Mutterschaft

Foto: Evelin Rosenfeld

Foto: Evelin Rosenfeld

MUTTERSCHAFT Ich habe entschieden, mein Herz zu verschenken Es war das Feedback einer Auszeitteilnehmerin, das mit dem Lob für Seminar und Seelenarbeit die Nachricht enthielt, dass eine weitere meiner Schülerinnen (die fünfte binnen 2 Jahren) Mutter wird.
Diese Freudennachricht liess mich ein wenig „sinnieren“ zum Thema „Mutterschaft“. Meine eigenen Empfindungen gegenüber den Menschen, die ich zu ihrem Wesenskern und Seelenanliegen begleitet habe, haben viel mit diesem Begriff, dieser Energie und Handlung zu tun. Und so ist es das Thema dieses Newsletters: Mutterschaft.
Hiermit spreche ich nicht nur die Frauen an und auch nicht nur die, die Babys in die Welt bringen.
Ich nehme das Thema „Mutterschaft“ auf als die Entscheidung, sein Herz zu verschenken und aus tiefster Seele dem Leben dienen zu wollen.
Sehr wenige biologische Eltern treffen diese Entscheidung bewusst.
Immer mehr Menschen finden jedoch auch ohne Schwangerschaft den Weg zu diesem Schritt.
Ein Schritt, der alles verändert.
Lebenslänglich.

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Ich möchte diesem Beitrag vorausschicken, dass ich selbst keine Kinder geboren und erzogen habe. So ist mein Blick auf das Thema „Mutterschaft“ von anderer Qualität als das einer Frau, die in jungen Jahren „zu einem Kind kommt“ und über die Dauer vieler Jahre ihres eigenen Werdens Sorge dafür trägt, dass ihr leibliches Kind gesund aufwächst.
Und doch bin ich Mutter.
Und diese Perspektive, aus der heraus ich dieses Thema heute aufnehme, ist das einer reifen Frau, die die Führung und seelische Beherbergung vieler Menschen auf der Suche nach ihrem Weg übernommen hat, einer Frau, die die eigene Seele für das Wachsen anderer Seelen bereitgestellt hat und absichtsvoll ein Band geknüpft hat, das über Zeit und Raum hinweg ein Versprechen darstellt. Das Versprechen, mit Leib und Seele für die Entwicklung des anderen bereit zu stehen – weit über Verträge und Arbeitszeiträume hinaus.
 
Bei dem Begriff „Mutterschaft“ erscheint sofort das Bild der großen Demeter, Mutter Erde… der große Zauber von Werden und Vergehen; genährt werden, herausgefordert werden, getötet werden… auf beständigem Grund. Bindung und Freiheit zugleich. Die Erde ist einfach da, schön, hässlich, ertragreich, karg, unbezwingbar, bezwingbar, bergend, abstossend, bedrohlich …
Der Ort, an dem sich mein Menschsein entfaltet, selbst im Nicht-Handeln, ohne Wertung. Mutter Erde erzieht nicht im eigentlichen Sinne, sondern ist und konfrontiert mich mit ihrem so Sein, es ist die Waagschale, an der ich mein Handeln ausrichten kann bis hin zur „Schöpferkraft“. Sie ist unendliche Geduld und Akzeptanz. Sie zu schauen, heißt durch sie ihre Kinder zu schauen und somit sich selbst.
Von dieser Dimension will ich hier sprechen: Von der bewussten und spirituell verankerten Mutterschaft.

In der zweiten Hälfte des Prozesses „Was Dir wirklich wichtig ist“ geht es darum, sich selbst zu verschenken. Diese Ausrichtung basiert auf der Erkenntnis, dass Erfüllung und Zufriedenheit weniger daraus resultieren, dass wir selbst etwas empfangen, erreichen oder HABEN. Vielmehr stellt sich im menschlichen Herz dieser tiefe Frieden, das sichere Gefühl von Verbundenheit, Fülle und Sinn dann ein, wenn wir etwas geben DÜRFEN. Und zwar etwas, dass nicht dem Mangel unseres Gegenübers entspringt und somit einfach eine Anpassung an dessen Forderungen und Erwartungen ist. Nein – Fülle und Frieden stellen sich dann ein, wenn wir uns schutzlos zeigen und uns selbst vorbehaltlos geben, was wir sind, für die Entwicklung des anderen – und mit unserer spezifischen Qualität willkommen sind, gebraucht werden und „genommen“ werden.
Wenn das, genau das, was wir sind, sobald alle Dekoration und Interpretation abgelegt ist, ist, was unser Gegenüber braucht und (an)nimmt.

Um an diesen Punkt zu gelangen, müssen wir zwei Fragen beantworten können:
1. Wer bist Du, wenn alle Dekoration (Rollen, Funktionen, Erfolge..) und Interpretation abgelegt sind ? Was macht Dich in deinem Wesen aus ?
2. Bist Du bereit, Dich als solches ganz zu geben ? Dich vollständig zur Verfügung zu stellen, zu zeigen, greifen zu lassen „zuständig“ zu sein für das Wohl und Wachsen eines anderen Menschen/Wesens ?

Wer eine eindeutige Aussage zur ersten Frage erwidern kann und bei der zweiten Frage mit einem bedingungslosen „ja“ antwortet, entscheidet sich für Mutterschaft.

Ohne Shakti – ohne die chaotische, ungerichtete, urweibliche Lebenskraft kann dieser Akt bedingungsloser Hingabe nicht vollzogen werden. Denn jedes Hingeben, jedes Bereitstellen der GANZEN Seele ist ein JA in die Unendlichkeit – vollständig offen, ob das Geschenk genommen wird, ob die Kraft ausreicht, bis zum Ergebnis, zur Manifestation zu gelangen, dessen Zeitpunkt und Gestalt völlig ungewiss ist.
Keine Angst, zu verlieren oder zu scheitern: Allein die Liebe zum Gegenüber, der Blick auf die Schönheit des Werdenden sind hier bestimmend.
Mutterschaft – ein „ja“ zum Leben, zum Leben des Gegenübers, ein „ja“ zur eigenen Kraft, die gegeben wird um das Gegenüber in Liebe zu tauchen. Aus eigener Quelle.

Wie viele schwangere Paare sind sich dieser Dimension bewusst ?
Wie viele Mütter und Väter sind da mit GANZER Seele ?
Wie viele Kinder sehen diesen gewaltigen Sprung, der Mutterschaft bedeutet ? Bewusst oder unbewusst ?

Im Unterschied zur „Vaterschaft“ – die lenkt, Rahmen und Halt gibt – ist die Qualität der „Mutterschaft“ das Hin-Geben: Ich werde selbst zum Gefäß für das Wachstum des anderen. Um diese Mutterschaft, um diesen „Sprung“ in die bedingungslose Hingabe geht es auch in wahrhaften Partnerschaften: Dieses uneingeschränkte „ja“ zum Geliebten, die Bereitschaft, alle Schattentäler und Ängste, alle Prüfungen und Katastrophen mit-zu-erleben, an der Seite zu bleiben, unverrückbar zu stehen und zu geben, was ich bin – das ist, wonach wir alle uns sehnen. Das ist, was die meisten fordern und doch nicht hinzugeben wagen, misstrauisch und ängstlich die eigene Freiheit in der Hinterhand haltend. Mutterschaft hält nichts zurück. Mutterschaft sieht das werdende Wesen und gibt sich ganz für dieses Leben. Und eben vergleichbar mit diesem Akt des vollkommenen Commitments, der vorbehaltlosen Hingabe, ist auch das Wesen der spirituellen Lehrer-Schüler-Beziehungen.
In dem Moment, in dem zwei Menschen diese Rollen annehmen – der Schüler in der vollkommenen Öffnung und Hingabe an den Lehrer – der Lehrer in der vollkommenen Offenbarung und Hingabe an den Schüler – wird Mutterschaft geboren, denn einer ist bereit dem anderen alles zu geben, was er ist, hat und glaubt, ist bereit, für und mit dem anderen den gleichen Weg noch einmal zu gehen, um ihn an die Quellen zu führen, die er/sie für sich bereits gefunden hat.

Ich kann schwer beschreiben – und weiß wohl, dass ich mich für die akademischen Weißkittelpsychologen angreifbar mache mit dieser Erklärung – wie innig ich mich mit den Menschen verbunden fühle, die sich auf den Wdww-Prozess oder auf die Arbeit mit mir einlassen. Die Einsicht in die vertrauensvoll offenbarte Menschenseele, ihre Fragen, Nöte und Sehnsüchte hat eine unausweichliche Magie an sich. Denn die nackte Seele begegnet sich selbst, setzt alle Unterscheidung, alle egozentrische Abgrenzung und Befremdung außer Kraft und erlaubt die Erfahrung der elementaren Verbundenheit.

Foto: Evelin Rosenfeld

Foto: Evelin Rosenfeld


So geht es Müttern und Vätern, die im Zauber der Zartheit ihres Säuglings gebannt sind.
So geht es Geliebten, die sich in ihrer Nacktheit und Bedürftigkeit umschmiegen.
Und so geht es eben auch Lehrern, denen die Seele eines Gegenübers sich offenbart in der Sehnsucht nach Frieden, nach Wahrheit und nach bedingungsloser Liebe.
Doch was ist Shakti ohne Shiva ? Was bewirkt das Chaos frei fließender Lebensenergie ohne die ordnende, richtende, urmännliche Kraft der klaren Intention ?
Das klare Bewusstsein darüber, was zu geben, was zu verschenken ist, welche Farbe, welchen Klang, welche Richtung die gegebene Liebe hat, ist Voraussetzung einer gereiften Mutterschaft.
Die reine Hingabe unterscheidet nicht zwischen Mutter und Kind, Mann und Frau, Lehrer und Schüler.

Die ordnende Kraft des Shiva, die eindeutige Antwort auf Frage 1 oben: „Wer bist Du, wenn alle Dekoration und Interpretation abgelegt sind ? Was macht Dich in deinem Wesen aus ?“ gibt der wechselseitigen Hingabe eine Richtung: Es gibt eine/n, der Gefäß ist und eine/n, der wächst, es gibt eine Intention, eine Mission, einen Klang, eine Farbe, die das Gefäß und die Wachstumsbedingungen definieren. Und das ist das Wesen der Mutter.
Diese Eindeutigkeit, Ausrichtung und Rollenverteilung ist Zeichen der Kraft und der Reife der Mutter. Nach dem Gesetz der Resonanz ist auch das Kind – etwas – Gefäß für die weitere Entwicklung der Mutter, ist auch der Schüler – etwas – Spiegel und Variante für den Lehrer. Doch wenn Mutterschaft angenommen ist aus gereifter Hingabe, dann sind dies schwache Interferenzen im starken Feld der Mutter. Die Mutter birgt das Kind. Der Lehrer führt den Schüler. Shiva formt Shakti.

Spirituelles Reifen erfordert die Erfahrung von Mutterschaft – so, wie ich sie hier in Worte zu fassen versuche: Die Bereitschaft, sich selbst ganz zu geben – für das Leben des Gegenübers – sei es das buddhistische Löwenbaby, sei es der Gekreuzigte, sei es der schamanische Sprung in den Rachen des Adlers oder einfach nur bewusste, menschliche Bindung: All diese „Formen“ sind Bilder für die immer gleiche Reifeprüfung, die immer gleiche Hingabe des eigenen Bedürfnisraums an etwas, das größer ist, als persönliche Interessen, Ziele und Wünsche. Die unstillbare Sehnsucht des spirituell gewachsenen Menschen, dass die Welt ein Ort der Liebe sei und die Einsicht darein, dass niemand erlöst sein kann, bevor es nicht alle sind. Die Bereitschaft, sich selbst zu geben für den Weg des anderen in die Liebe.

Und das Wunder, das sich mit diesem Geschenk der Selbstlosigkeit und vollständigen Läuterung erfüllt, ist, daß sich das, was wirklich wichtig ist, immer nur mehrt im Raum des Gebenden.  
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Evelin Rosenfeld

Evelin Rosenfeld

Zur Person: Evelin arbeitete ursprünglich als Konzernstrategin für Mergers und Aquisitions. Dort erkannte sie, dass nicht nur wirtschaftliche sondern auch gesellschaftliche und unzählige persönliche Schäden im Rahmen betriebswirtschaftlicher und politscher Transaktionen entstehen, die ihre Ursache nicht auf organisationaler Ebene sondern auf der individuellen Ebene haben: Die fehlende Transparenz zwischen den Handelnden, die tiefe Frustration Einzelner und die hieraus resultierenden Grabenkämpfe, Bereichsegoismen und Vorteilsnahmen sind Ansatzpunkt für eine fundierte Veränderung unseres sozioökonomischen Systems.
Daher begann sie 2001, schwerpunktmäßig auf Individualebene zu arbeiten und Menschen dazu zu befähigen, authentisch und offen zu agieren, vermeintliche Verhaltenszwänge und Sicherheitsbedürfnisse zu überprüfen und Berufswege zu wählen, in denen Angst und Zwang nicht mehr wirken können. “Systemwandel Mensch für Mensch“ ist ihr Anliegen.
Diese Arbeit führte sie selbst und die über 1000 Menschen, die mittlerweile durch diesen Transformationsprozess gegangen sind, weit über die üblichen Methoden mentaler Ausrichtung und Selbstbehauptung hinaus und schafft eine Brücke zwischen spiritueller Rückverbindung und weltlicher Ausrichtung.
Der Individualprozess ist in dem Buch „Was Dir wirklich wichtig ist“ beschrieben. Diesen bietet sie sowohl in Einzelsitzungen wie auch im Rahmen 2-wöchiger Auszeiten (Kleingruppen von 3 – 7 Personen) nach Thailand, Teneriffa und Thüringen an: seminar-und-reisen.de
In der Businesswelt lieferte sie mit ihrem Managmenthandbuch „Die Strategie der Aufrichtigkeit“ einen Beitrag zu einem neuen Verständnis von Corporate Governance, Nachhaltigkeit und wertebasierten Steuerungsmodellen. Nähere Ausführungen zu ihrem Ansatz, den sie derzeit nur im Rahmen von Beiratsfunktionen und Interimsmanagements für inhabergeführte Unternehmen anbietet, finden sich hier.

     
 

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