Gesundheits-Klima?
Von Conny Dollbaum-Paulsen Sprechen wir über Gesundheit, meinen wir meistens unsere eigene – wir horchen in unsere Körper und zunehmend auch unsere Seelen hinein, nehmen vermeintliche und echte Störgeräusche war und fühlen uns je nach Lautstärke dieser Geräusche mehr oder weniger gesund. Gesundheit erscheint uns individuell, sozusagen eins mit der Person, nicht von ihr zu trennen. Das gleiche gilt dann natürlich auch für Krankheit: Wir leiden allein, suchen Hilfe für unser individuelles Leiden und wünschen uns sehr persönlichen Trost.
Und auch wenn wir Rat suchen, um die Beschwerden zu lindern, sind wir fest davon überzeugt, dass unser eigenes Leiden doch vielleicht noch ein bisschen schlimmer ist als das der anderen; in jedem Fall machen wir uns aktiv auf die Suche nach angemessener Hilfe. Jede andere Betrachtung erscheint nicht nur fremd, sondern geradezu absurd – wie bitte soll Krankheit etwas anderes sein als ein persönliches, individuelles und durch und durch zu einer Person gehörendes Hindernis?
Das ändert sich ein bisschen, wenn wir Opfer einer Infektion sind – plötzlich leiden wir gemeinsam, sind vereint Leidtragende und trösten uns, indem wir uns darüber austauschen, was am besten geholfen hat. Aus individuell Erkrankten wird eine Schicksalsgemeinschaft, in der solidarisches und mitfühlendes Verhalten ganz normal ist.
Gemeinsam krank oder gesund?
Wie wäre es wohl, wenn wir unseren Blick auch ohne das Auftreten von Infektionskrankheit weiten würden und Gesundheit nicht nur als persönliche, sondern auch als psycho-soziale Herausforderung begriffen? Es gäbe die persönliche Betroffenheit – denn nach wie vor sind wir als einzelne Person krank oder gesund und damit auch verantwortlich, uns um uns zu kümmern – Selbstfürsorge ist übrigens ein schönes Wort für das, was dann von uns gefordert ist. Darüber hinaus wäre das Feld ausgedehnt auf alle anderen, die, genau wie wir, mit Krankheit und Leid ringen. Wir würden uns fragen, ob wir vielleicht mitfühlend hilfreich, sogar aktiv werden könnte. In jedem Fall täten wir eines nicht mehr so leicht: den Blick abwenden, wenn uns Krankheit begegnet. Wir würden gemeinsam erforschen, was uns gesund macht – einzeln und gemeinsam. Wir könnten so etwas wie „Gesundungswerkstätten“ gründen, um mit Lust und Neugier gesundes Leben weit über uns hinaus zu denken und zu fühlen. Wir könnten uns bewusst mit dem Leid der Welt konfrontieren und uns nicht mehr abwenden. Wir würden uns gemeinsam um die Gesundheit aller kümmern – zum Beispiel in Schulklassen und Hausgemeinschaften, in Dörfern und Stadtteilen. Wir könnten und würden gemeinsame Rituale suchen und finden. Wir würden uns im Leiden und gemeinsam nach Heilung suchen: bei echter Krankheit, Einsamkeit und Trauer und natürlich gälte das nicht nur für uns, sondern für alle Lebewesen – was ganz nebenbei auch eine Antwort auf den Klimawandel darstellt.
Wann, wenn nicht jetzt?
Das wäre eine sehr sehr andere Welt, in der wir eher nicht nach technischen, sondern nach lebendigen Lösungen suchen, nicht nach materiellen Gewinnen, sondern nach geistiger Weite streben würden. Unsere vergänglichen Körper, unser Altern und Vergehen, das wir mit allen Wesen teilen, wären nicht mehr beängstigend, sondern Teil des Lebens. Schon klar, dass wir das üben müssten, ein paar hundert Jahre können dabei schnell vergehen – aber anfangen könnten wir schonmal, oder?
P.S. Über alle kulturellen und wie auch immer beschaffenen Grenzen hinaus haben sich übrigens gemeinsam gelebter Humor und Großzügigkeit als außerordentlich heilsame „Medizinen“ erwiesen.
Zur Autorin: Conny Dollbaum-Paulsen hat die Heilnetze ins Leben gerufen: Das sind regionale Internetportale mit Adressen für alternative TherapeutInnen, ganzheitliche Beratung und/ oder Informationen aus dem Bereich Ganzheitliches Leben. Auf ihrem persönlichen Blog veröffentlicht sie Wortgewandetes
Liebe Conny
Was für eine wunderbare Idee. Lasst uns gesundungswerkstätten ins Leben rufen. Was wir für uns tun tun wir für jede einzelne andere Person und für die Welt.
Wir werden gebraucht!
Danke dir.
Sybille