Auszeittagebuch Teil 4

Foto Evelin Rosenfeld

Foto Evelin Rosenfeld

Donnerstag – Jupitertag – Tag der Überwindung: Bei uns in der Auszeit ist der Donnerstag der Teide-Tag. Vater Teide ist der Hüter der Kanaren, ein knapp 3.800 Meter hoher, aktiver Vulkan, dessen ausgedehnte Canadas und schroffe bis futuristische Tufflandschaften dazu angetan sind, neue Welten zu betreten und die eigene Kraft zu erfahren. In Demut – denn Demut braucht es schon, sich bei strahlend blaue Himmel, sengender Sonne, scharfem Wind knapp 2.000 Höhenmeter aus der Montana blanca bis hinauf zum Kraterrand zu bewegen.

Foto Evelin Rosenfeld

Foto Evelin Rosenfeld

Die Gruppe löst sich in eigene Rhythmen, eigene Meditationsplätze, eigene Gedanken auf – ohne zu zerfallen. Alle sind mit den Bildern aus ihrer Traumreise befasst, der ersten bewussten Begegnung mit den fünf Persönlichkeitsaspekten, die jedem auf eigene Weise innewohnen.
Bei dem vier-bis fünfstündigen Aufstieg geht es darum, diese inneren Wesen zu erfassen, ihre Eigenschaften und Attribute zu begreifen, Nachrichten zu lesen. Der schmale Grat zwischen Phantasieren und Wahrnehmen lässt die Rationaleren in der Gruppe zögern und zweifeln; die Bilderreichen driften allzu leicht in Phantasiebilder und Klischees ab, statt wirklich hinzuhören, hinzuspüren, hinzusehen, was in ihrer Seele liegt.
Immer wieder anhalten, Gespräche mit den einzelnen, Hineinspüren, „Sehen“, berühren … ohne Vorzulesen … auch für mich eine Gratwanderung. Denn es führt zu nichts, wenn ich ausspreche was ich gesehen habe, was ich wahrnehmen kann durch jahrzehntelanges Training des schamanischen Träumens und Sehens. Ich kann geeignete Plätze finden zum Spiegeln und Spüren bestimmter Aspekte und Nachrichten, kann durch den Körper nach Innen geleiten oder an biografische Belege erinnern.

Doch G.´s „strahlendes Himmelblau“ in das sie sich aufgelöst hat aus ihrem riesenhaften Avatar-Baum im Traum muss sie selbst begreifen, den lange unter Ängsten und Disziplin verschütteten Windaspekt in ihrer Persönlichkeit selbst beleben, vitalisieren und integrieren.
U. hat unglaublich plastisch und detailliert geträumt und stürmt mit seinen kraftvollen Bildern den Berg hinauf, fügt Steinchen für Steinchen zum Mosaik seiner Seele, findet Aspekte im alltäglichen Leben wieder, versucht zu begreifen, was all das mit seinem Anliegen zu tun hat, sich beruflich neu zu orientieren.
An den riesigen, magnetischen, schwarzen Steineiern angelangt, machen wir Rast und kommen als Gruppe wieder zusammen. Fragen und Einsichten werden erörtert, ich erkläre den Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsaspekten und Berufung und zeichne die Struktur des Inneren Kompass in den Sand. Allseitiges Staunen über die individuelle Unterschiedlichkeit äquivalenter Energetik, Freude über Einsichten, Verwirrung über Klischees, die sich in der biografischen Überprüfung zerschlagen.

mailC. stolpert wieder über seine alte Angst, den Anschluss zu verlieren, will den Gesamtüberblick, hängt sich in der Methode auf, statt sich auf den nächsten Schritt, die ich gestellte Aufgabe zu konzentrieren. Wir setzen uns Rücken an Rücken, den Blick über die fast endlose Hochebene über den Wolken, hinter uns ragt machtvoll Vater Teide in den Himmel. Schritt für Schritt erspüre wir gemeinsam seinen Körper, den Druck, das Getriebensein in seinem Körper, vermögen den Unterschied zwischen dieser enge im Hals und dem Feuerwesen im Herzen sinnlich zu erfahren. Einmal mehr entsteht Unterscheidungskraft – zwischen angstgetriebenen Bedürfnissen und wesenseigenen, essentiellen Werten und Inhalten.
Der Weg geht weiter – die Gipfelstürmer werden mit einer weiteren „Lektion“ konfrontiert : Die Seilbahn ist unberechenbar, der Wind auch, der Weg zurück muss erlaufen werden. Langsam, mit dem kostbaren Rest der verschleuderten Kraft.
Wir machen auf der Rückfahrt noch einmal Halt in der Corona Forestal des Riesen, lassen uns berauschen vom Sonnenuntergant über den Wolken. Die Reise, die um 6h morgens im Anagagebirge begann, endet am reich gedeckten Tisch in der Casa weit nach Einbruch der Dunkelheit. Manche gehen gleich schlafen, manche mümmeln still und zufrieden den Couscous, bevor die Traumwelt sie in den nächsten Tag trägt.
Freitag wir der Kreis Rund: Abschlussgespräche auf dem Berggrat zwischen Löwenkopf und Elefantengipfel. So viele Menschen habe ich mittlerweile hier hinauf geführt, zu den steinernen Gesichtern, auf dem Nord-Süd-Grat über dem Atlantik.
Von hier oben sieht unser kleines Bergdorf noch idyllischer aus – hier lassen sich die Einsichten und Erfahrungen der ersten Auszeitwoche noch besser rekapitulieren und die nächsten Schritte werden klar.

C. G. und U. entscheiden, noch weiter an ihrem Inneren Kompass zu arbeiten. Die Bilder und die biografischen Hinweise werden deutlicher, mehren sich, aber bis zur Initiation – einem Ritual, in dem die Seele angstfrei in ihrem puren Licht scheint, jede Idee von Mangel verschwunden, stattdessen eine klare Sicht auf das, was in die Welt zu bringen sie gekommen ist – ist erahnbar, aber doch noch ein Stück des Weges.
Das bedeutet für mich, dass ich meine Aufmerksamkeit und die Impulse, die ich setze, noch stärker differenzieren muss.
Denn morgen kommen zwei weitere Teilnehmende hinzu, die bereits initiiert sind und nun an den fundamentalen Entscheidungen und Konsequenzen in ihrem alltäglichen Leben arbeiten wollen: Ein Familienbetrieb, der scheinbar die Entfaltung im Sinne der Berufung verhindert wird in die Waagschale geworfen, und eine Konzernkarriere, deren Rahmenbedingungen unvereinbar erscheinen mit dem Rhythmus der Seele.
Eine spannende zweite Woche kommt auf uns zu – und für mich das Wiedersehen mit zwei Menschen, deren Weg mir schon von Herzen vertraut ist.
Nein … das ist kein „Job“ den ich da mache, und nein, die Menschen, die wirklich in diesen Prozess einsteigen addieren nicht einfach eine interessante Erfahrung zu ihrem reichen Sortiment hinzu. Durch mein Sein und Tun finden Menschen zusammen, die nicht mehr bereit sind, sich und anderen etwas vorzumachen, die erkannt haben, dass Unstimmigkeiten in ihrem Leben bei ihnen selbst beginnen – und zwar einem Teil, der nicht wesenseigen ist. Menschen, die ihre Wahrheit suchen und finden und bereit sind, die Konsequenzen heraus zu ziehen – oft gegen alles, was sie bisher geglaubt haben. Wahrhaftigkeit und Transformation.
Das ist, was MIR wirklich wichtig ist…

Hintergrund: Sechs Menschen und Evelin treffen sich kurz vor Vollmond am 6. September  im Anagagebirge – einer abgelegenen Gegend auf Teneriffa – um Ängste zu durchbrechen, die in alle Winde verstreuten Anteile zusammen zu holen, ihnen unter Lorbeerbäumen Leben einzuhauchen und im magischen Licht der Barrancos den Ruf der Seele zu hören. Seit 15 Jahren begleitet Evelin nun Menschen in diesem tiefen Transformationsprozess, der in Selbstbestimmtheit und ein authentisches Wirken führt.

Alle Informationen zu ihren Reisen  hier.

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