Auf dem Herzensweg

Cover_Herzensweg_Kontur_DRUDas Buch Auf dem Herzensweg liegt gerade neben meinem Bett. Zum Tagesende eine Lebensgeschichte spiritueller Frauen lesen, das macht Mut und lässt mich gut träumen. Zehn Frauen, zehn ganz unterschiedliche Lebenswege. Und doch gibt es einen roten Faden, der sich durch alle Porträts in diesem Buch zieht: Der Wunsch, der Sehnsucht des Herzens zu folgen und einen ganz eigenen, authentischen Weg zu gehen. Da gibt es viele scheinbare Irr- und Umwege, die sich am Ende als Segen rausstellen, wenn Frau sich selbst treu bleibt.

Sabrina Gundert hat Frauen aus verschiedenen spirituellen Richtungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz besucht und erzählt ihre Lebensgeschichten. Mit dabei sind Cambra Skadé, Sylvia Kolk, Andrea Steimer, Schwester Elke Stein, Anna Platsch, Jwala Gamper, Anando Würzburger, Marie-Luise Stiawa, Sandra Franz und Annette Kaiser.

Hier ein Auszug von dem Text über Cambra Skadé – Den Alltag verzaubern
Freitagabend in der Lübecker Altstadt: Ein Seminarraum voller Frauen in einem Hinterhofhaus, lachend, plaudernd, neugierig. Sie alle wollen mehr erfahren über die schamanische Kraft im Alltag. Darüber, wie sie das Magische und Heilige auch zwischen Wäsche, Spüle und Hausputz finden können. Wie sie die Grenzen zwischen Banalem und Heiligem auflösen können. Sie suchen nach Wegen, wie das Heilige auch im Alltag bestehen bleiben kann. Anstatt sich etwa nach einer Schweigewoche oder einem Retreat bereits auf dem Rückweg in das gewohnte, alltägliche Leben zu verflüchtigen.
Cambra Skadé, die den Abend in Lübeck leitet, kennt diese Brüche nur allzu gut: »Als ich im Himalaya in einem Tempel saß und meditiert habe, fühlte ich mich der Erleuchtung unglaublich nah. Ich war erfüllt von innerem Frieden, von Freude und Liebe. Doch schon am Flughafen, spätestens bei der Ankunft Zuhause, bröckelte diese heilige Erfahrung.« Eine grundlegende Frage tat sich damals für die Künstlerin, die im oberbayerischen Hagenheim lebt, auf: Wie kann ich das Heilige in meinen Alltag bringen? Ihn wieder verzaubern? Wie kann ich die Grenzen verwischen zwischen dem Heiligen hier, am Altar, im Seminar, auf dem Meditationsbänkchen, und dem vermeintlich Profanem dort, in der Küche, im Badezimmer, an der Waschmaschine?
Ein Jahr lang hat sich Cambra Skadé intensiv mit diesen Fragen beschäftigt, sich selbst beobachtet und Reflexionen und Erfahrungen in einem Internetblog gesammelt – aus dem das Buch Die schamanische Kraft im Alltag und eine gleichnamige Ausstellung entstanden sind, die 2012 im Frauenmuseum Wiesbaden zu sehen war.
»Ich versuche mich als Alltagsforscherin, auf den Spuren von Schamaninnen, Hausfrauen und anderen merkwürdigen Wesenheiten. Wie bringe ich Zauber in meinen Alltag, wie bleibe ich mit meiner Magie verbunden?
Heilige Clownin trifft Hausfrau. Hinter die Fassaden geschaut und über Schwellen gegangen. Wildnis in der Küche, Magie beim Einkaufen, lustvolles Entdecken schamanischer Heilweisen zwischen Kleiderschrank und Bügeltisch.
Seit ich mich wirklich in den Prozess begeben habe, verändert sich meine Sicht. Alltagsbilder sammeln, Augenblicke noch mal anders betrachten, mein Dorf anders sehen – in seiner Normalität und in der Besonderheit.
Themen aufgreifen, die auf dem Weg liegen.
Sie führen mich tief in meinen Alltag. Ich sitze nicht die meiste Zeit vor dem Altar und meditiere. Die meiste Zeit meines Lebens mache ich all die scheinbar banalen und doch so tiefgreifenden, heiligen Dinge des Lebens. Unverdauliches ausscheiden, mich nähren, Reinigungen aller Art vornehmen, etwas kochen, zusammenfügen oder auseinander nehmen, ordnen, suchen und finden, säen, ernten, Fragen stellen, regenerieren von eben Aufgezähltem. Das ist doch zutiefst schamanisches Wirken. Oder bäuerliches, alltägliches, deines und meines. Die Trennlinien sind das Problem. Wenn die Erleuchtung nur im Land der TaigaschamanInnen oder in Himalayahöhen naht und es vor der Haustür Illusion scheint, dann wird es Zeit, meinen Lebenskrempel samt Konzepten auf den Prüfstand zu legen. Und die Glückseligkeit vielleicht doch zwischen Küchenschrank und Abfalleimer zu suchen. Das ist auch nicht so weit wie der Himalaya.«

Cambra Skadés Antwort auf die Frage, wie die Kluft zwischen Heiligem und Alltäglichem aufgehoben werden kann, lautet: Alte Grenzen verwischen, neue Verbindungen schaffen, Schwellen überschreiten und Dinge miteinander verweben. Sie selbst ist eine Frau, die Brücken schafft. Eine Mittlerin zwischen den Welten, eine, die sich nicht mit der Trennlinie zwischen Altar und Herd zufrieden gibt. So hat sie ihr Ritualwerkzeug in die Küche gebracht und Kochlöffel ebenso schön mit Federn, Bändern und anderem Schmuck verziert wie heilige Trommelschlägel. Die Wäsche wäscht sie in ihrem besten Gewand und den Staubsauger nutzt sie als kraftvolles Reinigungswesen, als Abfalleimer für emotionale Geschichten und längst Überflüssiges.

Sabrina Gundert

Sabrina Gundert

Zur Person: Sabrina Gundert liebt das Schreiben und die Natur. Als freie Journalistin und Geographin ist sie am liebsten mit Stift und Block im Wald, in der Stadt und auf dem Land unterwegs. Sie schreibt für verschiedene Magazine und gibt ihre Leidenschaft und Freude am Schreiben und am Gehen des eigenen Lebenswegs in kreativen Schreibwerkstätten und verschiedenen Seminaren weiter. Hier geht es zu ihrer Website Handgeschrieben mit allen Terminen.

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