Kleine Drachenkunde: Der Ergebnissdrache

Foto: Paro Bolam

Foto: Paro Bolam

Immer, wenn ich male, gibt es ein Ergebnis: Das fertige Bild.
Immer, wenn ich schreibe, gibt es ein Ergebnis: Den fertigen Text.
Immer, wenn ich atme, gibt es ein Ergebnis: Dass ich weiterlebe.

Ergebnisse sind das unvermeidliche Resultat einer jeden Tätigkeit.

Wozu also jetzt ein Ergebnisdrache? Wenn Ergebnisse so selbstverständlich sind, wo liegt dann das Problem?
Ich fülle den Pinsel mit der Farbe, die gerade dran ist.

Der Pinsel berührt die Stelle auf dem Bild, die nach dieser Farbe gerufen hat.

Achtsam übe ich einen leichten Druck aus. Ein Punkt entsteht. Ein roter Punkt, der das gesamte Bild verändert und auf seine kleine, fast unscheinbare Art eine große Aussage machen kann.

Ich atme. Ich spüre die Farbe, ich erlebe den Punkt, ich empfinde seine Aussage – alles ohne Worte, alles in einer magischen Gegenwart.

Und plötzlich ist da eine Stimme, die sagt: „Du weißt ja, dass du dieses Mal nicht soviel Kleinkram auf das Bild machen wolltest. Das soll dieses Mal ein klares, locker gegliedertes Bild werden. Etwas ansprechender, freier. Ich würde sagen, du hörst mal mit diesen kleinen Punkten auf und malst endlich die große braune Fläche, die das Ganze zusammenbringt. Sonst kannst du das Bild besser wegschmeißen und neu anfangen.”

Das ist, wie wenn man Sex hat und gerade völlig in der Begegnung aufgeht – und da sagt der Mann (oder die Frau): „Du, stopp, hör mal! Hör mal! Hörst du mich? Vergiss nicht, wir wollten doch ein Kind machen. Du weißt ja, wenn das ein schönes Kind werden soll, müssen wir es uns jetzt vorstellen! Du musst jetzt mal tief atmen und das Kind vor dir sehen und bewusst darauf hinarbeiten.“
Wie würdest du dich da fühlen?

So wirkt der Ergebnisdrache!

Hintergrund: Um zu erklären, wie Blockaden beim Malen entstehen und wie man sie lösen kann, nutzt meine Lehrerin Michele Cassou gerne das Bild von den drei Drachen: Der Bedeutungsdrache, der Kontrolldrache und der Ergebnisdrache. Jeder dieser Drachen steht für eine Möglichkeit, wie wir uns selbst beim Malen behindern, unter Druck setzen, verirren, und dadurch aus dem Fluss kommen.

ParorechtswMehr über Paro: In ihrem aktuellen Buch „Love to create – Befreie den Künstler in dir!“ lässt Paro, die selbst jahrzehntelang als Künstlerin, Lehrerin und Erforscherin kreativer Prozesse tätig ist, die Leser an ihren eigenen hinzugewonnenen Erkenntnissen und Erfahrungen teilhaben und ergänzt diese durch Berichte ihrer KursteilnehmerInnen. So vermittelt sie nicht nur ein tieferes Verständnis von kreativen Prozessen, sondern erklärt auch die Entstehung und Überwindung von künstlerischen Blockaden. Die Prinzipien kreativer Prozesse sind immer gleich, aber wie sie erlebt und genutzt werden können, ist zutiefst individuell. Mehr über aktuelle Workshops mit Paro hier.

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