Achtsamkeit per App

Von Annette Christine Hoch. Wischen und chillen? Meditationen aus dem Headset? Ja, das alles funktioniert. Die beiden Yoga- und Meditationslehrer Magnus Fridh und Martin Wikfalk aus Stockholm haben es bewiesen: mit ihrer Achtsamkeits-App, die in Skandinavien zu den erfolgreichsten Apps gehört und es auch in Deutschland schon auf den dritten Platz unter den Gesundheits-Apps geschafft hat. Im Interview mit moment by moment erzählt Magnus Fridh, wie es zu der ungewöhnlichen Geschäftsidee kam.

MIndapps Gründer: Martin Wikfalk und Magnus Fridh

Ganz ruhig sei er geblieben, als er ins Büro kam und feststellte, dass Einbrecher alles mitgenommen hatten, damals, als seine neugegründete Firma MindApp über Nacht einen Backup machen wollte. Magnus Fridh lacht, als er sich diesen Moment, der vor eineinhalb Jahren das Aus für das Start-up hätte bedeuten können, noch einmal vor Augen holt.

„Es war verrückt: Da war ein 27-Zentimeter-Loch in der Wand und alles war weg. Jedenfalls alles, was irgendeinen Wert hatte.“ Und das waren im wesentlichen Computer – denn MindApp war damals, im Frühjahr 2015, schon eines der vielversprechendsten Projekte auf dem skandinavischen App-Markt. „Wir haben uns erst einmal hingesetzt und aufgeschrieben, was weg ist, was wir reparieren können und ohne was wir eigentlich leben können. Aber ich muss sagen: Es war vielleicht eine gute Übung. Heute vermisse ich überhaupt nichts, ich konnte ohne all das weiterleben. Vielleicht war es eine gute Reinigung.“

So, wie Magnus Fridh es sagt, schwingt die Authentizität in jeder Silbe mit. Das Schlimmste seien die administrativen Dinge gewesen – die Abwicklung mit Polizei und Versicherungen –, aber richtig tief gegangen sei das Erlebnis nicht, erzählt Magnus weiter: „Es war einfach ein Zu- fall: Unser Büro lag halt räumlich am nächsten am Maschinenraum des Aufzugs, durch den die Diebe gekommen sind – und das war’s.“

Mit dem Umzug in neue Räumlichkeiten – ganz nach dem Motto „nicht anhaften!“ – ließen die sechs Mitarbeiter von MindApp das Erlebnis auch physisch hinter sich. Seitdem arbeitet das Team, das sich aus so etwas wie einem „Fami- lienbetrieb“ entwickelt hat – Magnus’ Frau ist Designerin und half bei der medialen Umset- zung, Martins Frau ist Achtsamkeitslehrerin und die Stimme der schwedischen App –, in einem Büro ohne belastende Vorgeschichte weiter daran, mit digitalen Übungen mehr Bewusstsein in das Leben seiner App-Nutzer und Achtsamkeits-Praktizierenden zu bringen. Zwei Programmierer, ein Gra kdesigner, ein Social-Media-Manager und die beiden Gründer haben darin eine Vollzeitaufgabe gefunden.

Magnus kommt aus dem Musikbusiness – zehn Jahre lang hatte er ein Tonstudio – und interessiert sich seit jeher für Buddhismus und Meditation. Tibetstudien, die Mitgliedschaft in einer schwedisch-tibetischen Gemeinschaft und die sich über die Jahre verändernde Wahrnehmung durch Achtsamkeit brachten ihn dazu, aus dem Hobby einen Beruf zu machen.

Zusammen mit Martin, den er vor zehn Jahren beim Unterrichten in einer Ashtanga-Yoga- Gemeinschaft traf. Martin hatte jahrelang für die UN in Myanmar gearbeitet und war dort zur Meditation gekommen. Als sie sich kennenlernten, erkannten beide bald, dass sie die Erlebnisse und Lehren, die sie im Inneren bewegten, anderen digital zugänglich machen wollten. „Wir wollten etwas Gutes mit digitalen Werkzeugen scha en“, erzählt Magnus. Es sei immer leicht, die Gefahren der neuen Technologien aufzuzählen – aber sie beide wollten sie explizit für Veränderungen zum Guten nutzen. „Viele Leute in den Yogakursen, die wir gaben, erzählten uns, wie gut ihnen die Kurse täten – aber auch, dass zu Hause alles wieder in Vergessenheit geriete.“

Da kam den beiden die Idee für einen Reminder, den Annger ebenso wie Fortgeschrittene in ihren Alltag integrieren könnten – um innezuhalten, um Achtsamkeit zu praktizieren, um Bewusstsein zu schaffen. Ihre App bietet geführte und eie Meditationen in kurz (3 und 5 Minuten) und lang (15 und 30 Minuten), Klänge und Statistiken für diejenigen, die ihre Achtsamkeitspraxis festhalten möchten. Ein Werkzeug soll die App sein, um sich im oft zerfransten und überbordenden Alltag wieder auf Selbstmitgefühl, Achtsamkeit und Bewusstsein zu fokussieren.

Und wie ist es bei ihm um Achtsamkeit und Stress bestellt? Magnus lacht: „Wir arbeiten in der Regel von 9 bis 17 Uhr und versuchen, ohne Überstunden hinzukommen. Und ich praktiziere jeden Tag: zwei Stunden Ashtanga Yoga und mindestens zwei Meditationen täglich. Außerdem kommt mir kein Smartphone ins Schlafzimmer! Der Wecker, den ich mir für drei Euro gekauft habe, funktioniert bestens. Wir wollen wirklich nur das weitergeben, was wir auch selbst praktizieren.“ Eine Strategie, die funktioniert: Die App wurde inzwischen in 15 Sprachen übersetzt und millionenfach her- untergeladen. Durch die deutschsprachige Version der Achtsamkeit App führt Dr. med. Marc Loewer, Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie und zertizierter MBSR-Lehrer.

www.mindapps.se
und auf deutsch www.facebook.com/DieAchtsamkeitApp

Die Achtsamkeit App ist im Itunes App Store und Google Play Store erhältlich

Dieser Artikel erschien zuerst in dem Magazin Moment by Moment, dem neuen Magazin für Achtsamkeit. Hier wird das gesamte Themenspektrum der Achtsamkeit beleuchtet. Konzipiert und geschrieben von Praktizierenden für Praktizierende will es Anfängern, Übenden und Lehrenden als Wegweiser und Inspirationsquelle dienen. Hier das Early Bird Abo sichern

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