Notfallpaket: Eintauchen in das Feld der Heilpflanzen
Es waren schon immer viele Informationen, die auf uns einströmten. Uns wurde beigebracht, daß es richtige und falsche Entscheidungen gibt – und folglich lernten wir, zu unterscheiden und Position zu beziehen. Diese Dynamik hat in den letzten Jahren enorm zugenommen, und auch die Polarisierung unter den Menschen und die Verfestigung der Standpunkte. Zugleich gibt es in uns eine tiefe Sehnsucht nach Einigkeit und Harmonie, nach Fließen und Entfalten.
Dieses zutiefst lebendige Bedürfnis wird durch die kollektive Dynamik derzeit immer mehr verhindert. Doch für unsere körperliche und seelische Gesundheit ist dieses Gelöstsein, Verbundensein, Infriedensein ganz essentiell.
Daher möchte ich heute noch einmal explizit auf die Möglichkeiten eingehen, mithilfe der Pflanzen zu einer Balance zwischen innerer Zentriertheit und atmender Durchlässigkeit zu gelangen. Ich setze dabei an den körperlichen und seelischen Reaktions-Mustern an, mit denen derzeit sehr viele Menschen zu tun haben.
Die Schafgarbe sagt: So sei es
Die Angst vor existentieller Bedrohung ist der Haupttrigger dieser Zeit. Wer bleibt schon ruhig, wenn der Massentod an die Wand gemalt wird ? Wie reagiert unser System auf diese Nachricht ?
Zunächst erreicht uns ein „dumpfer Schlag“ – eine Information von enormer Stärke und Übermacht. Dieser Schlag versetzt unser System in enorme Bewegung – Flucht oder Verteidigung ist einerlei – es besteht ein dringender Impuls, zu handeln, zu verhindern, sich vorzusehen.
Die Herzfrequenz ist erhöht, das Nervensystem und der Muskelapparat wie auch die inneren Organe sind unter hoher Spannung, die sich früher oder später entlädt. Diese Entladung ist nicht geordnet sondern chaotisch, in viele Richtungen und enthält ihrerseits auch eine große Wucht. In der Regel richtet sich die Entladung nach außen, auch wenn die Bedrohungen in einer Größenordnung liegen, die wir faktisch gar nicht beeinflussen, geschweige denn kontrollieren können.
In der Chinesischen Medizin assoziieren wir einen solchen Zustand mit dem Feuerelement. Hysterie, wirre Gedankenströme, ein starkes Agieren zeigen sich auf seelischer und Verhaltensebene.
Die Schafgarbe (Achillea millefolium) signalisiert bereits mit ihrem eigentümlichen Duft, mit ihren zart gefiederten Blättern und ihren tausendfach angeordneten Blütenköpfchen Öffnung, Vielschichtigkeit, Hingabe. Ihr tiefblaues ätherisches Öl, das reich enthalten ist im Destillat, führt uns in feinstoffliche Sphären, in die Vielschichtigkeit des Seins und letztlich in die reine Hingabe.
Das Loslassen, das Getragensein, das sich erst nach dem Loslassen einstellen kann, die Fügung und das Vertrauen in den Fluß des Lebens stellen einen heilsamen Konterpunkt zur panischen Aufregung her, die vorher herrschte.
Der Salbei geleitet zur natürlichen Ordnung
Da, wo es „starke Ansagen“ und in der Folge eine zunehmenden Polarisierung in deinem Umfeld gibt, da gibt es auch viele unterschiedliche und widersprüchliche Informationen. Seit Jahrtausenden ist der Mensch auf der Suche nach „der einen und einzigen Wahrheit“ – und scheitert weiterhin kläglich. Die meisten haben längst für sich angenommen, daß wir als Menschen nicht vermögen „das Absolute“ mit dem Verstand zu erfassen, daß jede Sichtweise immer auch gebunden ist an eine Teil-Perspektive des Ganzen.
Freilich erscheint es in Zeiten wie diesen einfacher, sich für eine der Perspektiven zu entscheiden, Partei zu ergreifen und zur jeweiligen Gruppe zu gehören. Doch selbst wenn wir es nicht aushalten, einfach nicht „die ganze Wahrheit“ zu kennen und uns vormachen, „den einzig richtigen Weg“ gewählt zu haben, schwingt in der Tiefe doch ein Gefühl von Verwirrung und Orientierungslosigkeit.
Meine Begegnung mit dem Salbei eröffnete mir eine Art der Klärung und Strukturierung, die keinen Absolutheitsanspruch braucht. Ein Stück weit schottet er mich ab gegenüber allzu starker Überflutung von außen, führt mich mit der ihm eigenen Festigkeit in mein inneres, seelisches Zentrum, an dem ich Halt in mir selber, in den so vielfach erfahrenen Begebenheiten finden kann, die ich bereits gemeistert habe. Der charakteristische Duft des Destillats, der holzig, harzig, blumig ist und klar, fördert diesen Vorgang. Von hier aus betrachtet ist das Subjektiv, das „ich für mich“ friedvoller, bedarf keiner Partei, Mehrheit oder Legitimation. Aus dieser persönlichen Verankerung heraus, der Verankerung in meiner Geschichte, in meiner Wesensart, kann ich erkennen und ordnen, was für mich jetzt relevant und wichtig ist. Ich kann – mich selbst als Bezugspunkt wahrnehmend – eigene Strukturen wiedererkennen und ordnen.
Die kompromißlose Präsenz des Sonnenhuts
Ähnlich – und doch anders – setzt der Sonnenhut an. Wo es beim Salbei um Ordnung, Unterscheidung und Struktur geht, da geht es beim Sonnenhut um Räume und Grenzen. Mein Raum. Und der Raum der anderen.
Er richtet sich eher an das Gefühl der Ohnmacht und der Grenzüberschreitung, das viele von uns derzeit betrifft. Hier geht es um den Umgang damit, daß wir abhängig voneinander sind, daß das Verhalten des einen Auswirkungen auf das Leben des anderen hat.
Die Verfassung, in die wir geraten, wenn andere über uns, unser Leben, unsere Sicherheit bestimmen können, ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich: Die einen werden aggressiv und gehen in eine Abwehrhaltung. Verurteilen die Handlungen des Gegenübers, suchen sie zu unterbinden. Die anderen erstarren in Passivität, werden immer kleiner und enger.
Doch ganz grundsätzlich werden Räume verzerrt: Eigenräume.
Körperlich zeigen sich die Reaktionen in der Atmung, in der Verdauung und auf der Haut. Es geht – aus der Sicht der TCM – um eine Störung im Metallelement.
Der Sonnenhut mit seinen purpurroten, fast handtellergroßen Blüten und seiner beeindruckenden, bizarr anmutenden Mitte stellt eines klar: „Ich bin jetzt hier“.
Er steht sehr aufrecht (auf Aditi wird er bis zu 1,60 Meter hoch), seine relativ festen, leicht kratzigen Blätter unterstreichen diesen Raum, diesen Standpunkt. Wenn ich die Blüten ernte und mitten in diesem Feld stehe. Richte auch ich mich auf, bin ich sehr präsent in meiner Aufgabe. Der Sonnenhut erlaubt mir nicht, mehrere Blüten auf einmal zu schneiden. Mit größter Sorgfalt muß ich jede einzelne Blüte am Blütenboden fassen, vorher prüfen, ob bereits eine Biene die Blüte in Beschlag genommen hat und dann einen sicheren Schnitt ausführen, ohne Knospen und Pflanze zu verletzen.
Die Pflanze selbst hat einen sehr unscheinbaren Duft – er entfaltet sich erst bei der Destillation. Und auch der harzig blumige Geschmack des Destillats tritt erst hervor, wenn der Sonnenhut in den ätherischen Zustand übergetreten ist.
Die Klarheit über den eigenen Raum – und zugleich auch über seine Grenzen – vermag das seichte, unwohle und haltlose Gefühl von Ohnmacht zu moderieren. Einerseits festigt sich das System – Abwehrkräfte, Wahrnehmung, Sehschärfe – andererseits wird es wach und durchlässiger für die Ortung des Gesamtraumes, von dem ich nur einen kleinen Teil besetze. In der derzeitigen kollektiven Lage halte ich das Sonnenhut-Destillat für das angezeigte Mittel schlechthin.
Ich habe aus ihm sogar eine Kombi – innerliche Anwendung, Anwendung auf der Haut und Tee – als Immun-Special zusammengestellt.
Wermut: Radikal aufräumen
Nun ist die ersehnte Erleichterung, das friedvolle Loslassen und die vertrauensvolle Hingabe oft ja nicht nur durch äußere Reize verhindert. Oft halten wir selbst im Inneren an Überzeugungen, Erfahrungen und Gefühlen fest, die längst nicht mehr als Orientierungspunkte dienen sondern einfach nur noch belasten.
In Form von „Steinen“ – Nieren- und Gallensteinen – aber auch in Form von Verschleimungen, Abszessen und Geschwüren – findet diese innere Erstarrung ihren körperlichen Ausdruck. Seelisch und sozial zeigt sich diese hinderliche Verfasstheit in Rechthaberei, in Konflikten, die aufrecht gehalten werden, in Frustration und Kampfansagen.
Beim Wermut, der in sich geballte Transformationskraft trägt (in der TCM dem Feuerelement zugeordnet), habe ich keine Chance, diese Ungeheuer der Vergangenheit aufrecht zu erhalten. Vielmehr konfrontiert sie (!) mich in ihrer fast psychedelischen, silbrigen Erscheinung, in ihrer flammenden Gestalt mit so viel Bitterkeit, mit so viel Bewegung, daß ich herausgerissen werde aus meinen eigenen, erstarrten Strukturen, daß sich lösen kann, was unerträglich geworden ist.
Das in den Destillaten enthaltene schwarzgrüne, ätherische Öl ist von solcher Dichte und Bedingungslosigkeit, daß ich beim Destillieren immer wieder mit großer Ehrfurcht staune… Regelrecht mild erscheint das Destillat als Ganzes, wenngleich hinter dem reichen, leicht süßen Aroma doch ein Hauch von Bitter steckt.
Sie räumt radikal auf, klärt mein System in die Gegenwärtigkeit hinein und gibt mir sogar den Schwung, mich in das Werden zu stürzen.
Wie nehme ich die Pflanzenkraft am besten auf ?
Es gibt viele Wege, sich das kraftvolle und ausgleichende Feld der Heilkräuter zunutze zu machen. Der einfachste Weg ist, der Pflanze draußen in der Natur zu begegnen – sinnlich und geistig. Sich viel Zeit und ungestörten Raum zu nehmen, die Pflanze zunächst physisch, dann feinstofflich zu erfassen – und einzulassen. Das erfordert allerdings etwas Übung und auch die richtige Jahreszeit.
Alternativ sind Aufgüsse (Tees) oder Räucherungen der getrockneten Pflanzen ein altbewährter Weg, den Pflanzengeist freizusetzen und sich in seine Obhut zu begeben.
Ich hatte im März 2020 schon einmal ein kleines „Notfallpaket“ geschnürt – Vier Kräuter für bewegte Zeiten. Hierin sind Schafgarbe, Salbei, Sonnenhut und Ysop enthalten. In der heutigen Zusammenstellung habe ich den Ysop durch den Wermut ersetzt.
Der Ysop fördert unsere übergeordnete Wahrnehmung und hat sich – zahlreichen Kundenbewertungen zufolge – auch als Antidepressivum bewährt. Zwei Jahre später stehen wir an einem anderen Punkt. Die Reflektion und Auflösung aller inneren Barrieren, wie sie das Wermut-Destillat befördern kann, sehe ich derzeit als vorrangig an. Wenn Du diese Vierer-Kombination mit Vermut statt mit Ysop bestellen möchtest, schreibe es am Ende des Bestellvorgangs gerne in die Anmerkungen.
Evelin hütet seit 5 Jahren der Berg „Aditi“ in Oberfranken. Dort arbeitet sie mit Permakultur und baut – ohne den Einsatz von Maschinen und in reiner Kreislaufwirtschaft – die traditionellen Heilkräuter unserer Heimat an. Aus den Kräutern stellt sie kostbare Kräuteressenzen her, die auf offenem Feuer in großen Kupferdestillen gewonnen werden. Als Kräuteressenzen zum Einnehmen und als Variation für die Anwendung auf der Haut kommt die heilsame Energie dieser vollkommen zusatzfreien, hochwirksamen Pflanzenprodukte auch zu Dir. Vier mal im Jahr gibt es Praxiswochen zu Destillation und zu Permakultur auf Aditi, daneben kleine Wochenendseminare zur Anwendung der Phytotherapeutika im Sinne der TCM (Traditionelle Chinesische Medizin).
So schön, Evelin, Herzensdank für die Fülle deiner Zugänge – deine Arbeit, dein Spüren, Wissen, Weitergeben. Ich bin durch deinen ausführlichen Beitrag jetzt noch tiefer verbunden mit meinem Wildkräuter-Grün, das ich in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren täglich frisch meinem Körper anbot. Der es LIEBTE. Und liebt. Darin waren wahre Berge von Schafgarbe. Über die du hier so anschaulich sprichst. Und der Sonnenhut – ruft mich. Was bewegend ist, denn diese Blüte könnte mich aus meiner früheren Körpernot mit Korbblütern herausführen. Das ist mir ein wunderbarer Heilimpuls, mich mit dem Wesen der Sonnenhut-Blüte zu verbinden!
Liebe Miriam, danke Dir für deine Worte und Verbundenheit.
Wenn dein Körper so lange schon Wildkräuter bekommt, wird er dem Sonnenhut ganz sicher gewachsen sein ! Zumal der Sonnenhut nicht einfach nur „stark“ im Sinne von „klar“ ist – sondern aufgrund dieser Klarheit auch außerordentlich durchlässig…
Berichte von deinen Erfahrungen !
Herzlich, Evelin