Teil 9: Der Anfang vom Ende – und vom Anfang von allem
Die newslichter Fortsetzungsgeschichte Teil 9 – Kapitel 14 – Kaffee oder Tee?
„Guten Morgen, Frau Sandström. Kaffee oder Tee?“ Miras Kopf dröhnt. Ihr ist übel. Sie vermag kaum die Augen zu öffnen, hebt ihre Lider aber schließlich so, dass zwei sehr schmale Sehschlitze entstehen. Was sie sieht, verwirrt sie.
Es ist viel zu hell. Sie liegt offenbar in einem Bett. Einem Krankenhausbett…? Und die freundliche Lady im hellgrünen Schwesternkittel, die vor ihr steht, hat sie noch nie gesehen.
„Kaffee oder Tee zum Frühstück?“ wiederholt die junge Frau etwas zu laut.
Irgendetwas war hier grundsätzlich falsch. Wo waren die anderen? Ihr Kreis der Sieben?! Hilfe!!!!
Soll sie der Frau sagen, dass Sie nicht den leisesten Schimmer hat, wo und warum sie hier ist?
„Kräutertee, bitte…“ krächzt Mira.
Noch nie hatte sie sich so als Teil des großen Ganzen gefühlt wie noch gerade eben. So eins mit sich und Allem. Noch nie war sie so klar in Führung gegangen im großen heiligen Muster. Wie, bitteschön, hatte sie aus diesem Zustand jemals herausfallen können?
Die Krankenschwester stellt den Tee ab, geht hinaus, auf fußgesunden Schuhen federnd. Schließt leise die Tür hinter sich.
Miras Blick fällt auf ihre Hände. Da liegt etwas zwischen ihren Fingern. Es fühlt sich weich an. Sie schaut genauer hin. Es ist etwas äußerst Vertrautes, Gemustertes. Es ist das gewebte Band, an dem sonst ihre Türglocke hängt.
Sie liebt dieses Muster zutiefst. Es ist ein siebenzackiger Stern auf rotem Grund, gewebt aus Fäden verschiedenster Farben und Strukturen. In der Mitte des Sterns ist eine kleine Form eingewebt, die einem Kristall ähnelt.
Wenigstens irgendeine Verbindung zur Normalität, denkt Mira. Ein Band, an dem sie sich festhalten kann.
Es ist ihr Türglockenband. Es ist das Band der Weberin. Das Band für die Auserwählten, das völlig zeitlos irgendwann zu einem kommt.
Sie weiß tatsächlich nicht mehr, wie das Band einst seinen Weg zu ihr fand. Nur, dass es lange Zeit schon ihre Türglocke zierte – sie erinnert sich aber, dass die Weberin gerade eben bei ihr zu Hause die Tür geöffnet hatte – und Mira in diesem Moment von einer unglaublichen Energiewelle niedergestreckt wurde. Mächtiger als alles, was sie jemals erlebt hatte. Und sie dann offenbar hier gelandet war. War sie dabei, durchzudrehen? War das hier überhaupt real?
„Es ist nicht wichtig, was real ist.“ sagt plötzlich eine Stimme von der anderen Seite des Raumes.
Mira dreht erschrocken ihren Kopf. Im anderen Bett liegt eine ältere Frau. Mit weißem Haar, sehr junggeblieben, präsent, strahlend. Die legendäre Weberin. Hatte sie nicht eben noch vor Miras Tür gestanden?
Mira muss blinzeln, denn sie sieht leuchtende Formen und Strukturen rund um die Weberin, die mit angenehmer Stimme zu ihr spricht. Die Erscheinungen gleichen den fraktalen Mustern aus der Chaos-Theorie.
„Die Dinge mögen Dir nicht logisch erscheinen, meine Liebe. Aber Du kannst darauf vertrauen, dass sich alles zum Besten entwickelt. Zu DEINEM Besten, zum Besten von uns allen. Du bist hier, weil dein Körper einiges zu integrieren hat. Du bist immer wieder ohnmächtig geworden, hast niemanden mehr erkannt. Ich bin hier, um Dir zu sagen, dass es dazugehört. Das größte Licht wird für die erfahrbar, die aus dem tiefsten Dunkeln kommen. Es gibt für Dich noch ein paar Dinge zu klären im Dunkeln. Ruh dich aus. Jegliche Zeit ist außer Kraft gesetzt. Wir sind bei Dir. Du kommst einfach zurück, wenn es soweit ist.“
Mira hat Tränen in den Augen. Von dem speziellen Licht, dass um die Weberin wabert und auch von den kringelnden Mustern, die so überwältigend schön sind, dass sich alles in Ihr zu einem großen, tiefen Schluchzer formiert. Sie hat Tränen in den Augen, weil es tatsächlich noch etwas zu erledigen gibt, bevor alles nur noch weit, lichtvoll und verbunden sein darf. Bevor sie zurück kann in den geliebten Kreis.
Als Mira die schweren Lider zufallen, sieht sie noch, wie Flimm plötzlich aus dem Nichts auftaucht und leichtfüßig zu ihr aufs Bett hüpft. Dann schwebt Mira ins Dunkle.
Super! Ein guter Twist, ein überraschendes Kapitel! Danke, liebe Iris! ✨