Ein Gespräch mit der Angst

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Foto: newslichter

Von Matthias Dhammavaro Jordan: Ich bitte um Erlaubnis, mit der Angst zu sprechen. Ich habe viele Gesichter und ich habe verschiedene Funktionen. Aber gespürt werde ich immer gleich, obwohl natürlich die Intensität verschieden sein kann. Ich bin ein naturgegebenes Warnsystem, und wenn etwas Bedrohliches passiert oder in Aussicht steht, dann komme ich mit meinen Möglichkeiten und Angeboten.

Je nach Situation veranlasse ich dich dann, entweder in den Angriff zu gehen oder aber abzuhauen, nix wie weg. Oder du kommst in eine gefühlte Erstarrung und lässt alles um dich herum passieren und hältst einfach durch.

Überall, wo es gefährlich werden kann, bin ich da und mache auf meine Weise aufmerksam. Eine enge Kurve und zu hohe Geschwindigkeit, ich bin da, ein freilaufender Hund rennt auf dich zu, ich bin da und veranlasse dich entsprechend zu reagieren, um wieder in Sicherheit zu sein.

Aber dann operiere ich auch noch in anderen Bereichen.

Der ganze Bereich der Zukunft ist meine Bühne. Die meisten Menschen haben Angst vor der Unsicherheit der Zukunft. Ich male ihnen die reinsten Horrorsituationen in ihren Geist, denn all das Furchtbare kann ja passieren. Ich arbeite an dieser Stelle mit der Sorge zusammen und manchmal bin ich von ihr nicht zu unterscheiden.

Ich operiere in der Zeit, der ungewissen, ja, da kann man vieles gedanklich zum Entstehen bringen: Angst um die Zukunft der Kinder, Angst vor Krankheiten, Angst um den Job, Angst vor Krieg oder Angst vor dem Tod oder die Angst vor der Angst und vieles mehr.

Dann gibt es Menschen, die sich sehr an Lebenssituationen anpassen, an ihre Partner, an die Arbeit oder ihr ganzes soziales Umfeld. Dabei vergessen sie sich selbst und ihr Potential, das wegen dieser Anpassung in Gefahr ist, zu verkümmern. Die natürliche Lebensenergie wird nicht mehr gelebt, Kräfte werden unterdrückt und somit die Freude nicht mehr gefühlt.

Und dann komme ich, die Angst, und werde meistens falsch verstanden.

Sie sehen mich als Feind, weil ich mich spüren lasse. Aber genau das Gegenteil ist der Fall, ich bin ihr Freund, denn ich mache sie aufmerksam! Ich erinnere sie daran, dass sie im Begriff sind, sich zu verlaufen. Dass sie dabei sind, sich und ihr Potential zu vergessen oder hintanzustellen. Dass sie ihre Kraft nicht leben oder fühlen, warum auch immer.

Ich bin hier eine Reaktion der eigenen inneren Größe und Weite, die im Laufe des Lebens auf einen oder mehrere kleine Teile reduziert wurde, und ich erinnere sie an ihre Größe, Kraft und Weite. Was sie dann mit mir machen ist ihre Sache, nicht meine.

Wirst du denn in deiner Aufgabe gewürdigt?

Nein, gewürdigt und geschätzt werde ich nicht, weil ich mich eben erst mal nicht gut anfühle. Die meisten wollen mich loswerden. Aber wenn verstanden wird, worauf ich hinweise, werde ich geschätzt als das, was ich bin: ein Warnsystem.

Ich verrate ein Geheimnis von mir, aber nicht weitersagen, sonst werde ich arbeitslos, besonders bei der zuletzt genannten Angst.
Wenn Menschen Vertrauen in die Richtigkeit natürlicher Prozessehaben, wenn es so etwas wie Vertrauen, Hingabe und Weisheit gibt, uffff, dann stehe ich hinten an.

Dieser eine Mönch meinte, es würde reichen, angstvollen Gedanken die Frage zu stellen: „Kannst du dir sicher sein, das etwas so oder so kommen wird?“ „Nein“, ist die Antwort und ‚nicht sicher‘ ist ein Zauberwort, was mich vertreibt. Dieser Mönch hatte recht.

Und wenn sich Menschen im Moment aufhalten, habe ich wenige Chancen, ihre Gedanken angstvoll zu färben. Und wenn sie mit sich und ihrer Lebensenergie und Freude in Kontakt kommen und sie leben, werde ich wirklich arbeitslos.

Aber viele Menschen sind nicht mutig genug, Schritte in die Freude und Kraft zu gehen.

Sie bleiben lieber in der geborgenen Scheiße sitzen, die zwar stinkt, ihnen aber bekannt und vertraut ist, als sich der Unsicherheit des Lebens auszusetzen.
Dann bin ich wieder da: als die Angst vor der eigenen Größe, vor der eigenen Kraft und Freude und den Veränderungen, den ungewissen.

Also werde ich doch nicht arbeitslos.

Ich danke dir für dein Sein und deine Mitteilungen und lade dich freundlich aus, wieder in deinen Bereich zu gehen.

Bemerken Sie den Raum zwischen sich und der Angst?!

erfahredeinwahresselbstDies ist ein Auszug aus dem Buch „Erfahre Dein wahres Selbst.“ Wer bin ich eigentlich wirklich – hinter all den Gefühlen, Gedanken, Persönlichkeitsanteilen, Masken und inneren Stimmen? Haben Sie sich diese Frage auch schon mal gestellt? Dann haben Sie mit diesem Buch nun die gute Chance, darauf wirklich eine Antwort zu finden. Denn dem ehemaligen buddhistischen Mönch gelingt es hier, tiefe spirituelle Weisheit und zeitlose Wahrheiten leicht und lebendig, für jeden unmittelbar verständlich und erfahrbar darzustellen. Anhand praktischer Anleitungen, anregender Inspirationen, alltäglicher Geschichten und wirkungsvoller Übungen werden wir motiviert, uns selbst zu erforschen und unser wahres Selbst zu finden. Und da wartet eine ganz neue Freiheit, Stille, Kraft, Klarheit, Freude und der große weite Raum. Willkommen zuhause!

Matthias Dhammavaro JordanMatthias Dhammavaro Jordan über sich: Ich lebte 12 Jahre als Mönch des Theravada Buddhismus‘ in Thailand, Sri Lanka und Europa. In dieser Zeit studierte und praktizierte ich unter verschiedenen Meditationslehrern der Thailändischen Waldtradition. Einer Einladung nach Deutschland folgend, begann ich Interesse für die westliche Psychotherapie zu entwickeln und entschloss mich 2001 wieder in das sogenannte „weltliche Leben“ zurückzukehren. Ich erweiterte meine Ausbildung zum Heilpraktiker für Psychotherapie, Focusingbegleiter und Hospizhelfer. 1995 begann ich Meditations-Seminare in Thailand, Kanada und Europa zu leiten und seit 2001 biete ich Seminare zur Meditation und Achtsamkeit vorwiegend in Deutschland an.

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3 Kommentare zu “Ein Gespräch mit der Angst
  1. Wilma sagt:

    Es spricht mich direkt an – die Angst schmunzelt und wird gesehen, endlich. Herzlichen Dank. Wilma

  2. Tesujii sagt:

    „Man“ k a n n durch DIE Angst — die Ängste hindurchgehen … |bleibt handlungsfähig|.

    Angst i s t AUFMERKSAMKEIT; Zeichen dafür, d. ich lebe, d.ich BIN!
    PS. manchmal mit Schmerz/Schmerzen verbunden.

    Alles – alles FREUNDE [!] des WEGES. Unseres Weges.

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