die Entscheidung, wo du dich hinsetzt (und deine Ruhe hast!), ob du einen Kaffee oder einen Tee brauchst, vielleicht etwas Musik (aber kein Radio mit Ansagen und vielen fremden Worten).

Du legst dir das Papier und die Stifte zurecht. Dann nimmst du dir etwas Zeit, um deine Hände zu betrachten. Du hast sie nicht gemacht, sie sind das Werk einer schöpferischen Kraft, die Menschen, Bäume, bunte Stifte, Autos, Kühlschränke, U-Boote, Eisberge, Sonnenflecken, fallende Blätter und Kaffeemaschinen erschafft (und alles andere, was existiert). Erlaube ihnen, irgendeinen Stift zu nehmen – ja, auch die linke Hand darf mitmachen! – und ihn über das Papier zu führen. Was möchten sie tun? Kritzeln? Okay. Stricheln? Okay. Das Blatt mit Farbe zumalen? Okay. Wörter oder Sätze schreiben? Okay. Punkte machen? Okay.

Gib den Händen und deiner Intuition – denn sie wird durch dieses Übung angeregt – die Freiheit, mit Papier und Stiften zu spielen wie ein Kind. Ein Blatt Papier, zwei Blätter Papier, drei…
Betrachte diese Übung als Befreiung deiner kreativen Impulse ohne Ziel und Plan, ohne Wenn und Aber. In meinen Schreibkursen nenne ich das: “Den Hahn aufdrehen”. Du wirst sehen, wie entspannend das wirkt!

Und wenn irgendwann Worte, Sätze, Gedichte oder was auch immer auftauchen – prima! Mach weiter! Und wenn keine Wörter auftauchen? Prima! Mach weiter! Du öffnest die Schleusen deiner Kreativität, und das wirkt sich auf ungeahnte Weise auf dein Leben aus.

Zur Person: Website mit weiteren Informationen über Paro Bolam und ihre Projekte hier.
Ihre Bücher: „Kreativität – die Kunst, im Fluss zu sein“, „Einladung zum Glück“
(beide J. Kamphausen Verlag).
Ihr Film: „Kreativität – die Kunst, im Fluss zu sein“

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Ein Kommentar zu “Kreativ Schreiben im Herbst
  1. cornelia mohrig sagt:

    … ein frohstimmender Impuls …. danke…

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