Sabine Mehne – Das Licht in mir


„Ich habe erlebt, dass ich ohne Körper existieren kann.“ | Sabine Mehne. Durch das Blitzlicht begegnete mir Sabine Mehne im zweiteiligen ARD Dokumentar Film „Sterben wie ich will“. Nun beschenkt mich ein weiteres Teilen der strahlenden Sabine Mehne. In einem ausführlichen Interview wird ein erweiterter, tieferer Zugang zu ihrem Erleben, ihren Einsichten, ihrem Sehen und Verstehen so sehr lebendig anschaulich. Was auch im Film zur Sprache kommt, ihre Nahtoderfahrung 1995 in der frühen Zeit ihrer schweren Erkrankung, ist hier im Interview ihr zentrales Thema. Eine KommentatorIn schreibt dazu: Ich höre dieses Gespräch wie eine wunderschöne Melodie, ganz zart, ganz weit – ein Horizont, der mit dem Himmel verschmilzt in einem sanften, liebevollen Licht.

Zwei Ausschnitte aus Sabine Mehnes leuchtendem Erzählen:

„Die Ehrlichkeit, über Nahtoderfahrungen wirklich zu sprechen ist ja etwas Heiliges, das braucht auch einen Raum. Und dieses Geplapper, und dieses mal eben schnell und Spirit to go und Nahtoderfahrung light: Ich hab ja mein Nahtodkabarett nicht umsonst gespielt, ich hab mich ja selber auf die Schippe genommen. Aber wenn wir wirklich ganz zurückgehen auf das, was es ist – und das war ja das bei dem Lebensfilm* – dann erkenne ich das Licht in mir. WOW! Und das ist wirklich fast niederschmetternd. Und dann komm ich zurück ins Leben und muss erst mal wieder gesund werden. Dann sind da drei kleine Kinder. Dann ist da das ganze Leben mit allem Drum und dran. Und trotzdem ist, mir jedenfalls, dieser Moment nie verloren gegangen. Aber mich zu trauen, ihn wirklich zu zeigen, das ist nochmal eine andere Nummer. Weil, ich hab auch erlebt, dass manche Menschen sich überschüttet fühlen, wenn ich so liebevoll bin. Die können es gar nicht aushalten. Dann nehm ich mich wieder zurück und leb das in meinem Inneren.“

„Die Essenz der Nahtoderfahrung würde ich mir wünschen, wenn sie in der Hospizarbeit und in der Palliativmedizin und überhaupt beim Sterben noch mehr Berücksichtigung findet. Also nicht nur, wie lindern wir Schmerz, sondern wie können wir mit diesem geistigen Bereich und auch mit der Hoffnung, die die Menschen ja vielleicht auch brauchen, in einer sachlichen, liebevollen, neutralen Art und Weise umgehen. Ich glaube, ein Weg ist einfach, dass wir wie Sammler unterwegs sind. Wie sammeln einfach diese Schilderungen und Geschichten und werden nicht müde, sie immer wieder zu erzählen.

Hilde Domin hat so einen sehr sehr schönen Satz gesagt, sie hat mich oft begleitet: Nicht müde werden sondern dem Wunder leise wie einem Vogel die Hand hinhalten. Wir können doch am Sterben einfach nur dasitzen, nicht müde werden und dem Sterbenden immer wieder unsere Liebe hinhalten. Mehr können wir nicht machen. Und wenn wir das einfach weiter machen und uns immer mehr trauen, etwas sanfter und nicht in den Extremen, also nicht zu wissenschaftlich und auch nicht zu sehr spirituell oder esoterisch überhöht – so ganz normal und einfach. Weil das ist doch das Wunder wenn wir am Sterbebett sitzen. Die, die dann sterben öffnen doch den Lebenden die Augen und die, die leben, schließen den Sterbenden die Augen. Also setzt euch einfach an die Betten und schaut, was ihr seht und spürt!

Das können auch schon Jugendliche machen. Das kann man immer machen – wir sind frei. Vielleicht sollten wir auch da den Begriff der Nahtoderfahrung etwas erweitern, dass wir durchaus den Begriff der Transzendenzerfahrung verwenden, also diese mystische Dimension, dass wir die mehr in unseren Alltag reinlassen. Weil ich einfach erleben durfte, wie heißhungrig Jugendliche mit diesen Themen sind. Grade im Moment, die Jugendlichen sind ja so satt, sie haben alles an Materiellem, aber es fehlt ihnen an diesen Themen. Die Philosophen sprechen von einer metaphysischen Obdachlosigkeit. Aber der Hunger der Menschheit ist nach wie vor groß. Gerade Jugend, die Schulen, die Konfirmationszeit, das Erwachsenenalter: Ich war so viel in Schulen und durfte mit jungen Menschen sprechen. Auch im Elternhaus. Auch Eltern können dieses Thema, auch wenn sie es wollen, oft gar nicht abdecken, weil die Jugendlichen einfach in dieser Phase eine Größe des Denkens suchen und ersehnen, die oft reglementiert wird.“

Gerade diese Transformative, dieses Erweitern des menschlichen Bewusstseins, das ist glaub ich ein Urbedürfnis der Menschheit. Warum nehmen Menschen Drogen? Sie nehmen sie sicherlich nicht nur, um sich zu beruhigen, sondern sie nehmen sie doch auch um das Bewusstsein zu erweitern. Diese Dimension, wenn die mehr Platz bekommt als etwas ganz Selbstverständliches in der Trauerarbeit, in der Jugendarbeit, in den Schulen, auch in der Politik, in der Gesellschaft – ich wär so glücklich, wenn wir uns das im 21. Jahrhundert mehr trauen würden. Und wenn ich dafür einen Betrag leisten durfte mit meiner Arbeit, dann bin ich sehr sehr dankbar und kann glücklich sagen: Meine Aufgabe ist jetzt erfüllt.“

Danke Sabine Mehne!

………………….

* Hier bezieht sich Sabine Mehne auf das von ihr beschriebene Ereignis, des Konfronts mit ihrem eigenen Lebens“film“ im Erleben des Nahtodes.

Sabine Mehne (1957–2022) war lebensverkürzend erkrankt und setzte sich seit einer tiefen Nahtoderfahrung für das selbstbestimmte Sterben ein. Die Mutter dreier Kinder wirkte nicht nur als Autorin, Physiotherapeutin und systemische Familienberaterin, sondern war auch Mitbegründerin des Netzwerks Nahtoderfahrung e.V., nachdem sie in den 1990er Jahren infolge einer Krebserkrankung selbst eine Nahtoderfahrung erlebte. https://www.verlagsgruppe-patmos.de/lebe-gut/wir-trauern-um-unsere-autorin-sabine-mehne

Sharing is Caring 🧡
Posted in Heilung Verwendete Schlagwörter: , ,
11 Kommentare zu “Sabine Mehne – Das Licht in mir
  1. Anna Daskaloudi-Lampe sagt:

    Ich habe selten so einen wunderschönen Text gelesen. Danke für diese sehr tiefen und überaus wertvollen Gedanken. Ich bin sehr berührt. 🙏💫

    • Miriam sagt:

      Liebe Anna, wie schön von deinem Berührtsein zu wissen! Mir geht es wie dir. So hat mich diese Kostbarkeit im Zuhören unmittelbar dazu gebracht, Sabine Mehnes Erzählen aufzuschreiben und als newslicht zu teilen. Große Freude, von ihr so reich beschenkt zu werden!

  2. Ich verneige mich vor Sabine Mehnes Worten.
    Und ich sage DANKE!!
    Ich fühle mich inspiriert, eine Hospizausbildung zu machen.
    So darf ich meine Erfahrungen aus meiner Nahtodeserfahrung vom 21.3.1999 einbringen:-)

    Sabine Mehne: Ich wünsche dir eine wunderschöne Reise zu deiner Mutter und später, wenn es dich ruft, eine wunderbare Reise aus deinem Körper heraus hinein in die unsichtbare Welt.

    • Miriam sagt:

      Liebe Marion, wie wunderbar, dass ihr reiches Teilen sich mit deinem Erleben verbindet und dich zur Hospizausbildung inspiriert! Dein liebevoller Segenswunsch hat sich erfüllt – Sabine Mehne „starb“ am 30. November des vergangenen Jahres. Eben lese ich auf der Verlags-Website die Worte „Möge sie in Frieden ruhen“. Das traditionelle Wort „ruhen“ lässt mich lächeln und lächeln. Denn mein inneres Bild von ihrem Seele Sein außerhalb des materiellen, körperlichen Ausdrucks trägt sehr hohe lichtvolle Schwingung in sich. Erfüllt von Dankbarkeit an Sabine Mehnes Mensch Sein und die reichen Geschenke, die sie mit uns geteilt hat! Sonnengrüße

      • Ich danke dir liebe Miriam für deine Worte.
        Ich habe heute noch beide Dokumentation über Sabines Sterbefasten angesehen und ich bin zutiefst berührt.
        Ja! Selbstbestimmtes Sterben dieser Art ist ein Ausdruck von reiner Würde!

  3. Christoph M.M. Spanier sagt:

    Mich kostete es schon einiges an Überwindung, dieses Thema anzuklicken;
    mir war erstmal lieber „Michelle Yeoh“ anzuschauen.
    So bin ich um so dankbarer diese kostbare, extentielle Lehre vom Leben zu höhren und aufzunehmen. Auch die feine, autentische Art von Sabine Mehne half mir offen dafür zusein.
    Danke !

    • Miriam sagt:

      Wie wertvoll, lieber Christoph, dein erstmal-lieber-Michelle-Yohn“ für dich gelten zu lassen. Und wie schön, dass dann deine mutige Überwindung dir Kostbares geschenkt hat. Ich bin selbst so erfüllt und dankbar für Sabine Mehnes Teilen, ihr Strahlen, ihre Lehre. Das trifft es wirklich. Sie lehrt uns! Freu mich, von deinem damit Sein zu wissen. Herzlich, Miriam

  4. Björn S. sagt:

    „Weil das ist doch das Wunder wenn wir am Sterbebett sitzen. Die, die dann sterben öffnen doch den Lebenden die Augen und die, die leben, schließen den Sterbenden die Augen.“

    Soviel Weisheit in wenigen Worten. Wow! Ich bin tief berührt. Danke für’s Teilen hier bei den Newslichtern.

  5. Sylvia sagt:

    Einfach ohne Worte – tief berührend. So wichtig. Danke für die Erinnerung an dieses wunderbare Gespräch. Ich kann es immer wieder hören.

    Sylvia

  6. Sabine sagt:

    Danke für diesen Beitrag 🤍 Danke Sabine Mehne von Herzen 🤍 Große Seele, große Botschafterin 🤍🤍🤍🤍 DANKE!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Dein Kommentar wird nach der Prüfung freigeschaltet. Bitte beachte, Einschätzungen und Meinungen in Ich-Form zu formulieren und die AutorInnen zu wertschätzen. Nicht identifizierbare Namen (Nicknames), Kommentare ohne erkennbaren Bezug auf den Inhalt des Artikels und Links zu nicht eindeutig verifizierbaren Seiten bzw. zur Eigenwerbung werden grundsätzlich nicht freigeschaltet.