Rücklicht: Rainer Maria Rilke

Rainer Maria Rilkes Verse sind auch zu seinem 150 Geburtstag am 4. Dezember modern und weltweit viel gelesen. Sie klingen nach einem Geheimnis, das nur schwer zu benennen ist. Manche finden in seiner Poesie eine Wiederverzauberung der Welt, nach der wir heute eine besondere Sehnsucht entwickeln. So ist er als Dichter und Lebensratgeber eine Ikone für alle Generationen.
„Und manche Tanne ahnt, wie balde
Sie fromm und lichterheilig wird;
Und lauscht hinaus. Den weissen Wegen
Streckt sie die Zweige hin – bereit,
Und wehrt dem Wind und wächst entgegen
Der einen Nacht der Herrlichkeit.“
Rainer Maria Rilke
Geboren 1875 in Prag wird Rilke zum europäischen Dichter par excellence: Ohne festen Wohnsitz lebt er in nahezu allen wichtigen Städten des Kontinents, die zu Inspirationsquellen für sein Werk werden.
Schon früh wurde Rilke als vollendeter Dichter verehrt. Gedichte wie „Der Panther“ oder „Herbsttag“ sind Teil des internationalen Literaturkanons. Mit der Sprache entlockt Rilke den Dingen eine ungewohnte Tiefe und eine ganz eigene Wirklichkeit, auf die sich die Menschen einlassen sollen. Eine Wirklichkeit jenseits der Rationalität der Moderne – damit ist sein Werk auch ein Gegenentwurf zu den Machbarkeitsvisionen der Tech-Giganten von heute.
Fast gescheitert wäre Rilke an seinem Hauptwerk, den „Duineser Elegien“, die die Summe seines Schaffens werden sollten. Thomas von Steinaecker erzählt in seiner Dokumentation, wie Rilke über ein Jahrzehnt um die Vollendung seines Hauptwerkes ringt und wie er verzweifelt nach Inspiration sucht. Erst als er sich in das Schweizer Wallis zurückzieht und die Verbindungen zur Alltagswelt kappt, gelingt ihm ein kaum noch erwarteter Schaffensrausch. So vollendet Rilke in kürzester Zeit ein Jahrhundertwerk. Kurz darauf stirbt er am 29.12.1926.
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Lesetipp: Poesie, die „wiederverzaubert“ https://topos.orf.at/150-geburtstag-rainer-maria-rilke100