Im Dienste der Menschheit: Sankt Martin

Lesezeit 9 Minuten –

Autorin Kerstin Brenner/Intuitive Bilderauswahl: Sabine Langenscheidt. Am heutigen 11. November wird der Gedenktag von Sankt Martin, des Bischofs von Tours, gefeiert, den viele noch aus Kindertagen lebendig in Erinnerung haben und jetzt vielleicht mit ihren eigenen Kindern feiern.

Bekannt ist uns allen dazu sicherlich die Geschichte, wie Martin, damals noch Soldat der Reiterei der Kaiserlichen Garde in Amiens in Frankreich, in einem Akt der Barmherzigkeit seinen Mantel für einen unbekleideten Mann teilte.In der darauf folgenden Nacht sei ihm im Traum dann Jesus Christus erschienen, bekleidet mit dem halben Mantel, den Martin dem Bettler gegeben hatte. Getreu den Worten der Bibel „…was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan“ erwies sich Martin durch die Tat als Jünger Jesu.

Sankt Martin, heute Schutzheiliger der Reisenden, der Armen, Bettler und Reiter, aber im weiteren Sinne auch der Flüchtlinge, Gefangenen, Abstinenzler und Soldaten, gilt als Inbegriff eines edlen Menschen und ist nicht nur für Christen ein Vorbild.

Seither wird der Martinstag allerorts mit Umzügen und „Laternenfesten“ begangen, angelehnt an die Lichterprozession bei der Überführung von Martins Leichnam mit einem Boot nach Tours in Frankreich.

Eine andere Wurzel des Laternenbrauchs kann im Jahresablauf der Bauern liegen: Um Martini wurde zum ersten Mal wieder der Ofen eingeheizt und Anfang November wurde die Arbeit auf den Feldern beendet. Zum Dank für die Ernte hat man auf den abgeernteten Feldern Feuer entzündet. Die Kinder haben sogenannte „Trullichter“, ausgehöhlte Rüben und Kürbisse, an diesen Feuern entzündet. Mit diesen Lichtern sind sie durch die Orte gezogen, um Obst und Gebäck zu erbetteln.

Der Martinstag wird in vielen Regionen Deutschlands mit dem Martinssingen begleitet oder als Kirchmesstag gefeiert. Das Verzehren der Martinsgans ist in Österreich, Ungarn, der Slowakei und Südschweden eine alte Tradition. Auch wurde zu früheren Zeiten am Martinstag Bilanz gezogen. Das bäuerliche Wirtschaftsjahr endete Anfang November, Pachten und Zinsen wurden ausgezahlt, Verträge abgeschlossen, erneuert oder aufgelöst. Dabei war der Martinstag häufig Ziel- und Zahltag.

Doch wer war die historische Person „Sankt Martin“? Über ihn ist im Allgemeinen nicht viel bekannt außer zahlreiche Legenden seiner Wunderheilungen und sogar Totenerweckungen. Martin von Tours wurde vermutlich um 316 als Martinus in Sabaria (heute Szombathely in Ungarn) geboren und wuchs als Sohn eines römischen Militärtribuns in Pannonien im heutigen Ungarn auf. Seine Jugend verbrachte er in Pavia in Oberitalien, der Heimat seines heidnischen Vaters. Schon früh kam er dort mit dem Christentum in Berührung, folgte aber zunächst dem Wunsch seines Vaters und schlug bereits mit 15 Jahren eine Militärlaufbahn ein. Im Alter von 18 Jahren wurde er von Hilarius, dem späteren Bischof von Poitiers, getauft. Während dieser Zeit festigte sich sein Glaube und er bat um Entlassung aus dem Militärdienst mit der Begründung, dass er nicht mehr in den Krieg ziehen wolle und nunmehr ein „Soldat Christi“ sein wolle. Die Entlassung aus dem Militär wurde ihm aber erst nach 25-jähriger Dienstzeit von Julian gewährt.

Martin verkündete das Evangelium in West-Gallien und lebte als Eremit in der Nähe des verlassenen Dorfes Ligugé (bei Portiers in Frankreich). Als der Bischof von Tours in 371 starb, wurde Martin vom Klerus der Stadt gebeten, die Position des Bischofs einzunehmen. Er lehnte strikt ab, weil er sein einfaches und bescheidenes Leben mochte. Gleichzeitig bat ein wohlhabender Mann namens Rusticus ihn in die Stadt zu kommen, um dessen Frau auf ihren Tod vorzubereiten. Kirchliche Vertreter nutzen die Chance und überredeten Martin, das Amt des Bischofs von Tours anzunehmen. 372 fand dann die Bischofsweihe statt. Das Volk bekam den Bischof, den es sich gewünscht hatte. Sankt Martin war – wie erwartet – ein hervorragender Bischof. Er lebte jedoch weiterhin außerhalb der Stadt jenseits der Loire.

Sankt Martin gilt als Begründer des ersten Mönch-Klosters des Abendlandes, der Abtei von Ligugé . Im Jahre 375 gründete er das Kloster Marmoutier. Schon bald wurde er als Nothelfer und Wundertäter über seine Region hinaus bekannt und viele Menschen suchten ihn auf. Durch die Errichtung von mehreren Pfarreien verbreitete sich das geistige Prinzip des mitfühlenden Herzens in der Bevölkerung.

Sankt Martin ist heute u. a. der Schutzpatron Frankreichs und der Slowakei, Landespatron des Burgenlandes und Patron der Stadt Mainz und des Mainzer Doms. Außerdem ist er Schutzpatron für bestimmte Berufsstände wie Winzer, Fassmacher, Huf- und Waffenschmiede, Weber, Schneider, Bürstenbinder, Gerber, Hirten, Hutmacher und Müller und zu guter Letzt für unsere Haustiere. Zudem soll er bei Krankheiten wie Hautausschlag und Schlangenbiss helfen.

Mit Sankt Martin verbindet wohl jeder seine eigene Geschichte und Kindheits-erinnerungen. Sei es, dass man zum Beispiel aus einem Ort stammt in dem die Ortskirche nach diesem Heiligen benannt ist und immer ein großes Kirchmessfest ihm zu Ehren gefeiert wurde bei dem der Pfarrer gerne betonte, dass dies ein Ort ist wo die Menschen gerne teilen und füreinander da sind. Sei es, dass man sich noch lebendig an die Martinsumzüge im katholischen Kindergarten erinnert bei denen der Heilige als Ritter im roten Mantel und mit Schwert vorweg ritt und man mit seiner bunten Laterne an diesem kalten und oft nebligen Novemberabend hinterher lief und darauf achten musste, dass das Teelicht in der Laterne nicht ausging. Besonders der Gedanke des Teilens und die Unterstützung der Armen und Bedürftigen wurde dabei als Tugend betont.

Sankt Martin starb am 8. November 397 im hohen Alter von 81 Jahren auf einer Visite in Candes, einer Stadt in seinem Bistum in Frankreich .

Seine Mönche brachten seinen Leichnam nach Tours, wo er am 11. November unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt wurde. Später erhob sich dort die Basilika Saint-Martin. Diese war im Mittelalter einer der größten Kirchenbauten des Westens. Die Basilika und die Abtei Saint-Martin de Tours waren als Grablege von Sankt Martin mehr als ein Jahrtausend lang eine der wichtigsten christlichen Pilgerstätten und veränderten den Charakter der Stadt völlig bis sie 853 von den Normannen niedergebrannt wurde.

Sankt Martin starb eines natürlichen Todes. Er wirkte er vor allem durch sein vorbildliches Leben und wird auch heute noch, unabhängig von seiner Grablegung, weltweit verehrt. So ist er einer der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche und wird auch in der orthodoxen, anglikanischen sowie der evangelischen Kirche verehrt.

Doch wo wirkt der Geist von Sankt Martin noch heute weiter? „Martin, Martin, Martin war ein frommer Mann, zündet viele Lichter an, dass er oben sehen kann, was er unten hat getan“ heißt es in einem der zahlreichen Martinslieder. In der christlichen Symbolik steht die Dunkelheit für den Teufel und das Böse, wohingegen das Licht ein Symbol für Christus und die Heiligkeit Gottes ist. Der Martinsumzug ist Teil der Lichtsymbolik, welchem am Allerseelentag beginnt und über Advent, Weihnachten und Lichtmess bis ins neue Jahr hinein führt.

Sankt Martins barmherziges Wirken zu Lebzeiten ging in das kollektive Gedächtnis der Menschheit über. Vielen Menschen ist bewusst:
Ein einziges Licht kann die Dunkelheit erhellen und wir können jeden Tag unser Licht in Form von guten Taten weitergeben und so das Licht in anderen sehen und erwecken. Die aktuelle Flüchtlingskrise zeigt, wie sehr Hilfe notwendig wird, um die damit einhergehenden Herausforderungen zu bewältigen.

Hinzuschauen und präsent zu sein, mit dem Herzen mit diesen Menschen verbunden sein, das ist es was wir alle tun können. Gleichzeitig dürfen wir dankbar sein für unsere „Ernte“, sei es in Form von allem was wir besitzen und teilen möchten als auch für unsere Familie, Freunde und die Gesellschaft in der wir leben, die uns Schutz, Sicherheit, (Religions-) Freiheit und ein Leben in Frieden ermöglicht – Errungenschaften, welche die meisten Menschen auf der Erde noch nicht genießen.

Dankbar dürfen wir aber auch für alle Erfahrungen sein, die uns zu den Menschen gemacht haben, die wir heute sind. Um etwas Heiliges oder Wunder zu erleben, müssen wir nicht unbedingt in ein Gotteshaus gehen. Allein, dass wir Menschen sind und uns gemeinsam mit der Natur im Jahreskreis stets erneuern können, ist bereits ein Wunder für sich und ein Mysterium.

Wenn wir mehr auf die kleinen Wunder des Alltags achten, sind die großen Wunder des Lebens vielleicht irgendwann eine Selbstverständlichkeit und wir erschaffen eine neue Erde, in der Freiheit und Frieden gelebte Realität für alle ihre Bewohner ist. Wir alle können durch unsere Gedanken, Gefühle und Taten dazu beitragen.

„Der edle Mensch sei hilfreich und gut!“ (Goethe)

Zur Autorin: Frei nach Goethe „dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält“. Kerstin Brenner hat einen Forschergeist und ist interessiert daran, die Mysterien des Lebens zu begreifen. Von klein auf gilt ihr Interesse dem Reisen, fremden Ländern und Kulturen und vor allem der Entdeckung des eigenen Potentials. Dabei kam sie mit den verschiedensten Techniken und Heilweisen in Berührung. Sie spürt Ihren inneren Auftrag bei der Gestaltung eines neuen Miteinanders bewusst mitzuwirken.
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Ein Kommentar

  1. Wie das Gleichnis Jesu vom barmherzigen Samariter zeigt auch die Geschichte von St. Martin, dass es mehr auf das heilsame Tun als auf sogenannten „rechten Glauben“ ankommt. Und das ist wirklich eine gute Nachricht.

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