Der Veränderung eine Chance geben – Gedanken zur Osterwoche

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Von Dorothee Kanitz. Die Woche kommt mit einer Kaskade an Herausforderungen und Tiefe(n) und gleichzeitig Festen und Farben. Das gehört zum Frühling und zu Ostern einfach dazu (zum Leben sowieso).

Heute, als ich schreibe, sind die Herausforderungen und diese Kaskade an Farben und Formen sogar wettertechnisch zu beobachten. Gerade schien die Sonne ganz wundervoll auf meinen Schreibtisch und jetzt haben wir Schneeregen! Das ist eine Veränderung, gegen die ich mich erstmal sträube. Ich würde gerne, dass der Frühling stetig näher kommt, dass nicht nur die ersten Blätter grün werden, sondern dass es auch warm wird, dass ich draußen sitzen kann.

Aber dieser Widerstand, genau dieser Widerstand ist es, der die Sache schwierig macht. Bewegung und Veränderung wird immer sein. Ob beim Frühlingswetter, bei den Frühlingsfesten oder bei den Veränderungen im Außen und in meinem Leben.

Ich kann der Veränderung nicht aus dem Weg gehen.

Ich bin, das Leben ist, alles ist Schwingung. Und Schwingung ist Bewegung. Und das ist gut so. Ich liebe Schaukeln (selbst heute noch!) – und bin glücklich, wenn ich die Bewegung fühle – je höher desto besser. Natürlich kribbelt es dann auch mehr im Magen, doch das ist ja auch schön.

Jedenfalls, wenn ich es so betrachte.
Wie so oft im Leben (immer vielleicht sogar?) hängt es von der Haltung ab, die ich dazu habe. Beim Schaukeln ist das relativ einfach, doch das ist natürlich nicht immer so, wenn etwas deutlich in Bewegung gerät.

Es ist nicht einfach, die Widerstände gegen Veränderungen (wenn sie denn nicht so sind, wie ich sie mir vorstelle) abzulegen. Doch einen Versuch ist es immer wieder wert, denn: Der Gewinn ist unglaublich.

Ja, und die Kaskade an Festen und Farben, Herausforderungen und Tiefe wird so zu einem Meisterspiel. Ich habe das Leben selten als Spiel gesehen, das kam in meinem Horizont nicht vor. Doch jetzt, wo ich mich so langsam dahinein und darin zurechtfinde, merke ich, wie großartig das eigentlich ist.

Bei den klassischen Frühlingsfesten wie Karfreitag und Ostern ist das deutlich zu spüren, selbst wenn das für manche/n die Tiefe von Karfreitag schönredet…

Und doch: Es geht in das Helle, es geht in die Auferstehung.
Und davor liegt die tiefste Tiefe von Verzweiflung, Verrat, dann sterben.
Ja. Das sind krasse Gegensätze, nicht nur damals, sondern immer wieder neu. Die Beispiele in der Gegenwart sind endlos.
Und für die, die mitten drin stecken, ist das kein Spiel. Ich will ihr Leid nicht kleinreden. Und gleichzeitig ist es nicht mein Leid.

Ich darf die Sonne sehen und mich daran freuen – und mein Umfeld darauf aufmerksam machen und – vielleicht – mit meiner Freude anstecken. Gleichzeitig kann ich hinschauen, was es – hier und für mich – zu tun gibt um Leid zu lindern. Doch keiner Frau, deren Mann im Krieg ist, ist geholfen, wenn ich mir die Freude am Frühling versage.

Wir leben in einer polaren Welt. Wir können Leben nicht „haben“ ohne Tod. Wir können Schönheit nicht erkennen ohne Hässlichkeit. Wir können Freude nicht spüren, wenn wir Leiden nicht kennen.

Ist es vermessen, das als Spiel zu betrachten?

Keine Ahnung, von welcher Warte aus Jesus das gesehen hat.

Vielleicht hat er es vor seiner Inkarnation als Spiel betrachten können.
Am Ende mit Sicherheit nicht, sonst hätte er nicht gerufen „mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“.

Und doch möchte ich uns den Blick auf unser Leben als ein Spiel eröffnen, wenigstens versuchsweise. Ein Spiel, das wir fröhlich und auch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit spielen können. Oder dass wir absolut persönlich nehmen und uns darein verbeißen können.
Jesus hat noch am Tag vor seinem Tod gefeiert.
Er hat sich nicht verbissen in die Idee „oh, jetzt muss ich leiden“.
Vielleicht sollten wir das auch nicht tun. Nicht einmal, wenn wir in die Welt hineinschauen und merken, wie schwierig das an vielen Stellen ist/wird, wie die Nachrichten sich überschlagen und wir den Kopf gar nicht mehr darüber kriegen und denken, „Jetzt geht die Welt unter ( oder zumindest wird sie furchtbar)“.

Vielleicht können wir uns – wenn wir das gespürt haben und uns hinein gefühlt haben, – vielleicht können wir uns dann aufrichten.
Die Auferstehungskraft spüren.
Darauf vertrauen, dass das Leben sich durchsetzt.
Im Kleinen und im Großen.

Ich bin keine Blume. Aber wenn ich die Magnolienknospen hier vor meinem Fenster sehe, dann merke ich, wie sie jeden Tag ein Stückchen dicker werden. Ihren kuscheligen und sicheren Platz in der Knospe so nach und nach aufgeben müssen.
Neulich kam mir ein inneres Bild dazu: Ich hatte um meinen Kopf eine Art Ring, festanliegend und starr. Und plötzlich machte dieser Ring „knack“ und platzte auf. Das war ein richtiger Schockmoment.

So ähnlich, denke ich, ist es ist bei Knospen auch. Irgendwann ist dieser Übergang da, springt die Schale. Oder in der Erde: Ein Same geht auf, eine harte Nussschale will gesprengt werden, damit ein Trieb für einen neuen Haselnussstrauch hervor kommen kann. Ich weiß nicht, wie das für den Samen / die Knospe ist, sie macht es einfach. Wir Menschen tun uns da schwer, weil wir zu viele Bilder im Kopf haben. Unser wunderbarer Verstand erzählt uns ja gern, dass Veränderung, dass Wachstum und Aufrichtung in unsere Größe schmerzhaft sein werden, dass es wehtun wird. Er will sich einfach in der Komfortzone halten. Und da ich ein sehr verstandesbetonter Mensch bin, höre ich ziemlich häufig auf ihn und tue mich mit Veränderungen schwer.

Der Frühling ist so eine wundervolle Ausnahme!

Und in Anbetracht all der Nachrichten, die reinkommen, die ich mir zwar wohldosiert, aber eben doch zu Gemüte führe, – in Anbetracht all dieser Nachrichten positiv auf Veränderung zuzugehen und darin eine Möglichkeit zu mehr Fülle, mehr Gnade, mehr Schönheit in meinem Leben zu entdecken, ist eine neue Idee für ich. Das will ich in diesem Frühling ganz besonders üben.

Und Ostern feiern, Auf-Erstehung. Wer da tot im Grab liegt, der tut sich vielleicht auch schwer, aufzustehen und sich aufzurichten. Wie denn auch? Die Knochen sind es nicht gewöhnt. Da sind Wunden, von vorher. Also auch Auferstehung – so schön, wie es klingt – hat mit Veränderung zu tun – und zwar mit einer grundlegenden und fundamentalen Veränderung.

Und mit Chance!

Das gilt auch für uns. Die Chance einer Veränderung, die uns größer macht, die uns in unsere innere Größe wachsen lässt. Die uns aus der Komfortzone herausholt. In etwas fundamental Größeres und Schöneres – in ein neues Leben, neue Beziehungen, neue Gemeinschaft und neue Gesellschaft.

Schauen wir es dem Frühling und Ostern ab und geben der Veränderung eine Chance!

Ich begleite Meditierende und Menschen, die sich auf die Zeit nach dem Berufsleben vorbereiten wollen, feiere Jahreskreisrituale und biete bei Bedarf rituelle Begleitung zu Lebensfesten (Willkommensfeste, Abschiedsfeiern u.a.) an. Und nehme mir viel Zeit mit und in der Natur. Und ich schreibe gern.
Dorothee Kanitz www.meditation-spirit-ritual.de

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5 Kommentare zu “Der Veränderung eine Chance geben – Gedanken zur Osterwoche
  1. Liebe Dorothee!
    Hab Dank für die Feier des Lebens, die aus deinen Worten blitzt.
    Annehmen, was ist? Sagt sich immer so schnell – und, da bin ich ganz bei dir, wenn man drinsteckt, ist es alles andere als ein Spiel.
    Für mich ist der Karfreitag der wichtigste Tag, denn es war ein Karfreitags-Gottesdienst kurz vor Ausbruch meiner Panikattacken, in dem mir Jesus das erste Mal als Freund begegnete und mir mit seinem Sterben die Befreiung anbot. Klingt sonderbar, war für mich aber Starpunkt in die Heilung.
    Ostersonntag feiere ich am liebsten in der Stille. In der stillen Freude darüber, dass ich annehmen kann was ist – in all seinen Facetten.
    Gesegnete Ostern, ihr Lieben!
    Herzensgrüße
    Imke

    • Dorothee sagt:

      Liebe Imke, danke für deinen Kommentar – und dafür, dass du dein Ostern mit uns teilst. Wie schön, dass du deine Art gefunden hast, dieses Fest zu zelebrieren… Danke auch für den Buchtipp und deinen Kanal.Ich wünsche dir den Segen aller Seiten dieses Festes und weiterhin die Freundschaft Gottes*.
      Tiefe und weite Ostertage für dich und uns alle!

  2. Nachtrag
    Vor ein paar Wochen habe ich ein Buch in die Hände bekommen, dass mich sehr berührt hat und das ich euch ans herz legen möchte:
    Ich habe dazu eine kleine Videobesprechung gemacht – vielleicht berührt es euch, wie es mich berührt hat. Ein echtes Mutmach-Buch und passend zu Ostern!

    https://www.youtube.com/watch?v=H4Hw63rjEJQ&t=16s

    Herzensgrüße und eine gesegnete Zeit euch allen.

    Imke

  3. Miriam sagt:

    Liebe Dorothee, liebe Imke, während eure mit-geteilten Gedanken plus Kommentar schon da, aber von mir noch ungelesen waren, schrieb ich selbst lange an einem – kurzen – Text. Die Themen, das innere Erkennen, Entwickeln auch, in euch und mir sind so nah beieinander, dass ich freudige Gänsehaut bekomme beim Entdecken. So schön ist mir das! Dank dir für dein Teilen, liebe Dorothee! Ein Zuruf zu dir Imke: der wunderbare Poet und Pfarrer Kurt Marti schreibt ein Gedicht, das mit einer fröhlichen Entdeckung spielt: ostern, o stern. Das mag dir Freude machen, da du von deinem „Starpunkt“ schreibst, der dir in der Begegnung des Karfreitags geschenkt wurde. Ich rufe ein trautes Beisammensein in die Zukunft, an dem wir auch miteinander erzählend ausbreiten mögen, was es da an Freuden am Weg zu teilen gibt. Herzgrüße in euer Hier und Jetzt!

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