Die mit dem Pferd tanzt

Elke Wedig beim „Horse Dancing“, mit Baron Foto: Ulrike Dietmann

Elke Wedig beim „Horse Dancing“, mit Baron Foto: Ulrike Dietmann

Von Ulrike Dittmann. Mit Pferden muss man tanzen! Mit Pferden müssen wir nicht Trainer, nicht Dresseure, nicht Heiler, nicht Sportler sein, sondern wir müssen den Künstler in uns zum Leben erwecken. Pferde und auch die anderen Tiere, die ganze Natur ist eine Künstlerin. Die Fähigkeiten, die wir brauchen um die Natur in uns und um uns zu finden sind jene, die der Künstler in uns leben will: rein sein, da sein, verrückt sein, eigen sein, ganz sein.
Nicht kämpfen, sondern tanzen. Nicht umwerfen, wegwerfen, unterwerfen, sondern spielen.
Nicht heilen, sondern teilen. Nicht ausbilden, sondern zelebrieren und meditieren.

Langweilst du dein Pferd?

Auf keinen Fall dürfen wir uns selbst und die anderen Tiere und Menschen langweilen mit unseren schön ausgedachten Plänen. Unsere Körper und die Körper unserer Pferde werden hart und unbeweglich, wenn wir immer die gleichen Bewegungen machen. Unsere Gefühle verlieren ihre ganze Kraft, wenn wir immer dieselbe Traurigkeit, Wut oder Euphorie verbrezeln. Unsere Pferde werden sauer, wenn wir immer mit demselben Gesicht antanzen. Lieber richtig tanzen, nicht den vorgefertigten Samba, sondern den Tanz des Lebens, der in jedem Moment frisch ist und erstaunlich.
Uff, sagst du, ich kann nicht immer kreativ sein. Da werde ich ja jetzt schon müde.

Ja, denkst du denn nie an dein Sofa, das sich all deine Beschwerden, Klagen, Sorgen und stets gleichen Sprüche anhören und anfühlen muss?

Nein, du hast Besseres zu bieten. Vergiss, was man die eingeredet hat, dass du stets den gleichen Trott im Kreis laufen musst. Ja, vielleicht musst du trotten, ja, vielleicht muss dein Pferd im Kreis laufen, weil auf dem Hof ein Round Pen steht. So ein Kreis ist eine faszinierende Sache: ein Symbol des Universums, des Göttlichen, des Vollendeten. Das könntest du erforschen mit deinem Pferd, das hoch erfreu sein wird. Weißt du nicht, wie das gehen soll? Zu abgehoben?

Es gibt mehr als Milliarde Möglichkeiten, ein Pferd zu bewegen

Es gibt eine Million Möglichkeiten sich in einem Kreis zu bewegen. Angefangen mit den drei Gangarten Schritt, Trab, Galopp. Die kann man in der Reihenfolge variieren, im Tempo, in der Dauer, in der Richtung. Man kann traben und dabei das linke Hinterbein des Pferdes zum Springbrunnen machen. Traben aus dem Herzchakra heraus. Traben, nachdem ich eine Gehaltserhöhung bekommen haben, Schritt, wenn ich neu verliebt bin, Galopp zum Geburtstag. ( 1 Million Möglichkeiten) Schritt, Trab, Galopp zu Musik ( 1 Milliarde Möglichkeiten). Man kann bei jeder Session Freilongieren eine neue Trainingstechnik erfinden und auf Facebook oder you tube verbreiten.

Ich höre dich schon wieder seufzen.

So viel Arbeit. Nicht Arbeit, Spiel. Wir reden doch vom Künstler in uns. Künstler arbeiten nicht, sonst käme ja nie etwas Originelles heraus. Hat man die Natur schon einmal arbeiten sehen? Tiere werden nur depressiv, wenn sie von Menschen geknechtet werden. Eine Kiefer in 3000 Meter Höhe gräbt sich durch nacktes Gestein hindurch. Sie arbeitet nicht, sie wächst, sie schlägt aus, sie fährt drauf ab, dass der Wind sie fast zum Knicken bringt. Sie überlebt, ein tolles Gefühl!

Höre sofort auf zu arbeiten!, sagt dein Pferd, wenn du ihm zuhörst. Spiele mit mir. Dann vollbringe ich Dinge, die du dir nicht einmal erträumt hast. Ich frage dich: Hast du heute deinem Pferd etwas Originelles, nie Dagewesenes zu bieten. Und wenn nicht, was willst du dann von ihm? Es bewegen, weil es bewegt werden muss? Es trainieren, weil es Muskeln aufbauen muss? Es ausbilden, weil es brillieren soll? Alles gebongt, aber wie machst du das? Öde oder crazy? Ist dein Pferd voll dabei? Und wie geht es dir?

Unser Planet ist ein Planet der Künstler.

Dieser Tatsache müssen wir uns endlich mal wieder stellen. Unsere Vorfahren haben das Millionen Jahre lang gelebt, aber wir vergessen das. Mensch, wir müssen uns erinnern. Sonst wird es finster für uns und für unseren Planeten und für unsere Pferde, die ja auf uns angewiesen sind in ihren Boxen und auf ihren Koppeln. Unsere Pferde haben es nicht vergessen. Wir können uns von ihnen daran erinnern lassen, von unseren Picassos, Dalis und Beatles.

big_27124478_0_160-148Hintergrund: Beim Workshop „Horse Dancing“ letzten November haben ich und Elke Wedig und die 9 Teilnehmerinnen etwas Eindrückliches erlebt. Juno Heistermann ist eine ganzheitlich ausgebildete Tänzerin. Wenn sie sich bewegt, sind Körper, Seele, Geist, Gefühl im Flow, ihre Bewegungen entstehen aus dem reinen Augenblick. Genau das faszinierte Friesenwallach Baron so sehr, dass er sich in einen Tänzer verwandelte, wie wir ihn noch selten gesehen haben. An seinen war wie an Junos Bewegungen nichts mehr vorhersehbar, nichts folgte einem Muster, sein Körper überwand die Schwerkraft und wurde Geist. Seine Bewegungen wurden leicht und wendig, seine Reaktionen auf die Tänzerin hauchfein. Solche Momente hatten wir viele in diesen fünf Tagen, auch mit den Eseln Paco und Pedro, die durch den Round Pen schwebten. Mit Juno war es so eindrücklich, weil sie uns zeigen konnte, dass der Mensch der entscheidende Faktor ist. Juno hatte weniger Erfahrung mit Pferden als mit Tanz. Sie machte uns allen deutlich, dass Pferde Künstler sind, die mit dem Künstler in uns spielen wollen. Deshalb habe ich Juno Svenja Heistermann eingeladen in meinem Workshop „Horse Dancing“ vom 26.- 30. März uns die Grundlagen des ganzheitlichen Tanzens zu lehren. Dieses wahre Tanzen mit Pferden ist schon lange mein Wunsch und meine Vision. Hier alle Infos.

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2 Kommentare zu “Die mit dem Pferd tanzt
  1. womanessence sagt:

    Ein wunderbarer Beitrag. Neue Horizonte öffnen sich. Zusammenhänge werden klar. Und überholte, fehlgeleitete innere Haltungen und Handlungsweisen sind erkannt. Tiefen Dank von einer Ahnungslosen, was Pferde betrifft. <3

  2. Karin Hunkel sagt:

    Das ganze Leben ist ein Tanz. Wir alle sind Tänzer. Manche von uns sitzen an der Seite der Tanzfläche und warten, bis sie aufgefordert werden. Nichts da! Aufstehen und tanzen, Ja, teilen statt leiden. Wunderbarer Artikel.

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