Glückliches Essverhalten dank der Weisheit des Körpers

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Von Dorothea Ristau. Die Fastenzeit neigt sich dem Ende entgegen und vielleicht hast auch du die letzten Wochen genutzt, um dein Essverhalten genauer unter die Lupe zu nehmen. Wie geht es dir damit? Fühlst du dich mit dem, was du isst und was du nicht isst, wohl? Und kannst du das Essen genießen? Vielleicht stellst du dir ja nun die Frage, ob du auch über die Fastenzeit hinaus etwas an deinem Essverhalten verändern solltest und wenn ja, in welcher Form.

Die Ansätze und Ernährungsprogramme, die den Markt erobert haben, sind inzwischen nicht mehr zählbar: vegetarisch, vegan, zuckerarm, ayurvedisch, vollwertig, bio, … Und es ist wirklich gut, dass es solche Ansätze gibt, denn sie können wichtige Wegweiser sein, um zu einem glücklicheren Essverhalten zu finden.

Doch bei aller Orientierung an diesen von außen kommenden Ideen gilt es, nicht zu vergessen, dass unsere Körper über ihre ganz eigene Weisheit verfügen und selbst sehr genau wissen, was sie brauchen. Und wenn wir lernen, dieser Weisheit zu vertrauen, dann werden wir von innen her liebevoll geführt und brauchen keine Angst mehr davor haben, in unserer Ernährung etwas falsch zu machen. Denn unsere Körper senden uns im richtigen Moment die richtigen Signale und wenn wir lernen, diese wahrzunehmen und darauf einzugehen, dann finden wir zu einem glücklichen und erfüllten Essverhalten.

(Er-)Nährende Vielfalt

Auf unseren Lebenswegen haben die allermeisten von uns gelernt, Lebensmittel zu bewerten: Vollkornprodukte sind gesund, Weißmehlprodukte nicht. Vom Gemüse sollten wir viel essen, Schokolade möglichst gar nicht. Die Schale vom Apfel enthält die meisten Vitamine, Kuhmilch kann vom Körper oftmals nicht verarbeitet werden. Sicher fallen dir noch mehr solcher Beispiele ein…

Doch wir Menschen sind verschieden und was dem einen gut tut, trifft nicht automatisch auf die andere zu: Eine mag vielleicht besonders gerne Kartoffeln, Pilze und Salami, kommt aber dafür nicht an Joghurt ran. Eine andere liebt Bananen, Vollkornnudeln und Eierschecke und mag dafür keine grünen Paprika. Und wieder jemand anderes schwärmt von Reis, Kürbis und Kräutertee, verträgt aber keine Weißmehlprodukte.

Es geht sogar so weit, dass sich die Ernährungsbedürfnisse eines einzelnen Menschen mit der Zeit verwandeln können. Das Paradebeispiel dafür sind Schwangere, deren Gelüste sich mit Beginn der Schwangerschaft auf einmal derart verändern, dass sie gleich zum Frühstück ein Schnitzel mit sauren Gurken verdrücken können.

Die Weisheit des Körpers

Doch solche Geschichten, die oftmals mit einem Augenzwickern erzählt werden, tragen unendlich viel Weisheit in sich.

Denn letztendlich sind es unsere Körper, die am besten wissen, was jede und jeder von uns jetzt in diesem Augenblick an Nährstoffen braucht und in welcher Menge. Je mehr wir uns von Ideen und Vorstellungen, wie wir zu essen haben und wie nicht, verabschieden, desto offener werden wir für die Signale, die uns unsere Körper in jedem Moment des Zusammenseins senden. Sie wissen genau, ob wir gerade hungrig oder satt sind. Sie spüren, ob es an Kohlenhydraten fehlt, ob jetzt Vitamine gut tun würden, ob sie Eiweiß möchten oder ob sie Lust auf etwas Zucker haben.

Und dies kommunizieren sie in Form von einem hungrigen Knurren oder einem zufriedenen Blubbern und durch Appetit oder gar Heißhunger auf bestimmte und Ablehnung von anderen Nahrungsmitteln.

Nur leider haben viele, viele Menschen verlernt, auf diese ganz natürlichen Signale des Körpers zu hören und ihnen zu vertrauen. Zu groß ist die Angst vor einer Gewichtszunahme oder vor den als ungesund bewerteten Lebensmitteln.

Dabei ist es nicht so, dass wir nur noch Pizza, Pommes und Chips essen möchten, wenn wir auf die Signale des Körpers hören. Es kann eine vorrübergehende Phase sein – gerade wenn all diese Lebensmittel lange Zeit auf der Tabuliste standen und der Körper erst einmal Nachholbedarf hat.

Doch das Essverhalten in seiner natürlichsten Form besteht nicht aus Unmengen an Zucker, Fetten und Kohlenhydraten. Vielmehr ist es so, dass sich mit der Zeit ein ausgewogenes Essverhalten einstellt, bei dem genussvolles Essen zur Normalität wird, alles erlaubt ist und der Körper sich mit unbegreiflicher Präzision genau die Nahrungsmittel holt, welche die jetzt in diesem Augenblick benötigten Nährstoffe enthalten.

Die Folge davon: Ein sorgloses, wohltuendes Essverhalten und ein angenehmes Wohlfühlgewicht in einem gesunden Gewichtsbereich.

Raus aus dem Kopf, rein in den Körper

Doch was kannst du tun, wenn du mehr zum natürlichen Essverhalten zurück finden möchtest, du aber gefangen bist in den Ideen davon, was sein darf und was nicht?

Es ist ein Weg, der raus aus dem Kopf und rein in den Körper führt.

Wenn du in Bezug auf das Essen ganz bei dir und in deinem Körper ankommen möchtest, so kannst du dir zunächst anschauen, was deine Ideen über gesunde und ungesunde Ernährung sind: Wie viel solltest du essen? Was ist erlaubt? Wann darfst du essen? Gibt es verbotene Nahrungsmittel? Was sind deine ganz persönlichen Essensregeln, die dir auferlegt wurden und die du dir selber auferlegst?

Schau dir deine Glaubenssätze mal in aller Ruhe an und überprüfe sie auf ihre Richtigkeit. Sind sie so, wie du sie glaubst, jetzt noch gültig? Oder ist es an der Zeit, sich von ihnen zu verabschieden und neue, wohltuendere Glaubenssätze zu manifestieren?

Parallel zu diesem Überprüfen auf kognitiver Ebene, kannst du dich darauf ausrichten, mehr in deinem Körper anzukommen. Du gehst also ins Spüren, ins Wahrnehmen und ins Sein. Hier gibt es kein Richtig und kein Falsch, keine Bewertungen und keine Regeln mehr. Vielmehr geht es darum, dass du mit deinem Körper in Kontakt trittst, seine Signale immer häufiger registrierst, sie ernst nimmst und irgendwann voller Vertrauen auf sie eingehst.

Das ist ein Weg, der Schritt für Schritt gegangen werden will und der Zeit braucht. Sei also bitte geduldig mit dir, falls du diesen Weg gehen magst!

Übung, um mit dem Körper in Kontakt zu kommen

Um ins Spüren zu kommen, kann dir folgende Übung helfen, die du mehrmals am Tag machen kannst – immer dann, wenn du ein paar Minuten Zeit hast: beim Zähneputzen am Morgen, in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit, vor dem Mittagessen, an der Kasse im Supermarkt, auf dem Sofa, kurz vor dem Einschlafen, …

Gehe mit deiner Aufmerksamkeit vom Kopf in den Körper. Richte deinen Fokus auf deine Magengegend und spüre, wie sie sich anfühlt: Ist dein Magen leer oder voll? Wie fühlt er sich an? Registrierst du ein leichtest Hungergefühl? Oder gar ein großes Loch im Bauch? Oder fühlt er sich schwer und voll an?

Bitte nimm nur wahr, ohne etwas zu bewerten. Es geht nicht darum, etwas richtig oder falsch gemacht zu haben, sondern es geht darum, einen Kontakt zu deinem Körper herzustellen und ihn wahrzunehmen.

Und wenn du magst, so kannst du deinen Fokus anschließend etwas weiten, um zu prüfen, ob du noch andere Körperreaktionen beobachten kannst. Fröstelst du vor Hunger oder ist dir heiß vom Essen? Fühlst du dich wohl oder ist dir übel? Hast du auf ein bestimmtes Nahrungsmittel besonderen Appetit? Lehnst du etwas ab? Oder ist alles gut so, wie es gerade ist? Nimm auch an dieser Stelle einfach wahr, was sich jetzt in diesem Moment gerade zeigt.

Vielleicht entwickelst du ja eine bestimmte Gewohnheit, bei bestimmten, täglich wiederkehrenden Handlungen mit deiner Aufmerksamkeit in deinen Körper zu gehen, um ihn zu fragen, was er jetzt gerade braucht. Er weiß es und freut sich mit Sicherheit darauf, dir davon erzählen zu können. Und wenn du seinen Signalen zunehmend vertraust, dann werdet ihr beide das Essen immer mehr genießen können.

Dorothea Ristau

Zur Person: Als Selbsthilfe-Expertin begleitet Dorothea Ristau online wie auch offline Frauen, die auf ihrem Weg aus der Essstörung selbst aktiv werden und dabei nicht alleine sein wollen. Besonders setzt sie sich dafür ein, dass Betroffene auf ihrem Weg viele im wahrsten Sinne des Wortes berührende Momente erleben.

essmo: Wege aus der Essstörung https://wege-aus-der-essstoerung.de

Im kostenlosen, virtuellen Mitgliederbereich von essmo: Wege aus der Essstörung können sich betroffene Frauen zusammen mit vielen anderen Weggefährtinnen auf die Pfade der Selbsthilfe begeben, um dort lange Zeit gemeinsam unterwegs zu sein, voneinander zu lernen und zu merken, dass es anderen oftmals ganz ähnlich geht.

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