Dem Winter vertrauen lernen
In der Jahreszeitenqualität des Winters geht es darum, nach innen zu gehen. Nicht weiter wachsen, nicht weiter ernten, nur still sein und nach innen lauschen.
Dabei wird die Bewegung eine inwendige: Das Neue entsteht von innen heraus. Es braucht den Stillpunkt, die Zeit zwischen den Jahren, die Schwelle zwischen dem Bekannten und noch nicht Vertrauten, um dem Neuen wirklich entgegenzugehen.
Auf diesem Weg kann das Jahresrad – das Europäische Jahresrad nach Ursula Seghezzi – wertvoller Anker sein: Es erzählt uns die Geschichte davon, dass der Winter schon zum 01. November beginnt und nicht, wie im Kalender vermerkt, erst am 21. Dezember. Sondern dass vielmehr der 01. November der Übergang vom Herbst in den Winter ist.
Die Novemberstürme kommen
Die Novemberstürme nehmen zu, das Vertraute wird im Leben weggefegt, wir sind aufgerufen, wirklich nach innen zu gehen und uns die relevanten Fragen zu stellen: Was trägt, wenn nichts mehr trägt? Nach innen gehen und still werden.
Und es ist das Lauschen,
das Lauschen,
das deinen Tag zu wenden
vermag.
Sabrina Gundert
Die Winterzeit in ihrer Essenz fragt nicht danach, wer du bist und was du geschafft hast. Sie lädt dich ein, die Hände auszuleeren und mit offenen, leeren, noch nicht festhaltenden und wollenden Händen dazustehen.
Gar nicht so einfach und oftmals das Schwierigste, was uns passieren kann. Wir sind es nicht gewohnt, nicht zu wissen. Wir sind unvertraut damit, keine Lösungen zu haben und im Außen wird genau das von uns gefordert. Wenn wir nicht weiterwissen – sollen wir mehr machen. Wenn wir noch keinen Ausweg sehen, einen finden.
Das Heiligste an diesem Punkt
Doch was, wenn das Heiligste und Vertrauensvollste in dieser Zeit wäre, wirklich dazustehen und zu sagen: Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht, wie es weitergeht. Ich habe noch keine Ahnung.
Es sind die Rauhnächte, die in den letzten Jahren einen ordentlichen Schub und Hype erfahren haben. Wir sind eingeladen hier eine Karte zu ziehen, dort ein Ritual zu machen, hier eine Übung. Die Zeit, die eigentlich der Zeit zwischen den Jahren entspricht und wirklich einlädt, still zu werden und nicht zu wissen, wird erneut mit der Suche nach Antworten überfrachtet – wenn auch auf spirituelle Weise.
Können wir es aushalten, nicht zu wissen? Gerade in dieser Zeit, mit leeren Händen – ohne Journal, ohne Rauhnachts-Kartenset, sondern mit unserem offenen Herzen und mit der Weite des Himmels über uns in einer kalten Dezembernacht dazustehen und zu lauschen? Auf die Stille, die da ist, auf das Raunen, das hieraus entsteht. Und auf das Neue, das danach kommen will.
Aber erstmal müssen wir uns leer werden. Müssen still werden nach dem tiefsten Punkt am 21. Dezember. Das Ausatmen wirklich wirken lassen, um dann zum Jahresbeginn oder in den Wochen danach von Neuem einzuatmen.
In der Stille zeigt sich das Neue
Es ist die Stille, die das wirklich Neue gebiert. Es ist das Vertrauen in das Nicht-Wissen, das das Blatt zu wandeln vermag. Nicht das Wiederholen des Alten. Nicht das Festhalten an bekannten Wegen.
Das Neue kann erst entstehen, wenn wir das Alte verloren haben. Es braucht die Zeit dazwischen, um auf die Antworten zu kommen, die wahrhaft tragen. Die nicht aus dem bekannten Geist entstanden sind, sondern aus dem vertrauensvollen Neuen.
Aus der Leere, dem Nicht-Wissen und all den Qualitäten, die wir in diesem Winter wieder schulen können. Es lohnt sich, vertraut zu werden mit ihnen, denn wir werden sie brauchen. In den Zeiten, in denen das Chaos sich erhöht, ist es gerade das Nicht-Wissen, das uns aus uns heraus neue Antworten schöpfen und vertrauensvoll unbekannte Wege gehen lässt.
Das wünsche ich dir für den Winter, wie für dein ganzes Jahr.
Nach innen lauschen
Viel weiter lauschen,
viel tiefer gehen,
als ich es sonst im Jahresverlauf getan habe.
Viel weiter nach innen reichen,
viel mehr bei mir ankommen,
als ich es jemals tat.
Winter.Sabrina Gundert
Guten Morgen Sabrina, vielen Dank für deine Gedanken. Deine Zeilen sprechen mir aus dem Herzen und machen mir Mut meinen einfachen, leisen und unaufgeregten Winterweg zu gehen.
Herzliche Grüße aus Unterfranken
Andrea
Liebe Andrea,
das hast du finde ich sehr schön beschrieben: einfach, leise, unaufgeregt.
Ich musste dabei an einige Zeilen denken, die ich gestern im Telegram-Kanal bei mir gepostet habe. Ich stelle sie dir mal hier rein:
Eine Kundin hat mich vor einigen Jahren nach der Rituale-Ausbildung sehr inspiriert. Sie erzählte davon, dass sie sich mit Beginn des Winters von allen regelmäßigen Gruppen abgemeldet hat (Hobbies, Vereine, etc.) und mit Beginn des Frühlings wieder angemeldet hat. Damals habe ich ihren Mut bewundert, denn die meisten haben ihre Entscheidung natürlich nicht verstanden. Sie wollte sich jedoch zurückziehen und wirklich Zeit für den Winter nehmen.
Ich habe das dieses Jahr auch gemacht und mich mit Beginn des Novembers von einigen festen Terminen verabschiedet. Es tut so gut, in dieser Zeit wirklich in die Dunkelheit und Stille zu gehen und den Winter als Winter zu erfahren: reduziert, zurückgezogen, aufs Wesentliche beschränkt.(…)
Herzlich, Sabrina
Wunderbare Worte… wie für mich gerade gemacht… ohne christlich zu sein bin ich gerade sehr bei, dein Wille geschehe, – oder , mit dem Fluss gehen oder auf den nächsten Samen warten.. wo will es hin mit mir? Danke
Danke dir, Claudia, für diese Zeilen.
Sich hingeben und – mein Lieblingswort – sich anheimgeben kommt mir da noch.
Einen stillen Winter für dich,
Sabrina
Leere und Nicht-Wissen aushalten. Wunderschön….Danke Sabrina.
Herzlich, Astrid
Der Still-Punkt, so schön ✨
Danke Sabrina
Danke euch, liebe Svenja Yvonne und liebe Astrid fürs Nachklingenlassen der einzelnen Worte. Das gibt Raum.
Herzlich, Sabrina
wieder einmal- Danke- mein Gefühl sagt mir genauso soll es sein und nun ist auch die letzte kleine Unsicherheit weggefegt- es darf werden 💫
Liebe Sabrina,
ich danke dir von Herzen für deine tiefgreifenden Worte, die mich im Herzen treffen.
Die Essenz des Lebens spüren, am eigenen Grund der Seele ankommen und tief hoffen, dass sich die Dinge des Lebens zum Eigenen, Guten wandeln.
Es ist ein solcher Kraftakt, bei sich zu bleiben, sich nicht von den Stimmen im Außen verunsichern zu lassen, sondern der eigenen Stimme zu lauschen.
Einen anderen Weg als Mainstream einzuschlagen, Prüfungen im Außen im Nicht-Bestehen zu belassen, da sie schon lange nicht mehr von Relevanz für einen sind.
Die Diskrepanz auszuhalten zwischen: Etwas wird von einem verlangt – hin zu einem: Was möchte ich wirklich? Wer bin ich wirklich? Die Konsequenz daraus zu ziehen, das ist wahrlich schwer und turbulent.
Dennoch mit Sicherheit eine der wichtigsten Entscheidungen des eigenen Lebens.
Eben sein eigenes Leben zu leben und nicht das Leben, das vermeintlich von einem gefordert wird.
Sei von Herzen gegrüßt!
Karlotta