In der Liebe auf die Seele schauen
Von Regina Tamkus. Fühlen Sie sich als Paar an einem toten Punkt? Haben Sie das Gefühl, dass nur eine Trennung helfe, obgleich Sie noch Liebe in sich spüren? Die 2000 Jahre alte Geschichte von Apuleius Eros & Psyche ist eine zeitlose sprudelnde Quelle der Weisheit, um seelische Prozesse in der Liebe, die vom Suchen, Finden, Verlieren und Wiederfinden in der Partnerschaft handeln, besser verstehen zu können.
Der Mensch, den wir lieben, die Kinder, die wir auf die Welt bringen, berühren unserer Seele dort,
wo niemand anders sie so tief berühren kann, an unseren frühesten Beziehungserfahrungen in der Liebe mit den Menschen, die uns als Kinder nah oder fern waren.
Sie berühren die Stellen in unserer Kinderseele, an denen uns wirklich etwas gefehlt hat, der liebevolle Blick, das Willkommensein, das stimmige körperlich berührt werden mit Liebe, die sichere Bindung zum Vater und der Mutter, die Zugehörigkeit oder die Unterstützung der Autonomie und Selbstentwicklung. Sie berühren auch familiäre Verstrickungen in der Liebe über Generationen.
Wenn wir es zulassen und annehmen wird die Paarbeziehung ein Weg der immer tieferen Liebe, des Mitgefühls und Bewusstwerdens und des gegenseitigen Bestärkens und Ermöglichens, ein Weg miteinander Lieben zu lernen und im Fluss des Lebens zusammen und autonom zu schwimmen, sich über schwierige Stellen zu tragen und die Freude aneinander zu vertiefen.
Da diese Stellen schmerzhaft sind, hat unsere Kinderseele Mechanismen gelernt, sich vor der Berührung zu schützen. Sie sind uns selbst oft nicht bewusst! Wir sind an diesen Stellen blind. Wir brauchen den Anderen, damit wir sehen lernen.
Das, was problematisch in die Partnerschaft hinein wirkt, ist, wenn die Berührung dieser Stellen nicht bewusst ist. Wir merken es zuerst an der Wirkung: gereizt sein, genervt sein, Vorwürfe, aggressiv sein, entwerten, sich zurückziehen, plötzliches Abbrechen, verstummen, nichts sagen können… fliehen, sich nicht mehr gemeint und gesehen fühlen.
Wenn wir in diese Zustände kommen, sehen wir den Partner und die Partnerin als Verursacher dieser Stimmungen, wobei verinnerlichte Überzeugungen und innere Bilder der Kinderseele auf den Partner projiziert und seine Reaktion auf dem Boden dieser Erfahrungen gedeutet werden. Das geschieht blitzschnell und oft gegenseitig. Haben wir kein Wissen wie wir als Paar aus diesen Zuständen gestärkt herausfinden, wirkt es subtil weiter und führt zu sich wiederholenden leidvollen Konflikten, Handlungen und Interaktionen, die das Herz verschließen und die Liebe belasten, und nicht selten zu innerer und äußerer Trennung führen.
In meiner über 20-jährigen psychotherapeutischen Tätigkeit und Arbeit mit Paaren habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Fähigkeit unterscheiden zu können, was gerade in der Seele geschieht, die eigene Wahrnehmung und Gefühle miteinander differenzieren und überprüfen zu können essenziell wichtig ist, um sich miteinander verbunden zu fühlen, destruktive Interaktionen wandeln zu können und sich Selbst und dem Anderen gerechter zu werden.