Wie viele Männer kann ein Mann sein?

lustvollmannseinVon Tom Müller. Das Buch „Lustvoll Mann sein“ von Saleem Matthias Riek und Rainer Salm kündigt im Untertitel „Expeditionen ins Reich männlicher Sexualität“ an und offenbart auf subtile Weise seine Andersartigkeit. Es sind Reisen, die man gemeinsam mit den Autoren unternimmt – fünfzehn bisher vielleicht unbekannte Regionen werden erkundet. Das unterschiedet diesen Reiseführer von Ratgebern, die behaupten den allein selig machenden Weg gefunden zu haben.

„Nicht Patentrezepte, sondern Reiseberichte“ verspricht das Inhaltsverzeichnis. In den ersten Kapiteln ernüchtert es die Vorannahmen der Leserinnen und Leser: „Bei diesem Buch handelt es sich nicht um einen Ratgeber, wie Sie ein besserer Liebhaber werden. Dies ist auch kein Buch über den neuen Mann. Unsere Gesprächspartner sind keine Helden, keine Krieger und keine Casanovas, auch wenn sie dies manchmal vielleicht gern wären. Sie sind einfach Männer, vielleicht sogar ganz normale Männer, die sich irgendwann in ihrem Leben über althergebrachte Grenzen männlicher Sexualität hinausgewagt haben, dabei verschiedene Wege einschlugen und manchmal ähnliche, manchmal auch sehr unterschiedliche Erfahrungen machten.“

Das Buch nähert sich völlig unterschiedlichen Terrains des Mannseins in Interviewform. Fünfzehn Reiseführer oder Scouts werden befragt. Dabei handelt es sich um mehr als geradlinige Lebensläufe und simple Wegbeschreibungen. In den Dialogen wird es ziemlich konkret – durch Nachfragen: „Wart ihr in deinem Beispiel die ganze Zeit ineinander oder hast du das Eindringen herausgezögert, um möglichst lange auf dem Grat [Anm.: des Orgasmus] zu bleiben?“ Der angesprochene Urs gibt bereitwillig Auskunft: „Nein, wir waren ineinander, das ist ja gerade der Trick! Ich kann sagen, stopp mal, halt, sofort still. Und dann muss es auch sofort still sein, weil es mit einer kleinen Bewegung schon kippen kann.“

Doch dieser Reiseführer ist kein Handbuch für Sextouristen oder Erotechnokraten. Die Gespräche zeichnen unterschiedliche Bilder von Männern und ihrer Sexualität – entführen in vielleicht unentdeckte Welten.

Wie zum Beispiel das Gespräch mit Christian, der seine erste Erfahrung körperlicher Nähe mit einem Mann erlebte, ohne vielleicht je schwul gewesen zu sein: „Viele Jahre haben wir zusammengelebt. Von außen sah das wahrscheinlich so aus, als ob wir ein schwules Pärchen wären. Wir sind auch zusammen in die Ferien gefahren. Rückblickend betrachtet war ich in einem Kloster. Ich habe überhaupt nicht mitgekriegt, was sonst so in der Welt lief.“ Über die andere Seite seines sexuellen Lebens resümiert er: „Sexualität mit Frauen war nach wie vor vollkommen unerreichbar. Ich hatte schon Sehnsucht, Lust, Neugier, im Kopf war ich enorm sexuell. Ich war total sexualisiert. Weil ich es nicht ausgelebt habe, war Sex ständig in meinem Kopf. Ich sah keine andere Möglichkeit, als Prostituierte – oder Liebesarbeiterinnen, wie ich das korrekt ausdrücken sollte – zu besuchen.“

Das Autorenduo Riek und Salm bietet Ausflüge in wenig bekannte Regionen, lässt dort Einheimische zu Wort kommen. In den fünfzehn Gesprächen lassen Männer im wahren und übertragenen Sinne die Hosen herunter – wie zum Beispiel Boris: „Ich brauche nicht nur die heilige Form der Liebe, sondern auch das Animalische‹. Oder Gerhard: ›Männer sind das übergriffige Geschlecht, das sitzt tief“. Oder Karl: „Ich glaube nicht, dass ich Fantasien habe, die ich noch nicht ausgelebt habe‹. Sowie Jens: ›Psychedelika können eine Leuchtturmfunktion haben‹. Und Walter: „Wenn es ein Ziel gibt, dann kannst du fast sicher sein, dass es schief läuft“.

Dieses Buch ist ein Buch für diejenigen, die mehr darüber wissen wollen, was in männlicher Sexualität alles los sein kann. Eines wird überdeutlich: Normalität ist Statistik. Statistik ist jedoch kein Wegweiser auf dem Weg zum Glücklichsein mit sich selbst als Mann und in einer Beziehung.
Ich genieße lebendige Bücher wie dieses – schaue durch sie in ein Kaleidoskop unterschiedlicher Perspektiven und Erfahrungen. Sie sind für mich gleichermaßen bereichernd wie berührend. Ich erfahre einmal mehr, dass ich nicht weiter irgendwelchen Idealen des Mannseins nachzujagen brauche. Ich darf und kann alle Facetten meiner Männlichkeit in mir entdecken – sehr gerne auch mit meiner Partnerin.

Danke Saleem Matthias Riek und Rainer Salm. Ich werde dieses Buch mitnehmen in meine Männergruppe, meinen Freundinnen und Freunden empfehlen – in meine Arbeit als Business-Coach integrieren.

Web-Seite zum Buch: http://www.lustvoll-mannsein.de/
Verlag: http://verlag.weltinnenraum.de/
Schule des Seins, Saleem Matthias Riek: http://www.art-of-being.de/

Tom Müller

Tom Müller

Zum Autor:  Das ganze Potenzial einer Gruppe zu aktivieren, das ist die Spezialität von Tom Müller. Er begleitet Unternehmen, Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen bei den Herausforderungen im Wandel, der Entwicklung von Innovationen, um Chancen und Potenzial zu entwickeln. Dabei werden Ergebnisse schneller und leichter erreicht. Mehr Infos bei www.gruppeninteligenz.de

Sharing is Caring 🧡
Posted in Impulse Verwendete Schlagwörter: ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Dein Kommentar wird nach der Prüfung freigeschaltet. Bitte beachte, Einschätzungen und Meinungen in Ich-Form zu formulieren und die AutorInnen zu wertschätzen. Nicht identifizierbare Namen (Nicknames), Kommentare ohne erkennbaren Bezug auf den Inhalt des Artikels und Links zu nicht eindeutig verifizierbaren Seiten bzw. zur Eigenwerbung werden grundsätzlich nicht freigeschaltet.