Selbstbestimmt leben mit Demenz

Foto ZDF: Dorf des Vergessens

Foto ZDF: Dorf des Vergessens

Im ersten Demenzdorfes in Deutschland leben bis zu 50 Demenzkranke. Hier sind alle Türen unverschlossen, die Bewohner können einander besuchen und im Garten spazieren gehen. Jeder Weg führt auf den runden Dorfplatz, so dass niemand in einer Sackgasse landet. Es gibt ein Haupthaus mit Rezeption, einen Supermarkt, einen Friseur und ein Café. Die vier Wohnhäuser tragen Namen wie „Villa am Reiterhof“ und „Villa am See“.

Die Einrichtung in Tönebön war anfangs nicht unumstritten. Es gab auch Stimmen, die kritisierten, dass ein Zaun die Abgrenzung der Kranken vom Rest der Gesellschaft fördere. Eine ZDF Dokumentation hat jetzt die Bewohner über ein halbes Jahr begleitet. Die persönlichen Geschichten von drei Bewohnern und die ihrer Angehörigen werden erzählt.

Zur Philosophie des Hauses in der Nähe von Hameln gehört, sie nicht andauernd mit dem Verlust ihrer Erinnerung und des Denkvermögens zu konfrontieren, sondern sie zu Selbständigkeit zu motivieren. Hier soll so viel wie möglich an zu Hause erinnern. Die Bewohner stehen auf, wann sie wollen und entscheiden selbst, wie sie den Tag verbringen. Sie kaufen in „Töneböns Minimarkt“ ein und kochen gemeinsam in ihrer Wohngruppe. Die Bedürfnisse der Bewohner haben Vorrang vor dem Zeitplan der Pfleger.

Foto: Tönebön Stiftung

Foto: Tönebon Stiftung

Die Filmemacher Jana Matthes und Andrea Schramm über ihren Film: „Bevor wir zum ersten Mal nach Tönebön kamen, hatten wir vor allem negative Bilder von Pflegeheimen im Kopf: Demenzkranke, die orientierungslos durch enge, krankenhausähnliche Flure irren, Pflegekräfte in weißen Kitteln, denen die Uhr im Nacken sitzt, und die doch nur Zeit für das Nötigste haben. Wir hatten gehört, dass in Tönebön am See alles anders sein soll, doch vorstellen konnten wir es uns nicht richtig. Ist es möglich, dass Menschen mit Demenz ein erfülltes Leben führen können, das trotz aller Tragik, die der Verlust der geistigen Fähigkeiten mit sich bringt, auch glückliche Augenblicke bereithält?

Gleich bei unserem ersten Besuch fallen uns Kleinigkeiten auf: Eine Bewohnerin läuft noch mittags im Morgenrock herum, eine andere malt selbstvergessen mit Kaffee Bilder auf den Frühstückstisch. Ein älterer Herr trägt verschiedenfarbige Socken. Niemand korrigiert oder weist die Menschen zurecht, denn – so klärt uns Qualitätsmanagerin Kerstin Stammel auf, so lange keiner zu Schaden kommt, soll jeder hier tun, was ihm Spaß macht – den Tag und den Moment genießen. Die Bewohner begegnen uns und der Kamera mit einer großen Offenheit, erzählen gern von sich und lassen uns mit in ihre Welt.“

Foto: ZDF

Foto: ZDF

Website Tönebön am See – Lebensraum für Menschen mit Demenz hier.

Jetzt in der ZDF Mediathek „Dorf des Vergessens“ hier.

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4 Kommentare zu “Selbstbestimmt leben mit Demenz
  1. Angelika sagt:

    Diese Idee ist wirklich gut. Es ist sicherlich eine Herausforderung für die Pflegekräfte. Vielleicht sollten wir uns in unserem Alltag auch dann und wann eine Zeit gönnen, in der wir etwas tun, was uns Spaß macht ohne die Uhr im Nacken.

  2. Brigitte Osieka sagt:

    Finde ich eine super Idee , sollte man unbedingt überall machen . Dementkranke brauchen diese Freiräume , alles andere , Druck und Regeln erschwert nur noch ihren Alltag .

  3. Brigitte Osieka sagt:

    Gartenarbeit und Haustiere helfen auch ganz toll .

  4. Britta Kötting sagt:

    Ich bin so froh, dass es Sie gibt. Danke. Ich habe lange in der Altenpflege gearbeitet und die Entwicklung gesehen. Ich hatte das Glück, dass meine Großeltern nicht dement wurden und meine Eltern sind leider nicht alt genug geworden, um dieses erleben zu müssen. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und wir waren immer 3 Generationen. Machen Sie weiter so!!!!!

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