Ich und kein Handy

ichundkeinhandyIch nutze kein Smartphone und das als bewusste Entscheidung. Neben meinen vielen Stunden am Computer als Finderin von guten Nachrichten will ich nicht noch unterwegs ständig online sein. Aber wie ergeht es einem Jungen, der als Schüler in den beiden ersten Gymnasialschuljahren als einziger seiner Klasse ohne Smartphone durchs Leben geht?

Benjamin Neukirch hat seine Erfahrungen in dem Buch „Ich und kein Handy“ aufgeschrieben und es ist ein guter Anstoss, wieder einmal zu überdenken, was die intensive Nutzung dieser Technik eigentlich mit dem Leben macht.

Er schreibt: „Ich will selbst liebend gern ein Handy haben. Und nein: Ich habe keines, weil meine Eltern entschieden haben, dass ich bislang noch keines besitzen und darüber verfügen soll. Also stehe ich in dieser handylosen Erfahrungswelt. Und mache meine ernsten und lustigen, bitteren und süßen, höllischen und himmlischen Erfahrungen….In meiner handylosen Zeit war ich häufig sehr frustriert. Es brauchte intensive Gespräche mit meinen Eltern, die mich unterstützten. Ich begann, eine Art Tagebuch zu schreiben, um die ganzen Ungeheuerlichkeiten zu verarbeiten und festzuhalten.“

Das Buch ist in seine Erfahrungsberichte, Bilder, Zitate, Witze (Am achten Tag schuff Gott das Handy, seitdem hört man nichts mehr von ihm) und Betrachtungen seiner Eltern unterteilt und einfach gut zu lesen.

Seine Erfahrungen mit dem „Vampir“ Handy bei seinen Freunden zeigen,  dass es sich immer wieder zwischen die Menschen und ihren „realen“ Begnungen und Erlebnisse schiebt. Das Leben wird oft nur noch second hand erfahren, Erlebnisse mit Sinnen und Sinnlichkeit werden zurückgedrängt. Wenn sie sich nicht bewusst entscheiden, das Handy auszuschalten und einfach so zu sein. Dazu entfacht das Handy als Statussymbol einen Sog immer das neueste Modell, Spiele-update etc. zu haben. Gier ist hier das Stichwort und eine Unzufriedenheit, die immer weiter genährt wird.

Handy-Frei zu sein, erfährt Benjamin als großen Gewinn, der ihm viel Selbstbewusstsein und einen großen offline Erfahrungsraum schenkte, den er am Ende nicht missen möchte.

Brief von Benjamin an die newslichter

Brief von Benjamin an die newslichter

PS: Und wie ist das Leben mit Handy?
„Wie soll ich es beschreiben? Nun, ich liebe es…..und ich hasse es, denn irgendwie zieht es an mir, will was von mir: meine Aufmerksamkeit, meine Zeit, mein Taschengeld. Manches Spiel ist cool wie ein Abenteuer; und es ist toll, Bilder zu machen und von überall aus mit jemandem sprechen zu können und zu whatsappen: Das liebe ich…..und was ich hasse, ist im Grunde das Gleiche. Das Spiel ist nicht echt, führt nur zum nächsten Level, macht nervös, und dass ständig einer was von mir wollen kann stört mich. Das Tollste ist im Grunde, dass ich weiß, dass ich es gar nicht brauche…..und ha, es lässt sich ausschalten! Das tue ich oft und dann liegt es manchmal tagelang in der Schublade.“ Benjamin per Mail am 8.7.2016

Benjamin Neukirch

Benjamin Neukirch

Zur Person: Kurz vor Mitternacht taucht Benjamin Neukirch am 05.12.2002 aus dem Geburtswasserbecken und aus dem Wasser des Lebens ins irdische Landleben auf. Seitdem ist ein geheimes Eifeldorf die Basis für seine Erkundungen der natürlichen und menschengemachten Wunderwerke dieser Welt. Während seiner Kindergarten- und Grundschulzeit feiert er jeden Ausflug in die umliegenden Wälder, an Bachläufe, in Kinos und Theater. Das lebendige Abenteuern erschnüffelt er auch als Gymnasiast und stürzt sich auf alles, was ihn über das Schulen der Denkfähigkeit hinaus ins Erfahren elementarer Lebensprozesse führt. Er teamt gerne, unterhält gerne und lässt sich selber gern unterhalten. Er mag es, sich abwechslungsreich auf Mountainbike, Longboard und Ähnlichem flott zu bewegen. Leistungszwang, trockene Lernprogramme, Umweltbarbarei sind für ihn keine Delikatessen. Er hat Spaß daran, sich selber zu spüren, wenn ihn das Leben kitzelt.

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8 Kommentare zu “Ich und kein Handy
  1. Nana Mara sagt:

    oh, meine tochter ist auch handyfrei – als einzige in ihre Waldorfschulklasse … letzte Weihnachten wollte sie unbedingt eines — ich war dagegen — dann waren wir Eltern doch drauf und dran, ihr eines zu schenken. Kurz vor Weihnachten gestand sie ihrem Vater. Lieber als ein Handy wären ihr doch Meerschweinchen – 2 Stück! — bis dahin war ich keine Freundin von „auch noch Haustieren!“ … sie hat sie bekommen als erste ihrer 6 Geschwister – zwei Haustiere … also: ich habe ebenso profitiert von ihrem Umschwung und sie kümmert sich halt um die beiden statt um whats apps … 😀

  2. Naturi sagt:

    „Ohne Handy“ lebe ich schon seit gut 60 Jahren.
    Als Nicht-Handy-Beseitzer“ beobachte ich sehr viel die Handysüchtigen. Und aus meiner Sicht ist das bei den meisten Handybenutzern bereits zu einer Sucht geworden.
    Die Menschen sind zu Gefangenen ihrer Handys geworden, und können oft ihre Mitmenschen nicht mehr wahrnehmen.
    Ein Handy gaukelt Freiheit vor, führt aber in eine Gefangenschaft, auch wenn die meisten Handybenutzer dies strikt abstreiten.
    Ich bleibe bei meiner Freiheit 🙂

    • Benjamin Neukirch sagt:

      Seit sechzig Jahren ohne Handy: Nun, da kann ich mit meinen 13 Jährchen natürlich nicht mitreden!!!!! !!!!! !!! Aber ich kann sagen: Mittlerweile ist es so, dass sich alle, die ich kenne, über WhatsApp verständigen. Das heißt: Meine Kumpels kommunizieren mithilfe des Smartphones anstatt zu telefonieren oder zu mailen oder eine Karte zu schreiben. Da machst du mit oder kriegst nichts mit. Das Smartphone ist sozusagen der Briefkasten: Ich schaue täglich einmal rein – so wie mein Vater in den echten – und ansonsten ist das Handy aus.

      Tue ich das nicht, so ist das in etwa so, als würde mein Vater den Briefkasten abschrauben. Es entspricht wohl dem sogenannten Zeitgeist, dass die anderen immer schwieriger dazu zu bewegen waren, mich anzurufen: Verabredungen und Einladungen kriegte ich häufig nicht mit. Heute schaue ich meistens einmal am Tage – manchmal aber auch erst nach einer ganzen Woche oder nach einem langen Urlaub – in den elektronischen Briefkasten.

      WhatsAppen ist praktisch: So könnte ich sagen. Andererseits fühle ich mich nicht so richtig wohl in dem Wissen, dass mich von rundherum Handymasten bestrahlen. Es kommt mir vor wie ein großes Experiment: Keiner weiß wirklich, was wir da eigentlich riskieren. Mein Taschengeld hinzulegen, um das Handyguthaben aufzuladen und somit diese Strahlerei mitzubezahlen: Ich nehme jedenfalls Abstand davon während meiner ersten Sommerferien als Smartphonebesitzer…..und es geht mir gut mit dieser Auszeit.

    • Diana sagt:

      Hallo, ich weiß, dieser Beitrag ist schon einige Jahre her und wer weiß, ob du dies überhaupt noch liest. Aber falls doch: Ich bin auf der nach Leuten, die mir für meine Masterarbeit zum Thema handylos ein paar Fragen beantworten würden.
      Nur leider ist das heutzutage wirklich schwer geworden (ich suche schon seit Monaten und langsam wird die Zeit — sehr — knapp). Jetzt bin ich auf diesen Kommentar gestoßen und wollte fragen (leider nur auf diesem Weg, da ich sonst keine Kontaktmöglichkeit sehe), ob du vielleicht Zeit und Lust hättest, mir ein bisschen was darüber zu verraten. Du würdest mir wirklich wahninnig weiter helfen! 🙂 Freu mich schon sehr auf eine eventuelle Antwort 🙂 Alles Liebe, Diana

  3. Silke Hofmann sagt:

    Unser Sohn hat kein Smartphone. 6 klasse Gymnasium. Er hat ein altes Handy von mir nur zum telefonieren im Notfall. Es ist immer aus und es kann wirklich nur telefonieren. Es ist kein Smartphone!
    Ich finde es machen sich viel zuviel Eltern die Sache zu einfach. Indem sie ihren Kindern einfach eins holen nur um nicht diskutieren zu müssen warum es völlig überflüssig ist eins besitzen zu müssen.
    In dem Sinne auf die nächsten Jahre wo unser Sohn keins bekommen wird.

    • Benjamin Neukirch sagt:

      Ich beschreibe in meinem Buch „Ich und kein Handy“, was ich erlebt habe…..mir liegt nichts an einer starren Beurteilung oder Bewertung…..das Leben ist wie eine Wundertüte: Ich mag es…..erfahre es jeden Tag neu…..es schenkt viele bunte Bilder.

  4. Alexandra sagt:

    Wo kann ich das Buch bestellen?

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