Staatliche Überzuckerung endlich gestoppt

Erfolg von Foodwacht: Staatliche Zuckerförderung im Schulmilchprogramm bundesweit gestoppt: NRW erklärt als letztes Bundesland Ende der Kakao-Subvention – foodwatch fordert jetzt verpflichtend ausgewogene Essensangebote an Schulen.

Aus der offiziellen Foodwachtch-Mitteilung:

Gemeinsam mit 21.034 Verbraucherinnen und Verbrauchern haben wir uns für ein Ende der Subvention von zuckriger Schulmilch ausgesprochen – mit Erfolg! Erst sind Hessen, Berlin und Brandenburg ausgestiegen, nun hat auch die NRW-Landesregierung angekündigt, ab dem nächsten Schuljahr nur noch ungesüßte Milchprodukte zu fördern. Damit verzichten alle Bundesländer auf die staatliche Förderung des Zuckerkonsums!

Uff, das war ein hartes Stück Arbeit. Und ein Lehrstück darin, welch dicke Bretter selbst bei einem vermeintlich überschaubarem Thema wie der Schulmilchförderung zu bohren sind. Denn alle Argumente gegen Subventionen für gezuckerte Milch liegen bereits seit Jahren auf dem Tisch. Kinderärzte, Zahnmediziner, Ernährungsexperten und viele Lehrer sprechen sich seit langem GEGEN Zucker-Milch-Förderung an Schulen aus. Doch die Milchwirtschaft wehrte sich vehement dagegen, diese Einkommensquelle zu verlieren und nur noch ungezuckerte Schulmilch zu liefern. Mit zum Teil illegalen Werbeaussagen wie „Kakao steigert die Intelligenz“ oder „Kakao zum Frühstück verursacht weniger Karies als Wasser“ vermarkteten Landliebe und Co. ihre zuckrigen Produkte direkt an Schulen. Und die Politik ließ sich von den Industrieargumenten beeinflussen.

Wie so oft zählten am Ende nicht die besseren Argumente. Öffentlicher Druck und der gemeinsame Protest von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegen eine verfehlte Politik waren nötig, um den Stein ins Rollen zu bringen. Doch jetzt muss es weitergehen. Dass der Staat den Zuckerkonsum von Schulkindern nicht länger auch noch ankurbelt, ist das eine. Doch von der Förderung einer ausgewogenen Ernährung ist er noch lange entfernt.

Wir setzen uns dafür ein, dass:

– das Essensangebot an den Schulen endlich ausgewogen ist und die offiziellen, von der Bundesregierung initiierten Qualitätsstandards für Schulverpflegung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in allen Schulen verpflichtend umgesetzt werden.
– an den Schulkiosken nicht unbegrenzt Junkfood und Softdrinks verkauft werden dürfen.
– Ernährungsunterricht nicht von Unternehmen oder Lobbyverbänden gestaltet wird.
– wo nötig, Wasserspender und ausgewogene Frühstücksangebote gefördert werden, um Fehlernährung vorzubeugen.

Als wir uns mit der Schulmilchförderung befasst haben, sind wir auf tiefe Lobby-Verflechtungen zwischen Wirtschaft, gekaufter Wissenschaft und Politik gestoßen. Die ganzen Auswüchse haben wir im vergangenen Jahr recherchiert und in dem 80-seitigen foodwatch-Report „Im Kakao-Sumpf“ aufgedeckt. Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Berlin und Hessen hatten eigens Ausnahmeregelungen vom eigentlich zuckerzusatz-freien EU-Schulmilchprogramm geschaffen, um weiter Kakao & Co. zu fördern – profitiert hat davon nur die Milchwirtschaft! Das kritisierten wir öffentlich und machten Druck. Im August 2018 reagierte dann erst Hessen, Anfang dieses Jahres auch Berlin und Brandenburg auf unsere Kritik. Nur NRW stellte sich lange quer. Im April protestierten foodwatch-Aktivistinnen und Aktivisten dagegen in Düsseldorf vor dem Verbraucherministerium – und brachten dem Land symbolisch die 274 Tonnen Extra-Zucker zurück, die NRW über gesüßte Schulmilchgetränke in einem Schuljahr subventioniert.

Kurz vor der Entscheidung über die Zukunft der Schulkakao-Förderung in NRW fuhr Friesland Campina dann noch einmal scharfe Geschütze auf und zog vor Gericht: Die Großmolkerei wollte verhindern, dass das zuständige Landesamt darüber informieren darf, in welcher Höhe Subventionen an das Unternehmen geflossen sind. Zuvor hatte das Unternehmen unverhohlen damit gedroht, keine Schulmilch mehr zu liefern, wenn der süße Kakao nicht länger staatlich gefördert wird.

Zu guter Letzt hielt NRW dem Druck der Milchwirtschaft stand und beendete das staatliche Übergewichtsförderprogramm. Gut so! Ein toller Erfolg für uns alle. Aber noch lange nicht der letzte Schritt bei diesem wichtigen Thema…

Vielen Dank und herzliche Grüße
Ihr
Martin Rücker
Geschäftsführer

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3 Kommentare zu “Staatliche Überzuckerung endlich gestoppt
  1. Rolf Eder sagt:

    Dieser „unser“ Staat gefährdet seine Bürger: eine eklige (Geld-)Suchtförderbürokratie!
    Hut ab vor den Mutigen und Ausdauernden und ab sofort noch viel mehr Werbeverbote –
    und zwar so lang, bis der Wandel im Handel eintritt, bei ALLEN Nahrungsmitteln.
    Zucker vernebelt der klaren Blick ebenso wie Nikotin und Alkohol, die alle als Drogen
    verboten gehören. Individuell wie kollektiv: die Krankheit beginnt im Denken, Gesundheit ebenso!

  2. anna sagt:

    Unsäglich, dass es erlaubt war den Schulkindern zu erzählen: „Kakao zum Frühstück macht weniger Karies als Wasser“. Und noch unsäglicher, dass das mit Steuergeldern unterstützt wurde.
    Kann man da niemanden zur Verantwortung ziehen?
    Ich bin auf jeden Fall dankbar, dass das beendet werden konnte!

  3. Renate Rahmstorf sagt:

    Meine Güte!!! ( eklig, verbieten, Gefährdung …) Ich bin auch bei Foodwatch und versuche, bei allen Aktionen und Gesprächen aufzupassen, dass sich bei aller Vehemenz, die man durchaus denken und fühlen kann, der Kampfgeist nicht die Oberhand gewinnt. Das ist ganz schön schwierig und bestimmt langfristig lohnend.
    Toi toi toi uns allen 😉

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