Ältere Beiträge zu Zukunft

Reif für die Insel? asap-island on tour

3610„asap-island“ ist eine Schwimminsel aus Recyclingmaterial. Eine bewohnbare Insel, auf der Projekte einer nachhaltigen, cokreativen und zukunftsfähigen Gesellschaft erprobt und gelebt werden. Aktuell ist die Insel auf einer Spree-Tour in Berlin unterwegs. Heute shippert der Crew nach viel Regen endlich in der Sonne zum Urbanhafen.

KarmaKonsum 2011: Weniger und doch mehr

2230Was für ein Wandel zu 2010. Damals gab es auf der KarmaKonsum noch eher eine grundsätzliche Schwingung von „alles geht weiter wie bisher – nur nachhaltiger“. Jetzt spürten alle, das stimmt nicht mehr. Wir leben nicht nur durch Klimawandel und ökologische Schäden auf dünnem Eis und müssen uns verändern. Doch weniger konsumieren kann auch wieder mehr Lebensqualität bedeuteten. Dr. Niko Paech brachte diese Entwicklungen in seinem Vortrag über die Postwachstumsökonomie wie kein anderer auf den Punkt.

Wir sind der Wandel

1679Im Moment zeigen sich zwei in der Welt zwei große Entwicklungen: Auf der einen Seite tun sich fast unüberwindbar scheinende Probleme auf, aber auf der anderen Seite gibt es das stille Wachsen einer Bewegung, die ohne Hierarchie und Ideologie an vielen Orten der Welt das Notwendige für ein nachhaltigeres und gerechteres Leben der Menschen tut. Der Journalist und Umweltaktivist Paul Hawken hat in seinem Buch „Wir sind der Wandel“ dieses Modell einer kooperativen und toleranten Menschheit  umfassend dokumentiert.

Zurück aufs Land: Fast ein Märchen

1782Die Sehnsucht einfacher zu leben, wieder mehr Kontakt zur Natur zu haben und in eine Gemeinschaft eingebunden zu sein, treibt immer mehr Menschen um. Viele lesen deswegen Magazine wie „Landlust“, aber nur wenige machen sich auf ihren Traum zu verwirklichen. Johannes Liess hat mit seiner Familie 2003 diesen Sprung gewagt, ein Dorf in Mecklenburg-Vorpommern wieder zum Leben erweckt und darüber das Buch „Artgerecht leben“ geschrieben. Doch inzwischen führt er einen ganz anderen Kampf – gegen die Schließung der Dorfschule.

Rücklicht: Douglas Adams

1531Der britische Schriftsteller Douglas Noël Adams verstarb vor zehn Jahren viel zu früh an einem Herzinfarkt. Der damals 49jährige wurde vor allem mit der satirischen Science-Fiction-Romanreihe „Per Anhalter durch die Galaxis“ bekannt. Mein absolutes Lieblingsbuch von ihm ist aber  „Die Letzten ihrer Art: Eine Reise zu den aussterbenden Tieren unserer Erde“. Seine Weltreise mit den unnachahmlich humorvollen Beschreibungen der Lebensweise von Tier und Mensch ist auch ein Aufruf für mehr Nachhaltigkeit. Co-Autor Mark Carwardine produzierte 2009 eine Nachfolge-Dokumentation für die BBC „Last chance to see“. Aus Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“ gibt es zwei legendäre Zitate: „Die Antwort 42“ und „Don’t panic“ (Keine Panik). 42 ist die Antwort auf die vom Autor bewusst unklar gelassene Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“ („life, the universe and everything“). Anhand dieses Inputs wurde 42 von dem zu diesem Zeitpunkt größten existierenden Computer errechnet und ist mit absoluter Sicherheit korrekt…(Wikipedia). „Don’t panic“ ist immer noch das Motto von h2g2, einer 1979 von Adams gegründeten englischsprachigen Web-Gemeinde, die sich mit dem Aufbau eines Handbuchs über das Leben, das Universum und den ganzen Rest beschäftigt. h2g2 dient als praktische Abkürzung für den etwas länglichen englischen Titel „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy: HHGG“.    

Christina Kessler über Intuition

806„Der Zufall trifft nur einen vorbereiteten Geist.“ Dieser Ausspruch stammt von Louis Pasteur (1822-1895), Pionier auf dem Gebiet der Mikrobiologie, in Frankreich ein Nationalheld und einer der Begründer der modernen Medizin. Er legte die Fundamente für die Entwicklung der Biologie und Biochemie sowie für die Mikrobiologie und Immunologie. Was will er uns damit sagen: Eingebungen können die Welt verändern. Aber Eingebungen passieren nicht einfach irgendwie, selbst wenn es nach außen hin so erscheint. Sie sind die Folge eines vorbereiteten Geistes, wie Pasteur es ausdrückt, eines Geistes, der hinter die äußeren Erscheinungen in das Innere zu blicken vermag.

Dem Wandel mit intuitiver Weisheit begegnen

787Als ich vor wenigen Wochen das neue Buch Wilder Geist – Wildes Herz von Christina Kessler aufschlug, war ich von der Einführung wie vom Donner gerührt. Denn sie beschreibt eine Naturkatastrophe in Ladakh vom 6. August 2010, die sich aktuell wie ein Vorbote der Ereignisse in Japan liest und fühlt. Ihr Fazit trotz aller auch erschreckenden Auswirkungen: Der Wandel ist eine Chance! Und das belegt die Kulturanthropologin indem sie alte Weisheitstraditionen und moderne Forschungslinien verbindet: „Die geheimen inneren Räume erforschen, sich selbst entdecken, den Schatz intuitiver Weisheit finden – das ist jedem Menschen möglich“, sagt Kessler. „Vorausgesetzt, er hat das nötige Rüstzeug: Eine Kenntnis der inneren Landkarte, der Sprache des wilden Herzens – dann hat er den Kompass in der Hand.“ Tatsächlich ist das Buch ein guter Kompass in den jetzigen stürmischen Zeiten. Auf gut lesbaren 200 Seiten trägt Kessler die Essenz ihre jahrezehntelangen Forschungen und Erkenntnisse zusammen. Persönliche Erlebnisberichte machen die auch Konzepte gut nachvollziehbar. Nach Ostern erscheint bei den newslichtern eine weiterführende Kolumne von Christina Kessler zum Thema Intuition, heute vorab schon mal ein Auszug aus dem Buch: „In nur wenigen Jahrzehnten hat sich die westliche Zivilisation über die ganze Erde ausgebreitet. Wissenschaft, Technik, Wirtschaftswachstum und Konsum haben das ehemalige Bild unseres Planteten vollständig verändert – ein Eroberungsfeldzug ohnegleichen. Die Auswirkungen sind nicht nur an der Oberfläche wahrnehmbar; längst rütteln sie an unsichtbaren Ebenen wie dem Gleichgewicht der Natur, längst ist das gesamte Bewusstsein der Menschheit in Mitleidenschaft gezogen. Betroffen sind nicht nur die Hochburgen des Fortschritts, sondern vor allem auch Gebiete, die von den dessen Wohltaten nicht einmal profitieren. In der Ära der Zivilisation wurde der Mensch zum rücksichtslosen Beherrscher der Natur. Tiefe Löcher hat seine Anmaßung gerissen, nicht nur in die Umwelt, in unser aller Leben. Löcher, die zum großen Teil nicht mehr gestopft werden können, weil es davon inzwischen zu viele gibt. Ist das eine repariert, tut sich bereits das nächste auf. Es ist nicht etwa fünf vor zwölf, es ist bereits fünf nach. Jetzt heißt es aufwachen. Es bleiben nur noch ein paar Jahre, um den Abwärts-Trend umzukehren. Wir werden damit Schluss machen müssen, uns nicht zuständig fühlen. Wir werden uns den ökologischen und existentiellen Fragen stellen und unseren Blick auf die Welt ändern müssen. Wir haben keine Wahl. Dass wir gegenwärtig eine Phase der Umwälzung erleben, ist inzwischen hinreichend bekannt. Aber nur die wenigsten sind sich über deren wirkliche Tragweite im Klaren. Tatsächlich befinden wir uns inmitten eines epochalen Wandels. Unsere Welt erfährt eine vollständige Umgestaltung. Eine globale Kultur ist im Entstehen begriffen, in der die unterschiedlichsten gesellschaftlichen und weltanschaulichen Systeme aufeinanderprallen. Traditionen, Überzeugungen, Werte, Sitten und Bräuche relativieren sich. Eingefahrene Strukturen erweisen sich zunehmend als einschränkend und schreien nach Erneuerung. Erstmals in der Menschheitsgeschichte steht uns das geistige Erbe aus allen ethnographischen Räumen und Kulturepochen zur Verfügung – frei zugänglich für Jedermann. Der ungehinderte Austausch von Informationen hat zu rasanten Entwicklungen in Wissenschaft und Technologie geführt. Dabei kam es zu solch einer Beschleunigung des soziokulturellen und wirtschaftlichen Wachstumsprozesses, dass dieser schließlich ausuferte. Die Verhältnisse auf der Erde sind ungesund geworden, lebensfeindlich. Sie sind aus der Balance geraten. Die meisten Menschen hoffen, der Wandel möge bald vorbei sein. „Lass den Kelch an mir vorübergehen!“ Als hätten sie mit der Krise nichts zu tun, als wäre sie ein Film, der in der Welt da draußen abläuft. Doch diesmal wird der Wandel nicht mehr aufhören. In Zukunft wird er sogar unser Leben bestimmen. Wir werden uns an ihn gewöhnen, mit ihm fertig werden müssen. Tagtäglich bekommen wir zu spüren, dass wir mit all den Innovationen und den damit verbundenen Maßnahmen, die nicht nur Wirtschaft und Politik, sondern alle Lebensbereiche betreffen, eigentlich gar nicht mehr mitkommen. Längst sind wir von dem ständig wechselnden Angebot an Produkten, Erfindungen und Veränderungen hoffnungslos überfordert. Kaum hat man sich mit einer Neuerung angefreundet oder sich an sie gewöhnt, kündigen die Medien schon lautstark die nächste an – schneller, besser, effizienter, mehr. Schien vormals alles seinen festen Platz zu haben, steht heute kein Stein mehr auf dem anderen. Konnten sich etablierte soziale Gewohnheiten einst über Generationen hinweg halten, werden wir nun an jeder Ecke mit dem Aspekt der Vergänglichkeit konfrontiert. Was früher eine Anschaffung fürs Leben war, wandert heute nach einem Jahr auf den Müll, um seinem Folgemodell Platz zu machen. Unser Wissen vervielfältigt sich täglich und mit ihm die Möglichkeiten, es zu nutzen, was uns jeden Augenblick vor neue Entscheidungen stellt.

Tamera: Besuch in einem Modell für die Zukunft

350In Gemeinschaft leben, in Frieden mit sich selbst, anderen und der Natur, das entwickelt eine immer größere Faszination. Und immer mehr Menschen wagen den Schritt von der Theorie in die Praxis. So kam vor über 30 Jahren ein Team um den Psychoanalytiker Dr. Dieter Duhm, der Theologin Sabine Lichtenfels und den Physiker Charly Rainer Ehrenpreis auf die Idee, ein Modell für eine zukünftige Weltgesellschaft konkret zu verwirklichen. So entstand das Friedensforschungsprojekt Tamera im Alentejo in Portugal. Fast 200 Menschen leben und arbeiten heute in dem sich über 134 Hektar erstreckenden hügeligen Gelände. Wir haben das Heilungsbiotop mit seinen drei zentralen Bereichen, der Permakultur und Wasserlandschaft, der Solartechnologie und der Friedensausbildung in diesem Sommer besucht. Energieautonomie im Solar Village Es war einiger der wenigen bedeckten Tage in Portugal, der Nebel lag fast wie ein feiner Regen auf die Haut, als wir Tamera erreichten. Der erste Eindruck war beeindruckend. Mitten in der sonst so ausgedörrten Landschaft tat sich plötzlich eine Seenlandschaft auf, die blühendes Leben eröffnet. Und als unser Rundgang begann, kam auch die Sonne raus, die als zentrale Energiequelle im „Solar Village“ genutzt wird. Das Modelldorf für 50 Menschen, das sich autark mit Energie für Wärme, Kochen und Strom versorgt. Der süddeutschen Physikers und Erfinder Jürgen Kleinwächter liefert die Technologie, die keiner großindustrieller Fertigungsprozesse bedarf und deswegen auch in Entwicklungsländern hergestellt und betrieben werden. (Film The Solar Power Village) Ausbildung im Global Campus Die Seenlandschaft ist in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Agrarreformer Sepp Holzer entstanden. Eine Reihe großer Rückhaltebecken machen zusammen mit der umgebenden Permakultur das umliegende Land wieder feuchter und fruchtbarer. Denn in Portugal fällt genauso viel Regen wie in Deutschland. Nur muss das Wasser des Winters auch für den Sommer erhalten bleiben. Tamera ist auch ein weltweit vernetzter Ausbildungsort. Aus allen Erdteilen kommen junge Friedensarbeiter, um hier zu studieren und sich in den Kenntnissen und Fähigkeiten auszubilden, die für den Aufbau von Friedensdörfern und autonomen Siedlungen gebraucht werden. Der Campus von Tamera ist Teil des „Globalen Campus“. Seit 2006 haben über 150 StudentInnen eine mehrmonatige bis 3-jährige Friedensausbildung durchlaufen. Natürlicher Lebensraum für Kinder und Pferde Wir gingen weiter über das Gelände, auf dem uns viele lächelnde und offene Menschen begegneten und kamen zum Platz der Kinder, ein geschützter Lebens- und Lernraum. Schwerpunkte der Schulausbildung in Tamera sind neben den Grundfächern Sprachen, Mathematik und Weltkunde der Kreativbereich Musik, Kunst und Theater und internationale Netzwerkarbeit mit Kindern aus aller Welt, eine Escola de Esperança: „Schule der Hoffnung“. Doch nicht nur Kinder, sondern auch Pferde haben in Tamera eine besondere Heimat gefunden. 11 Pferde leben das ganze Jahr über frei auf großen Koppeln mit einem freizugänglichen großen Offenstall. Zukünftig sollen die Pferde möglichst artgerecht und dennoch im Kontakt mit dem Menschen leben. Deshalb werden eingezäunte Waldstücke als zusätzlichen Lebensraum erschlossen. Friedenspilgerschaften Grace Ein spezielles Projekte, das im Laufe der Jahre in Tamera entstanden ist, sind die „Grace“-Pilgerschaften“ von Sabine Lichtenfels. Heute verabschieden sich Freunde vom Partnerprojekt in Kolumbien (siehe Das Wunder von Mulatos). Das Institut für Friedensarbeit hat auch seinen Platz auf dem Gelände gefunden. Besonderheit: Alle Schreibtische stehen im Kreis und jede Stunde ertönt eine Klangschale, um nicht völlig in den virtuellen Welten zu verschwinden. Weiter geht es zum veganen Mittagessen, das auf Solarherden gekocht wird. Viele der Lebensmittel werden inzwischen auf dem Gelände angebaut. Bald ist Olivenernte, die jedes Mal zu einem großen Gemeinschaftserlebnis wird. Ein magischer Steinkreis Zum Abschluss durften wir noch den neu anglegten Steinkreis betreten. In der „Naturkathedrale“ finden sich 96 Steine, die verschiedenen archetypischen Aspekte des Lebens und ihre Heilungsmöglichkeit verkörpern. Drei Zugänge eröffnen den Eintritt in das Erlebnis des Orts, dessen geomantische Grundlage das Herzzentrum des Holons Tamera bildet. An jedem der Eingänge markiert ein Hüterstein die Schwelle, die einlädt und zu Klärung und innerer Ausrichtung auffordert, bevor man das Innere des Kreises betritt. Ein kraftvoller Ort, der auch in der sengenden Mittagshitze seinen Zauber entfaltet. Wir beschlossen unseren Besuch mit einem Bad in einem der Teiche. Wir waren ganz erfüllt von den vielfältigen Eindrücken, den herzlichen Begegnungen und Impulsen auf vielen Ebenen. Das einzige Irritierende bleibt, die vielen Geschichten, die rund um das Thema „freie Liebe“ in Tamera rumgeistern. Immer wieder tauchen sie auf und es scheint ein Schattenthema zu sein. Denn weder in den Gesprächen vor Ort noch im Internet oder im Buch wird dazu und den damit verbundenen Missbrauchsthemen eindeutig Stellung bezogen. Schade, denn diese Irritation verhindert meiner Meinung nach eine noch größere Ausstrahlungskraft der vielen guten Ideen und Umsetzungen. Buchtipp: Leila Dregger „Tamera – Ein Modell für die Zukunft“