Film: Atlantic


Der junge Fischer Fettah hat unter den europäischen Touristen, die jedes Jahr zum Windsurfen in sein kleines Dorf an der marokkanischen Atlantikküste kommen, viele Freunde gefunden. Auch er ist ein fantastischer Wellenreiter. Doch jedes Mal, wenn seine Freunde wieder zurück in ihre Heimat ziehen, hinterlassen sie eine unerträgliche Leere, die Fettah von einem Leben weit weg von Zuhause träumen lässt.
In einem Sommer verliebt sich der sensible Fettah in Alexandra, die Freundin eines holländischen Surffreunds. Obwohl sie unerreichbar für ihn scheint, bricht etwas in ihm zusammen, als Alexandra abreist. Sein wunderschönes Fischerdorf wird ihm unerträglich eng. Der Verlust gibt Fettah die Kraft, sich loszureißen. Er packt seinen Rucksack, nimmt sein Surfbrett und begibt sich auf eine epische Reise entlang der Atlantikküste in Richtung Europa. Als ihn der Wind nach Norden trägt, vorbei an Casablanca und raus aufs wilde und erbarmungslose, offene Meer, realisiert Fettah, dass es kein Glück gibt, das keine Opfer verlangt.

Foto: Atlantc der Film

Foto: Atlantc der Film

Kommentar von Regisseur Jan-Willem van Ewijk:

Im Frühling 2012 war ich zum ersten Mal in Marokko und sofort fasziniert von der Schönheit des Landes. Auf der Suche nach geeigneten Stellen zum Windsurfen fand ich mich im kleinen Fischerdorf Moulay Bouzerktoun wieder. Eine Gruppe Kinder und junger Männer war immer an unserer Seite. Manche von ihnen konnten unglaublich gut Windsurfen und sie teilten sich dabei das alte, beschädigte Equipment, das die Touristen zurückgelassen hatten.

Jahre später war ich wieder in Marokko und habe mich mit einigen der einheimischen Windsurfer angefreundet. Je besser ich sie kennenlernte, desto klarer konnte ich verstehen, wie verwirrend ihre Lebensumstände waren. Auf der einen Seite lebten sie in diesem wunderschönen Surfer-Paradies, auf der anderen Seite am Rande der Armut, doch gleichzeitig immer mit Blick auf unseren Reichtum und unsere Freiheiten. Sie waren auch die besseren Surfer, konnten sich aber kein teures Equipment leisten. Sie waren mit europäischen Frauen befreundet, die Bikinis am Strand trugen, aber zu arm, um die Frauen aus ihrem Dorf zu heiraten. Die westliche Kultur ist in jeden Winkel ihres Lebens vorgedrungen, doch konnten sie nie wirklich ein Teil davon sein. Sie sahen uns zu, wie wir kamen und gingen, aber für sie selbst waren die Grenzen geschlossen.

Während dieses Aufenthalts hatte ich zum ersten Mal die Idee, einen Film über die marokkanischen Windsurfer zu machen. Ich malte mir aus, was wohl passieren würde, wenn einer von ihnen nach Europa surfen würde. Zusammen mit meinen Freunden aus dem Dorf arbeitete ich an einer Geschichte, die ich dann später zu einem Drehbuch weiterentwickelte, auch mit Unterstützung des Robert Redford Sundance Lab und des Binger Filmlab. Ich wusste, dass ich gerne Menschen aus dem Dorf als Hauptdarsteller einsetzen wollte und hatte unheimliches Glück, dass die Person, die mir als Vorbild des Hauptcharakters diente, Fettah Lamara, auch ein starkes Schauspieltalent hat.

Zusammen mit einer internationalen Crew von Marokkanern, Holländern, Belgiern und Deutschen begab ich mich auf die epische Reise, den Film zu drehen. Ich wollte, dass sich alles so real wie möglich anfühlte, also begleiteten wir Fettah drei Wochen lang auf seinem Windsurfbrett durch die gigantischen Wellen des Atlantiks. Es war ein grausiges Abenteuer, das jeden Einzelnen an seine Grenzen brachte. Aber es war gleichzeitig auch eine unglaublich tiefe und lohnende spirituelle Erfahrung, die zu einem ganz besonderen Film geführt hat.

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