Das FRAUENbuch ist da!
Von Grit Scholz. Schon 2019 hatte ich eine Rezension zum „MÄNNERbuch“ „huMANoid – Männer sind Menschen“ geschrieben und in der Zwischenzeit war Eilert Bartels, seiner Intuition gefolgt und hat, im gleichen Stil, dieses tiefschürfende „FRAUENbuch“ gemacht, welches im November 2021 erschienen ist.
Es war sein Bedürfnis, diese Sache, dass wir alle Menschen sind, rund zu machen, denn darauf läuft es schließlich hinaus, egal ob wir in einem weiblichen oder männlichen Körper stecken, egal welche Rollenbilder uns geprägt haben.
Es handelt sich um einen Bildband, mit Fotos von sechzehn Frauen, unbekleidet, authentisch, natürlich auf wunderbare, einfühlsame und professionelle Weise fotografiert von Anja Schröder und Martin vom Gasometer-Studio. Begleitet werden diese Fotos von ausführlichen Interviews, die sehr intim sind und nicht nur den eigenen Körper betreffen, sondern auch die Sexualität, die Kindheit, das Verhältnis zu den Eltern und das Beziehungsleben.
Es ist diesem Buch wunderbar gelungen, mich als Leserin tief zu berühren, mich innerlich aufzuwühlen und tiefen Respekt vor diesen mutigen Frauen zu empfinden, die sich an diesem Buchprojekt beteiligt haben. Deshalb an dieser Stelle ganz herzlichen Dank, an euch Frauen, für die ganz persönlichen und intimen Einblicke in euer Leben, euer SoSein!
Jetzt schiebe ich eine „Warnung“ ein, denn alles was nun kommt, ist sehr subjektiv, was eine Rezension eigentlich nicht sein sollte. Ich denke aber, dass es in der neuen Zeit nicht mehr um Allgemeinplätze geht, sondern darum Farbe zu bekennen, sich selbst zu spüren und sich auszudrücken. Denn ich meine, dass unsere Individualität, unsere Subjektivität etwas Wesentliches ist, was wir in der neuen Zeit brauchen. Nicht umsonst nimmt jeder Mensch die Welt durch seine ganz individuelle „Brille“ wahr, die aus seinen Prägungen und Erfahrungen geformt ist, denn das Leben, die Wahrheit hinter ALLEM, ist nur zu erahnen, wenn wir diese Vielfalt und Unterschiedlichkeit als Resonanzfläche verstehen. Indem wir keine Gleichmacherei anstreben, sondern die Wertschätzung der Unterschiedlichkeit entdecken. Denn wir sind alle Aspekte des EINEN und wenn wir das EINE erkennen wollen, macht es Sinn, in ALLE Aspekte zu lauschen, sie zu verbinden, sie als wahren Teil eines Ganzen zu betrachten – ohne etwas davon abzuspalten, oder hinweg zu fegen.
Dieses Buch machte etwas mit mir und so wird es meiner Meinung nach mit jedem Menschen etwas MACHEN, es wird Prozesse auslösen und die werden sehr, sehr unterschiedlich sein, ganz subjektiv eben.
Denn wir geraten an unsere eigene Substanz, wenn wir es wagen, offen zu sein und zu fühlen, was für ein Geschenk diese tiefen Einblicke in intimste Bereiche anderer Menschen für uns bedeuten können. Fast als hätten all diese Frauen uns eine Arbeit abgenommen, als wären sie uns einen Schritt voraus gegangen und wir könnten nun, auf dieser Basis einen großen Sprung wagen.
Ich komme nicht umhin, gleichzeitig an das „Männerbuch“ zu denken, denn auch das hatte mich auf ähnliche Art und Weise ergriffen und mich zutiefst bewegt, insofern lässt sich mein persönliches Erleben tatsächlich 1:1 vergleichen, es hatte den gleichen Effekt – sicher, weil es sich auf das Menschliche konzentriert, weniger auf die Geschlechterrollen.
Was mich persönlich schockiert hatte, war, dass mir nachdem ich das Buch zugeklappt hatte der Satz kam: „Egal ob Männlein oder Weiblein, das Elend hinter den Kulissen ist gleich groß.“
Doch nachdem ich das gedacht hatte, wurde mir auch klar, dass das „Männerbuch“ mir tatsächlich jeden einzelnen Mann nahe gebracht hatte, auf eine Weise, wie ich es bisher kaum kannte, in Bezug auf Männer. Das empfand ich als riesiges Geschenk! Es war sozusagen NEU für mich, zumindest in dieser Bandbreite, an so viel Offenheit und Intimität von Männern teilhaben zu dürfen.
Ein Buch für mehr Verbundenheit, Verständnis, Wertschätzung
Bei dem „Frauenbuch“ war diese Offenheit und Intimität nicht so NEU für mich, weil ich selber Jahre lang Frauenworkshops geleitet habe, bei denen auch Körperlichkeit und Sexualiät im Fokus standen. Ich kenne also Sharing-Runden und durfte schon an zahlreichen Lebensgeschichten und Hintergründen von Frauen-Menschen teilhaben.
Was mich an dem Buch so aufgewühlt hatte war, dass es bei fast allen Frauen Missbrauch, körperliche oder psychische Gewalt vom Vater oder auch der Mutter gab und fast alle ihren Vater nie so richtig spüren konnten. Sich nicht gesehen fühlten und es vermissten, dass die Väter selbst Gefühle zeigten, oder auch die Mütter. Diese Tatsache hat mich irgendwie schockiert.
Andererseits kann so ein Buchprojekt auch nicht als Ausgangsbasis für irgendwelche Hochrechnungen dienen, das hatte mich dann wieder etwas beruhigt. Denn es ist nur natürlich, dass Menschen, die krasse Erfahrungen in ihrer Kindheit hatten, sich, wenn alles gut läuft, bewusster mit sich selbst auseinander setzen, als andere Menschen. Insofern ist anzunehmen, dass sich in besonderem Maße diese bewussten Menschen, die sich auf den Weg machen mussten, sich mit sich selbst, ihrer Körperlichkeit und ihrer Sexualität auseinanderzusetzen – angesprochen fühlten, bei diesem Buchprojekt mit zu machen.
Insofern sehen wir hier einerseits ein breites Spektrum, von ganz unterschiedlichen Frauen und doch haben sie alle auch Gemeinsamkeiten. Die Frauen, die an diesen Stellen ganz anders sind, würden sich vielleicht auch nicht zum Mitmachen, bei solch einem Projekt berufen fühlen.
Für mich war dieses Buch eine große Bereicherung, als dass es mir noch mal mehr bewusst gemacht hat, wie unglaublich unterschiedlich Welten sein können, erfahren wurden und erfahren werden. Obwohl wir alle die gleiche Realität miteinander zu teilen scheinen – ist dies in mehrfacher Hinsicht der größte Irrtum.
Jeder Mensch ist ein eigenes Universum und die Menschen, die ähnliche Prägungen hatten, haben oft mehr Gemeinsamkeiten, ähnliche Muster, ähnliche Glaubenssätze, ähnliche Erfahrungen und Sichtweisen.
Doch genau in dieser Prägung, können wir eben auch so verschieden sein, dass wir uns anderen sehr fremd fühlen – die nicht aus der eigenen Prägungsmatrix stammen.
Ein Blick hinter die Kulissen der Menschen, die uns vielleicht fremd erscheinen, die wir beurteilen, oder verurteilen, weil wir sie nicht fühlen können, ermöglicht wahrhaftes sehen und erkennen, schafft Verbundenheit, Verständnis, Wertschätzung – das ist etwas, was ich mir für die Zukunft der Menschheit von Herzen wünsche. Und dieses Buchprojekt sehe ich als wesentlichen Baustein für diese Vision.
Grit Scholz www.wesentlich-blog.de
Das Buch „WOMANoid Frauen sind Menschen“ bestellen hier.
Zur Webseite von Eilert Bartels hier.