Beiträge zu Heiliges Feuer

Heiliges Feuer: Den Wandel mit Liebe annehmen

Foto: Sven Nieder

„Eines Tages, wenn die Welt es am meisten braucht, wird das heilige Feuer zu den Menschen am nördlichsten Punkt der Erde zurückkommen.“ Diese alte grönländische Prophezeiung hörte Angaangaq Angakkorsuaqs schon als Kind. Aber damals gab es nicht mal Sträucher auf der größten Eisinsel der Welt. Woher sollte das Holz für das Feuer kommen? Trotzdem trug der Schamane 40 Jahre die Vision des Heiligen Feuers im Herzen und am 17. Juli 2009 entfachte er es tatsächlich. Denn zum ersten Mal seit tausenden Jahren wuchsen aufgrund des Klimawandels wieder Bäume auf Grönland. 120 Weltbürger, darunter sechzehn Schamanen und Älteste aus allen Kontinenten nahmen an der Sacred Fire Ceremony zu Füßen des gigantischen Russels-Gletschers in der westgrönländischen Tundra teil. Ihre Botschaft: „Wacht auf! Werdet bewusst! Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren!“ Jetzt bringt der eindrucksvolle Bildband „Das heilige Feuer“ diesen Aufruf zu vielen Menschen.

Eine Pressekonferenz als Ritual

Angaangaq, Schamane und Ältester der Kaalalit-Eskimos zelebrierte auch die Pressekonferenz zur Vorstellung des Buches im Bielefelder Verlagshaus. Jeden einzelnen Besucher begrüßte er mit einer Umarmung und lässt sich den Namen nennen. Seine Präsenz, die 5000 bis 6000 Jahre alte Robbenölampe und seine kreisförmige Qilaut-Windtrommel ließen die Buchvorstellung zum Ritual werden. Er sprach ergreifend über die Entzündung des Feuers in der Lampe und wie er das Öl über das Holz goss. Einen Moment, der sich zu Ewigkeit dehnte, schien das Feuer zu verlöschen und er spürte den Zweifel über die Richtigkeit seines Tuns in sich wachsen. Doch dann, fast wie durch eine Explosion, ergriffen die Flammen das Holz. Das heilige Feuer brannte und seine Mission war erfüllt. Doch der Klimawandel ist da und mit ihm alle Befürchtungen. Für Angaangaq hat er folgende Ursache: „Das Große Eis schmilzt, 20 Zentimeter am Tag, weil wir unser Wissen nicht weise gebrauchen, weil unsere Herzen zu Eis erstarrt sind.“ Und sein Aufruf lautet: „Nur wenn wir das Eis im Herzen schmelzen, werden wir mit den Folgen der Erderwärmung umgehen können.“ Seine einfachen und doch tiefgehenden Weisheiten hat er in dem lesenswerten Buch „Schmelzt das Eis in Euren Herzen“ festgehalten. Darin schreibt er in vier Kapiteln über alle Gegebenheiten, welche die Feier, die Gaben, das Gleichgewicht und die Zeiten des Lebens ausmachen.

Feuer und Eis und Gebete für die Welt

Schamanen aus aller Welt waren bei der dreitägigen Feuerzeremonie zusammengekommen: Mohan Rai aus Bhutan, Maile Lama aus Nepal, Eduardo aus Bolivien, die Geschwister Rika und Yoshimaru Higa aus Japan, Dave Courchene und Art Cisneros, zwei nordamerikanische Indianer-Älteste, Mandaza Kandemva aus Zimbabwe, Wai Morgan von den Maori aus Neuseeland und Jane Goodall als UNO-Friedensbotschafterin. Aber wie schmilzt das Eis in den Herzen? Auch, weil das heilige Feuer nicht nur in Grönland brennt. Schon im Vorfeld der Zeremonie wurden überall auf der Welt Feuer entzündet, um für das große, globale Feuer im Norden zu beten und sich mit ihm zu verbinden. Knapp 200 Kuverts mit Asche streute Angaangaq in die Feuerstelle. Dafür, dass sich das physische auch mit dem kosmischen Feuer verband, sorgte Savjej aus Sibirien mit einem Ritual. Die Geister haben ihm gesagt, dass der Menschheit noch ein halbes Jahrtausend Zeit bleibe, um sich und Mutter Natur wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Eduardo, der koka-kauende Schamane aus den bolivianischen Anden ergänzt: „Wir müssen uns nicht um Mutter Erde sorgen, sie sorgt für sich selbst. Wir sollten sie dabei nur nicht behindern. Und wir sollten unsere Furcht verlieren.“ Und Angaangaq beschwört: „Wir müssen den Wandel in Liebe annehmen. Dann können wir kreativ sein und etwas Gutes daraus machen… Und wir beginnen mit einem Lächeln. Ein Lächeln bringt – ohne ein Wort zu verlieren – das Eis in den Herzen der Menschen zum Schmelzen.“

Hintergrund zum Buch:

Angaangaq, geb. 1947, gehört den Kalaallit-Eskimo aus Westgrönland an. Er ist ein international gefragter Repräsentant indigener Völker, u.a. als Delegierter bei der UN und UNESCO. Seine Arbeit verbindet westliche wissenschaftliche Erkenntnisse und das traditionelle Wissen der Eskimos. Seit der Feuerzeremonie trägt er den Ehrentitel „Angakkorsuaq“ – Großer Schamane.
Der 154 Seiten umfassende Bildband „Heiliges Feuer – Schamanen Älteste für die Welt“ ist eine mitreißende und umfassend bebilderte Reportage der dreitägigen Feuerzeremonie, die mit Portraits der beteiligten Schamanen und Ältesten aus aller Welt ergänzt wird. Sie alle versuchen die Menschen mit ihrem über viele Generationen überlieferten Wissen an eine demütige, respektvolle Haltung der Natur gegenüber zu erinnern. Das Buch wurde ökologisch korrekt gedruckt und als CO-2 Ausgleich Bäume gepflanzt.

Der Fotograf Sven Nieder absolvierte sein Studium der Fotografie an der FH Bielefeld. Er arbeitet international als freier Fotograf, Filmemacher und Dozent. Bücher sind für ihn trotz aller Vorteile der digitalen Medien am nachhaltigsten, weil sie anzufassen, zu riechen und zu lesen sind.

Die Autorin Angela Babel ist seit 1991 als Management Coach und Beraterin international tätig. Sie hat selbst an der Zeremonie auf Grönland teilgenommen. Das Heilige Feuer ist ihre erste große Autorenarbeit.

Dr. Christoph Quarch beschließt das Buch mit einem Essay über die Bedeutung des heiligen Feuers für die westliche Welt. Er ist Philosoph und spiritueller Sinnsucher aus Leidenschaft. Für das Buch „Schmelzt das Eis in Euren Herzen“ fungierte er Herausgeber.

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