Tod einer Heilungsreisenden

Foto: Mia Brummer

Von Mia Brummer. Die simple Aufgabe eines Coaches erschütterte mein ganzes Unternehmenskonzept und ließ mich erkennen: Meine Reise in Sachen Heilung geht zu Ende. Wie ich damit umgehe, ein über 15 Jahr lang gewachsenes Konzept abzutrennen, erfährst Du in diesem Zustandsbericht.

„Erstellt einen Themenbaum, der euch die Vielzahl an Möglichkeiten aufzeigt, mit denen ihr 30 Tage lang Content für soziale Medien erstellen könnt“. Das war in meinen Worten die Aufgabe, die meine Unternehmensausrichtung in ihren Grundfesten ins Wanken brachte. Denn um diese Aufgabe zu lösen, musste ich mir erst einmal klarwerden, über welchen Themenkomplex ich posten wollte. Sinn, Zweck und Ausrichtung, so hoffte ich, würde ich finden, wenn ich erst einmal mein Unternehmen in eine Struktur-Baum-Form brachte.

Ich listete also alle Angebote auf und ordnete sie im Themenbaum an. Und je klarer das Bild wurde, umso fassungsloser wurde ich. Wie konnte eine „one-woman-show“ diesen Koloss stemmen? Und: wieviel bleibt von einem Menschen übrig, der diesen Koloss satt machen will?

Tagelang brütete ich über dem Baum, nahm ihn mit zu Medizinwanderungen, legte ihn ins Rad, reiste zu Verbündeten aus der Nichtalltäglichen Wirklichkeit, kurzum: unternahm alles Mögliche, um dem, was anstand zu entgehen. Es hinauszuzögern. Argumente zu finden, die mich daran hinderten, der Wahrheit ins Auge zu sehen.

Practice, what you preach!

Wie bringt man einem nahen Verwandten bei, dass der Patient ohne lebensverlängernde Maßnahmen nicht mehr lebensfähig ist? Wie bringt man einer Unternehmerin bei, dass die investierte Zeit und Energie in keiner Relation mehr zum Ertrag steht? Wann ist es Zeit, die Maschinen abzustellen? Darf man das überhaupt, wenn es ein Unternehmen ist, das Menschen in Heilung bringt? Ein Unternehmensfeld in dem es ja geradezu unerhört ist, auch noch Geld für seine Leistungen zu verlangen. In dem erst einmal eine intensive Beschäftigung mit dem „Money-Mindset“ bedarf, bevor man sich traut, Geld für seine Leistungen zu nehmen?

Wann erlaubt man sich, etwas, das dem Tod geweiht ist, abzutrennen?
Das Messer in die Hand zu nehmen,
ganz klar und bewusst zum Schnitt anzusetzen,
mit scharfer Klinge
ohne zu zögern
und zack.

„Am Grab der meisten Menschen trauert, tief verschleiert, ihr ungelebtes Leben“ Georg Jellinek

Gärtnern für (Selbst-)Führungspersönlichkeiten

„Selbstführung ist die Fähigkeit, das eigene Handeln an den persönlichen Werten, Denkweisen und Zielen auszurichten. Sie beinhaltet das Wissen und die Klarheit um die eigenen Prioritäten, die Erkenntnis, selbst die Verantwortung zu tragen und etwas ändern zu können sowie die Disziplin und Umsetzungskraft, die nötigen Schritte einzuleiten.“

Nehmen wir mal an, ein Unternehmen ist eine blühende Rose. Bei richtiger Pflege erblüht sie in den schönsten Farben und Formen. Doch die überbordende Energie lässt auch wilde Triebe wachsen. Triebe, Blätter und Stacheln wachsen dabei wesentlich schneller als Edeltriebe und in eine andere Richtung.

„Spätestens im Juni sind die Rosen verblüht. Damit die Pflanzen genug Kraft haben, um in einigen Wochen erneut auszutreiben, ist jetzt die eingreifende Gärtnerhand gefragt.“, so die Empfehlung von Experten.

Ein klarer Schnitt führt zur Blüte

Wenn ich also eine zweite Blüte erleben möchte, muss ich mit klarem Blick den Zustand meines Unternehmens erkennen und den Schnitt dort ansetzen, wo ich kein weiteres Wachstum erkenne.

Das gilt nicht nur für Unternehmen. Das gilt auch für Menschen.

Je mehr ich mich verausgabe, je mehr Wildtriebe ich wuchern lasse, je mehr an meiner Energie partizipieren, umso erschöpfter werde ich. Dadurch erhalten die Menschen und Dinge, die mir wichtig sind, immer weniger Energie. Am Ende versuche ich doch nur noch, alles und alle zu befriedigen, ohne den geringsten Gedanken an mich zu verschwenden. Burnout lässt grüßen.

Und was machst Du jetzt, liebe Mia?

Das war die erste Frage von Weggefährten nach dem ersten Schock und der Trauer. Meine Antwort darauf, brachte sicher weitere Irritationen: NICHTS Man muss doch schon was „in petto“ haben!

Nö, muss man nicht.

Wilder Aktionismus um den Schmerz nicht zu fühlen, bringt meiner Meinung nach gar nichts.

In mir Stille
Dunkelheit ummantelt mich
getragen vom Nichts
Leere grenzenlos

Und wieder sind mir die Pflanzen gute Lehrer. Wenn eine Pflanze auf Hindernisse stößt oder gekappt wird, richtet sich ihre Aufmerksamkeit aufs Wurzelwerk. Sie geht mit ihrer ganzen Energie nach unten. Stärkt ihre Wurzeln. All das ist oben im Sichtbaren nicht erkennbar. Und erst, wenn ihr Wurzelwerk stark und bereit ist, wächst sie weiter. Und so werde ich es auch machen.

Ich werde den Tod eines Unternehmensstrangs gebührend feiern. Mit einem großen dias de los muertos-Fest. In großer Dankbarkeit. Im Wissen, dass er mich viele Jahre nährte. Und dann werde ich in mich gehen und erforschen, was ich wirklich, wirklich will.

Die Zeit, an der ich als Heilerin und Lehrerin an der Schwelle des Erwachsen-Seins stand, ist vorbei.

Wie gut, dass mich heute eine wahre Freundin an mich selbst erinnerte:

Ich erwecke Dich aus dem Totenreich der Banalität, kitzle DIch wach und schubs DIch aus Deiner Komfortzone, ich häute Dich und führe Dich zum Tanz mit Deinen Dämonen, ich lehre Dich, neu zu sehen und in Kreisen zu gehen, dein Zepter zu finden, Dich neu zu verbinden. Ich reise mt Dir durch alle Zeiten und hole mit Dir, Stück für Stück, Dich selbst zurück. Ich lehre Dich, alles loszulassen, vollkommen leer, bar aller Konzepte wirst Du neue Realitäten kreieren und feiere Dich als die, die Du bist!

Bald mehr dazu auf Mias Blog

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3 Kommentare zu “Tod einer Heilungsreisenden
  1. Ingrid Hagen sagt:

    Liebe Mia, diesen Schritt/Schnitt der Trennung habe ich nach 8jähriger Energiearbeit auch gerade getan. Dafür habe ich meine Wohnung aufgelöst und bin in meinen Wohnwagen gezogen. Mit unbekanntem Ziel. Auf der Reise. Zu mir. Zu meiner neuen Aufgabe. Ich lasse mich vom Leben treiben. Voller Zuversicht, an den richtigen Platz gespült zu werden. Alle Antennen stehen auf Empfang. Auf zu neuen Ufern… dankbar und voller Vertrauen.
    In mitfühlender Verbundenheit, Ingrid

  2. Carola sagt:

    Liebe Mia,
    wow, dein Text, dein Erleben, dein Loslassen beeindrucken mich.
    Das fühlt sich mir so nah, so verwandt an, das könnte auch ich geschrieben haben, wobei ich ganz woanders stehe und meins nicht mit deinem Erleben zu vergleichen ist. Und doch: Ich danke dir für diese Worte, für die Sicht und Konzentration auf deinen und meinen Wurzelstock. Ich wünsch dir Kraft und ganz viel Inspiration, die du in deiner umarmenden und wohltuenden Dunkelheit schöpfen kannst.

    Von Herzen alles Liebe
    Carola

  3. ‚Nö, muss man nicht‘, liebe Mia, ganz und gar nicht! Diese Leere und dieses NICHTS war für mich anfangs sehr beängstigend und bedrohlich… und nun gehe – mehr noch BIN – ich damit seit mehr als einem Jahr und das Nichtwissen ist inzwischen eine meiner liebsten Gefährtinnen geworden. Keinen Plan zu haben, fühlt sich immer mehr nach Freiheit an. Und je leerer es wird, um so er-füllter fühle ich mich und um so leichter wird es, ohne all das ‚Gepäck‘, ohne all das, was ständig ‚gefüttert‘ werden will und meine Zeit und Energie frisst.
    Und in diesen stillen leeren Raum gesellt sich mehr und mehr ein tiefes Gefühl von VerbundenSEIN und GeführtSEIN, ein seelentiefes Vertrauen in das Leben. In diesem Raum spüre ich (wieder), was mich wirklich, wirklich trägt und nährt und was zu seiner/ihrer Zeit wachsen, blühen und gedeihen will!!!
    Von Herzen alles Liebe für dich auf deiner Heldinnenreise!

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