Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben

ziemlichgutegründeEin tiefgehendes, ehrliches und mutmachendes Buch ist Matt Haig mit „Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben“ gelungen. Er erzählt schonungslos seine eigene Geschichte, die ihn rein und wieder raus aus der Depression und Angststörung führte, und verbindet das Ganze mit vielen inspirierenden Gedanken, wissenschaftlichen Hintergründen und vielen Lebensgeschichten. So ist es leicht zu lesen und geht trotzdem tief.

Er ließ mich mitfühlen, wie sich Depression in Körper, Geist und Seele anfühlt und aufs alltägliche Leben auswirkt. Man begleitet ihn so durch  seine persönlichen und allgemeinen Spurensuche nach der Ursache von Depression und deren Auswegen:
„Unser Gehirn ist nicht unbedingt für das Leben gemacht, das wir führen…Das Gehirn kann mit den Veränderungen der Moderne nicht mithalten. Nie musste der neolithische Mensch sich mit E-Mails, Breaking News, Pop-up-Werbung, Oggy-Azalea-Videos oder dem Self-Service-Cekcout in einem überfüllten Supermarkt an einem Samstagnachmittag auseinandersetzen.“

Dabei nimmt Haig auch die gesamtgesellschaftliche viel zu materiell geprägte Entwicklung mit auf:
„Die Welt wird immer stärker darauf ausgerichtet, uns unglücklich zu machen. Glück ist nicht gut für die Wirtschaft. Wären wir glücklich mit dem was wir haben, warum sollten wir noch mehr kaufen? Wie verkauft man Antifaltencreme? Indem man den Leuten Angst vor dem Altern macht.“

Seine Hilfen in dieser wilden Umwelt ein gutes Leben zu führen, hält er gerne in Listen fest:
selbsthilfe

Seine Medizin waren auch immer wieder Bücher
„Ich will Bücher lesen, die mich zum Lachen und Weinen bringen, die mir Angst und Hoffnung machen und mich triumphieren lassen. Ich will, dass ein Buch mich umarmt oder am Kragen packt. Ich habe auch nichts dagegen, wenn es mir einen Schlag in den Magen versetzt. Denn wir sind hier um zu fühlen.
Ich will das Leben.
Ich will es lesen und schreiben und spüren und leben.
Ich will so viel Zeit wie möglich in dieser kurzen Existenz, die uns vergönnt ist, damit verbringen, alles zu fühlen, was gefühlt werden will.“


Hintergrund: Mit gerade mal 24 Jahren wird Matt Haig von einer lebensbedrohlichen Krankheit überfallen, von der er bis dahin kaum etwas wusste: einer schweren Depression. Es geschieht auf eine physisch dramatische Art und Weise, die ihn buchstäblich an den Rand des Abgrunds bringt und er zu schreiben beginnt. Über seine Depression schreibt er aber erst viele Jahre später, um auch anderen Menschen zu helfen: „Ich habe dieses Buch geschrieben, weil letztendlich doch etwas dran ist an den uralten Klischees: Die Zeit heilt alle Wunden, und es gibt ein Licht am Ende des Tunnels, auch wenn wir es zunächst nicht sehen können. Und manchmal können Worte einen Menschen tatsächlich befreien.“

Matt Haig

Matt Haig

Zur Person: Matt Haig wurde 1975 in Sheffield geboren und wuchs in Nottinghamshire auf. Er studierte Englisch und Geschichte in Leeds. Matt Haig arbeitete als Müllmann (3 Wochen), in einem Callcenter (2 Tage), im Media Sales (2 Monate), als Tellerwäscher (1 Nacht) und in einem Nightclub auf Ibiza (2 Jahre), bevor er sich fast getrieben durch seine Depression ganz dem Schreiben widmete. Inzwischen hat er einige Romane und Kinderbücher veröffentlicht, die mit verschiedenen literarischen Preisen ausgezeichnet und in über zwanzig Sprachen übersetzt wurden. Ich und die Menschen ist für den Edgar Award 2014 nominiert. Matt Haig lebt mit seiner Familie in York und London.

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