Warum das Musikgedächtnis bleibt

noteAlzheimer verschont das Langzeitgedächtnis für Musik. Jetzt decken Max-Planck-Forscher anatomische Gründe für Erhalt des Musikgedächtnisses bei Alzheimer-Patienten auf. In einer Pressepublikation heißt es:
„Um dem Geheimnis näher zu kommen haben die Forscher mit Hilfe von funktionellen Ultrahochfeld-Magnetresonanzmessungen zunächst die Hirnareale für das Langzeit-Musikgedächtnis im Gehirn lokalisiert. Hierfür ermittelten sie aus den Top 10 der Deutschen media control charts-Liste 1977-2007, Kinderliedern, Oldies und bekannten Klassik-Stücken in einem Verhaltensexperiment einen Satz von Song-Stimuli. Dadurch wollten sie lang bekannte Melodien für die Studienteilnehmer identifizieren. „Musikerfahrung und damit auch das persönliche Musikgedächtnis sind ja weitgehend sozial und kulturell geprägt. Somit war es wichtig, die Auswahl nicht subjektiv zu treffen, sondern eine Gruppe entscheiden zu lassen“, erklärt Jacobsen. Die ausgewählten Songausschnitte mit hohem Bekanntheitsgrad wurden mit völlig unbekannten aber charakteristisch ähnlichen Musikstücken zu Dreiergruppen kombiniert.

Während der MRT-Messungen hörten die Probanden Musik-Dreiergruppen, die aus einem lange bekannten Song, aus einem kurz zuvor schon einmal gehörten Lied und einer ihnen völlig unbekannten Melodie bestanden. Nach den Messungen wurden die Daten mit Hilfe von statistischen Mustererkennungsverfahren ausgewertet. Die Wissenschaftler konnten nun anhand der unterschiedlich aktiven Gehirnareale entschlüsseln, welche der drei Kategorien (lang-, kurz-, nichtbekannt) gerade vom Studienteilnehmer gehört wurde. Für die Langzeit-Musik-Erinnerung konnten die Forscher so ein Gebiet in der sogenannten supplementär-motorischen Hirnrinde identifizieren – einen Bereich, der bei Bewegungen eine Rolle spielt. „Unsere Studie zeigt, dass nicht wie bisher vermutet die Temporallappen der Großhirnrinde essentiell sind für die Musikerinnerung, sondern vielmehr Bereiche, die mit komplexen motorischen Abläufen assoziiert sind“, erklärt Jacobsen.

In einem zweiten Schritt verglichen die Wissenschaftler die für die musikalische Erinnerung relevanten Regionen aus der gesunden Gruppe mit anatomischen Befunden aus einer Studie mit Alzheimer-Patienten. Sie untersuchten dabei drei wichtige Merkmale für diese Erkrankung: den Verlust von Nervenzellen, den verminderten Stoffwechsel und Ablagerungen des Amyloid-Proteins in betroffenen Gehirnregionen.

Tatsächlich verliert bei den Alzheimerpatienten das Gehirnareal, das zuvor als Langzeit-Musikgedächnis-Gebiet lokalisiert worden war, weniger Nervenzellen als das übrige Gehirn. Auch der Stoffwechsel sinkt nicht so stark ab. Das Ausmaß der Amyloidablagerungen ist ähnlich wie in anderen Gehirngebieten, führt aber nicht zu den sonst damit einhergehenden weiteren Entwicklungsstufen der Krankheit. Die Gehirnregionen des Langzeit-Musikgedächtnisses gehören damit zu den Arealen, welche bei Alzheimerpatienten häufig am geringsten vom Nervenzellverlust und den typischen Stoffwechselstörungen betroffen sind.

Die Ergebnisse der Untersuchungen deuten also daraufhin, dass das Langzeit-Musikgedächtnis bei Alzheimer-Patienten im Vergleich zum Kurzzeitgedächtnis, dem autobiografischen Langzeitgedächtnis oder Sprache besser erhalten bleibt. Deshalb funktioniert es möglicherweise auch in späteren Stadien der Krankheit noch weitestgehend. „Außerdem unterstützt dieser Befund eine Vermutung, die bereits im Zusammenhang mit anderen Studien angestellt wurde. Hier hatte man eine erhöhte Netzwerkverbindung zwischen dem vorderen Gyrus cinguli und anderen Knotenpunkten bei Alzheimerpatienten beobachtet. Das legt nahe, dass diesem Gehirnbereich überdies noch spezielle kompensatorische Funktionen bei fortschreitender Krankheit zukommen“, erklärt Jacobsen die Bedeutung der Ergebnisse.“

Mehr beim Max-Plank-Institut.

Schon bekannt ist, dass Musik machen das Gehirn trainiert. Mehr hier.

Musik trainiert das Gehirn

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