Filmtipp: Doch das Böse gibt es nicht

Foto: Grandfilm „Doch das Böse gibt es nicht“

Ein großartiger Film und Berlinale-Gewinner ist jetzt in den Kinos: „Doch das Böse gibt es nicht“ erzählt vier Geschichten über Menschen, deren Leben vor existenziellen Herausforderungen stehen. Sie werfen die Fragen auf, wie integer ein Mensch in einem absoluten Regime bleiben, welche moralische Schuld er ertragen kann, ohne zu zerbrechen, und zu welchem Preis es gelingt, die individuelle Freiheit zu bewahren.

Die vier Geschichten

Heshmat ist ein vorbildlicher Ehemann und Vater, jeden Morgen bricht er sehr früh zur Arbeit auf. Wohin fährt er? Pouya kann sich nicht vorstellen, einen anderen Menschen zu töten, trotzdem bekommt er den Befehl. Kann es einen Ausweg für ihn geben? Javad besucht seine Freundin Nana um ihr einen Heiratsantrag zu machen. Doch dieser Tag hält für beide noch eine andere Überraschung bereit. Bahram ist Arzt, darf aber nicht praktizieren. Als ihn seine Nichte Darya aus Deutschland besucht, beschließt er, ihr den Grund für sein Außenseiterdasein zu offenbaren.

Doch so einfach ist das nicht

In mir hat schon der Trailer des Filmes einen Satz in mir aufkommen lassen, der auf so viele Situationen und der Beurteilungen zu Zeit zutrifft: Denn so einfach ist es nicht. Egal ob bei den Corona-Maßnahmen, der Impfung, dem Klimawandel, den Taliban. Alles ist komplex und wer behauptet, er hätte eine schnelle, einfache Schuldzuweisung im Sinne von Gut und Böse oder dadurch eine Lösung, kann für mich nicht richtig liegen. Jede/er hat seine eigenen Entscheidungen, seinen Weg, seine Verantwortung zu finden. Viele Wege gegangen in Liebe werden aus dem Weg letztendlich den großen Weg des Wandels machen. Aber das braucht Zeit, Hingabe und Geduld.

Wie mutig und kompromisslos – auch angsichts der Gefährdung von Leib und Leben – man trotzdem handeln kann, zeigt die Geschichte zur Entstehung dieses Filmes.

Hintergrund zur eigentlich unmöglichen Entstehung des Films:

Mohammad Rasoulof ist einer der angesehensten und politisch aktivsten Regisseure des Iran. Seine kritische Auseinandersetzung mit dem Regime in Teheran führte dazu, dass er seit September 2017 nicht mehr das Land verlassen darf – ein Urteilsspruch, der bis heute gültig ist. Er wurde beschuldigt, die „nationale Sicherheit zu gefährden“ und „Propaganda gegen die muslimische Regierung zu verbreiten“. Er wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, einhergehend mit dem Verbot der Mitgliedschaft in jeder Art von politischer oder gesellschaftlicher Organisation. Diese Einschränkungen haben Rasoulof jedoch nicht davon abgehalten, Filme zu machen.

DOCH DAS BÖSE GIBT ES NICHT entstand ohne eine Produktionsgenehmigung durch den iranischen Staat, denn diese wäre, wie Koproduzent Kaveh Farnam erklärte, sowieso nicht erteilt worden. Stattdessen reichten er und Koproduzent Farzad Pak Anträge für die Dreharbeiten von vier Kurzfilmen ein, jeder in einer anderen Stadt. In den Anträgen waren jeweils andere Regisseur*innen und Drehbuchautor*innen genannt – Freunde des Filmteams, die mit ihrer Nennung in diesen Anträgen ebenfalls ein großes Risiko eingegangen sind.

Mohammad Rasoulof leitete die Dreharbeiten, wo immer es verantwortbar war, teilweise war er durch eine Verkleidung unkenntlich gemacht. An manchen Drehorten, z. B. am Teheraner Flughafen, konnte er sich nicht zeigen, die Regiearbeit am Set wurde dort von der Regieassistenz übernommen.

Mohammad Rasoulof beschrieb in einem Interview, dass seine Drehtage immer mit einem Blick auf sein Smartphone begannen, immer in der Erwartung, die gegen ihn gerichtete einjährige Gefängnisstrafe könnte vollstreckt werden. Eine Woche vor Ende der Dreharbeiten traf dann tatsächlich die Benachrichtigung ein, dass die Gefängnisstrafe in erster Instanz vor Gericht bestätigt wurde. Die restlichen Drehtage fanden in der Unklarheit statt, wann der Gerichtsbescheid genau in Kraft treten würde, ein massiver psychischer Druck, den Rasoulof, wie er später erwähnte, ohne die Solidarität seines Teams nicht ausgehalten hätte.

Interview mit Rasulof hier

Hier zum Kinofinder

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Ein Kommentar zu “Filmtipp: Doch das Böse gibt es nicht
  1. Ein so passendes Feld, gerade jetzt. Möge dieser Film mit dazu beitragen, daß die Schuld- und die Täterfrage endgültig ein Ende in unseren Herzen findet und Raum gibt für die Geschichte unseres Gegenübers.
    Denn so unterschiedliche die Geschichten und Wege sind: die seelischen Lektionen, die existentiellen Entscheidungen und das Ringen um inneren und äußeren Frieden macht uns zu Menschen. Unterschiedslos.

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