Führung neu leben: Werte schöpfen mit Vertrauen

Foto: Ralf Schnabel

Von Ralf Schnabel.Sie kennen das, ob als Führungskraft oder betroffener Mitarbeiter? Die erfolgreiche Führungskraft versteht es nach Kennzahlen zu führen, zu kontrollieren, zu korrigieren und Prozesse stringent zu definieren. Aber wohin führt das bei allen Beteiligten? Wie reagieren Mitarbeiter, Kunden oder Lieferanten auf wachsenden –manchmal Sinn-freien- Bürokratismus?

Mit dieser Situation sind wir fast täglich konfrontiert: Als Kunde, der für eine effiziente Datenerfassung für die Marketing Abteilung, mühsame Fragen über sich ergehen lassen darf. Oder als Lieferant, der nur über aufwendige, langwierige und strikte Angebotsprozesse seine Dienstleistung anbieten kann; um am Ende dem günstigen Anbieter den Zuschlag zu geben. Aber vor allem sind es Mitarbeiter, die sich immer mehr mit aufwendigen, bürokratischen Abläufen beschäftigen, die stringent vom Vorgesetzten überwacht werden. Alle Betroffenen könnten gerne auf diesen Teil ihrer heutigen Rolle verzichten und wünschen sich eine Beziehung auf Augenhöhe und mit Vertrauen; wie in ‚alten‘ Zeiten, einen Abschluss mit Handschlag und persönlicher Verbindlichkeit!
Geradezu kontraproduktiv wird es in Unternehmen, wo im Leitbild kommuniziert wird „Wir gehen vertrauensvoll und offen miteinander um“ und der Mitarbeiter im Tagesgeschäft eine ständige Kontrolle seiner Tätigkeiten vom Vorgesetzten erlebt. So wachsen Misstrauen und negative Beziehungen in der Organisation. Nach aktuellen Ergebnis der jährlich organisierten Mitarbeiterbefragung durch das Gallup Institut, haben 75% der deutschen Belegschaft keine innerliche Bindung zu Ihrem Unternehmen.

Wo liegt also das Problem?
In unserer Ausbildung und Konditionierung als Führungskraft, dem Verständnis wie ein Unternehmen zu führen ist, verstehen Führungskräfte das Unternehmen wie eine Maschine, wo Jeder ein Teil des Systems ist, eine Komponente und seinen wichtigen Beitrag zur Funktionsfähigkeit beizutragen hat. Aber in unbeständigen Zeiten wie wir sie erleben, wo die Digitalisierung, disruptive Technologien und Innovationen ganze Unternehmen und Branchen gefährden, ist die Zeit reif für einen Paradigmenwechsel. Die moderne Organisation darf aus der Natur lernen, uns sich als wachsenden Organismus verstehen. Die Belegschaft unterstützt sich gegenseitig bei Widrigkeiten, schützt und fördert einander. Dieser Denkansatz dringt langsam in die Köpfe der Entscheidungsträger. Wichtigster Ausgangspunkt für diesen Kulturwandel ist das Führungsteam, das sein Menschen- und Weltbild weiterentwickelt.

Oft entdecken Führungskräfte nach persönliche Krisen (Verluste, Insolvenz, Burn Out, u.ä.) ein neues Bewusstsein und eine Sicht auf das Wesentliche. In Zeiten der Stille, der Reflexion, des Fokus auf dem ‚Warum‘ für Ihr Unternehmen, beginnt eine Zeit der Veränderung. Sobald sich die Haltung einer Führungskraft ändert und Mitarbeiter als Menschen betrachtet werden, die in ihrer beruflichen Tätigkeit ihr Bestes geben wollen, besteht die Chance das zarte Pflänzchen des Vertrauens im Wachstum zu fördern. Voraussetzung ist ein Vertrauensvorschuss. Dabei darf es gerade am Anfang nicht ins andere Extrem gehen und Mitarbeiter durch ‚blindes‘ Vertrauen völlig alleine zu lassen.

Die Führungskraft entwickelt sich in diesem Veränderungsprozess damit zunehmend vom Manager zum Coach, ist klar in seinen Worten, glaubwürdig in seinen Taten und achtsam im Umgang mit seinen Mitarbeitern. Es ist die Phase wo Meetings weniger zur Kontrolle genutzt werden, als Raum zu geben um wichtige Werte im Dialog transparent zu diskutieren. Mit wachsendem Vertrauen wird das Kontrollinstrument ein klares Wertesystem, wo die Beziehungen untereinander geregelt sind oder die gemeinsamen Ansprüche an die Ergebnisse Ihrer Tätigkeiten. Letztlich mündet es in einer klaren Formulierung des Unternehmenszwecks, dem Warum und den Werten, die sowohl Geschäftsleitung als auch Belegschaft gemeinsam entwickelt haben und tragen.

Das Unternehmen welches eigene Werte für sich entwickelt hat, diese auch authentisch Tag ein Tag aus vorlebt, hat damit die Chance ein schier endloses Potenzial zu entfalten. Mitarbeiter finden wieder Orientierung, verstehen auf was es ankommt, sind motivierter und beginnen mehr auf Ihre Beziehung mit den Beteiligten zu achten. Durch eine Kultur des Vertrauens ist der ‚Boden‘ bestellt. Die Führungskraft versteht sich als Gärtner, der sich auf seine unterschiedlichen Pflänzchen konzentriert, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Maßnahmen ergreift, damit sich sein Garten/Unternehmen zur vollen Blüte entfalten kann.

Natürlich braucht es für die Führungskraft noch Kontrolle! Aber es ist eben allen Beteiligten klar, um was es geht und was das Ziel der Kontrolle ist: Die KPIs (Key Performance Indicators) wie Umsatzwachstum und Gewinnsteigerung ist das Mittel für den Fortbestand des Unternehmens, nicht der Zweck. Mitarbeiter arbeiten nicht mehr im Unternehmen, sondern am Unternehmen und entwickeln es weiter. Sie erleben ihr persönliches Wachstum als wichtigen Unternehmensbeitrag. Es entsteht ein Klima der Verbundenheit, eine ehrliche, authentische Beziehungskultur mit allen Beteiligten in Wertschätzung für die einzigartigen Talente. Diese Vertrauenskultur und Beziehungs-Verbindlichkeit unterstützt die emotionale Bindung an das Unternehmen. Im Ergebnis wird eines schwieriger: Die mittel- und langfristige Unternehmensplanung. Denn in einer Kultur des Vertrauens entsteht eine Dynamik im Unternehmen, die Führungskräfte, Geschäftsleitung und Investoren überraschen wird. Unternehmer die es verstehen in einer Vertrauenskultur aus Ihren Werten zu schöpfen, gestalten eine blühende Landschaft, die Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden magisch anzieht.

Zum Autor: Ralf A. Schnabel Unternehmensberater, Business Coach und Berufungsberater, ist Gründer und Geschäftsführer von Talents by Heart e.K. Sein Herzensanliegen ist der Kulturwandel in der Wirtschaft (Initiative: Denkraum21) und die Unterstützung von Schülern und Studenten bei der Berufs- und Studienwahl.

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