Poesie: Zehn Jahre schon

ZEHN JAHRE SCHON, daß du mich liebst
Zehn Jahre zehn Minuten gleich
Und immer seh ich dich zum ersten Mal:
Die Tauben voller Rosen
Künftige Tränen hinter der Brille
Wie Diamanten in Vitrinen
In deiner Brust eine Lerche
Und unter den schüchternen Handschuhn
die Zärtlichkeiten der Zukunft
Zehn Jahre schon daß du mich liebst
Daß auf allen Uhren
Die Zeit auf immer stillstand
Claire Goll 1926/27
aus: Ivan und Claire Goll: Zehntausend Morgenröten, Limes Verlag, Wiesbaden 1954
Claire Goll, 1890 in Nürnberg als Clara Aischmann geboren und in München aufgewachsen, heiratete 1911 den Schweizer Verleger Dr. Heinrich Studer. Ein Jahr darauf wurde ihre Tochter Dorothea Elisabeth geboren. Nach ihrer Scheidung im Jahr 1917 übersiedelte sie in die Schweiz, wo sie dem Dichter Yvan Goll begegnete. 1918/19 wurden Claire Golls erste Gedichte und Novellen veröffentlicht. 1921 heiratete sie Yvan Goll in Paris. 1939 flüchtete sie mit ihm aus Frankreich in die USA. Bis 1947 lebten sie vorwiegend in New York und kehrten dann nach Paris zurück. Claire Goll starb 1977 in Paris. Ihre bekanntesten Werke sind der Roman „Der Neger Jupiter“ und ihre Autobiografie „Ich verzeihe keinem“. Hier mehr.