Einfach so

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Meistens handeln wir mit einer gewissen Absicht, mit einer Erwartungshaltung, einem Ziel. Seltener tun wir etwas absichtslos, einfach so. Dabei liegt in der Absichtslosigkeit ein großes Geschenk, denn sie bringt unser Herz ins Hier und Jetzt.

Letzte Woche hat mir eine Freundin, die seit vielen Jahren Teilnehmerin meiner Schreibräume ist, ein Geschenk gemacht. Sie hat einen Text aus dem gemeinsamen Schreiberleben liebevoll mit der Hand aufgezeichnet und gerahmt. Einfach so. Vor einigen Monaten brachte mir eine andere Freundin ein Buch mit. Sie hatte es in einem Laden gesehen, musste an mich denken und hat es mitgenommen. Einfach so. Im Vorbeigehen lächelt mich eine Passantin an – einfach so, und ein Busfahrer wartet an einer unübersichtlichen Straßenecke, obwohl er Vorfahrt hat. Einfach so.

Geschenke. Lichtmomente. Reine Freude, die keinen Anlass sucht oder braucht.

Liegt in dieser Absichtslosigkeit nicht ein besonderer Zauber? Wenn einem Tun sein Ziel genommen wird, dann entsteht ein größerer Raum, in dem etwas geschehen darf. Einfach so. Diese Offenheit im Tun ist vielleicht verspielt oder einladend. Auf jeden Fall neugierig und liebevoll. Im absichtslosen Handeln laden wir das Leben selbst ein, zur Gestalterin des Hier und Jetzt zu werden. Einfach so. Ich sehe dich. Ich spüre eine Einladung, etwas zu tun. Ich folge ihr. Aus dem Impuls heraus entsteht etwas. Ein Baum wächst aus einer Eichel, einfach so. Er bietet Nahrung, Schatten, Schönheit, Majestät. Aber ist das sein Ziel oder ist es die Absichtslosigkeit des Seins, die seine Präsenz ausstrahlt? Hat er einen anderen Zweck, als einfach da zu sein? *

Absichtslosigkeit ist zweckfrei und vor allem erwartungsoffen. Hier wird es schwierig – zumindest für mich. Vielleicht gewähre ich, beflügelt von der oben erwähnten Freundlichkeit des Busfahrers, einem entgegenkommenden Auto die Vorfahrt. Einfach so. Und der Fahrer nimmt sie sich. Und fährt weiter. Kein Lächeln, kein Winken, kein Dank. Ich grolle. Also war mein Handeln doch nicht absichtslos! Ich wollte ja etwas zurück, hatte einen Dank erwartet. Spannend, oder? Was so alles passiert, wenn wir hinter unsere eigene Motivation blicken, tief graben und auf Erwartungen treffen.

Trotzdem und inmitten all dieser Polarität liegt für mich der Zauber des Einfach-so auch in der Möglichkeit, eine Brücke zwischen Verzicht und Fülle zu schlagen. Wo wir nicht mehr müssen, sondern können; wo Erwartung der Offenheit weicht, dort kann Absichtslosigkeit unseren Handlungen und Wünschen eine Unschuld geben, die frei ist vom Wollen. Wir steigen aus und verlassen den engen Kreislauf von Mangel und Verlangen. Wir öffnen uns dem, was uns begegnet. Absichtslos. Offen. Neugierig. Das Einfach-so ist völlig frei von jedweder Notwendigkeit und macht daher die Entscheidung für oder gegen etwas zu einem Prinzip der puren Lebensfreude. Warum machst du das? Weil ich es kann. Oder – noch besser – weil ich es nicht kann und es genau deswegen trotzdem tue. Einfach so.

Und genau so wird Absichtslosigkeit zur Einladung für Wachstum und Co-Kreativität. Und genau deswegen heißen meine Schreibräume „Schreiben – einfach so“. Und genau jetzt sind wir dort, wo ich hinwollte. Ich hatte also ein Ziel, denn neben der Absichtslosigkeit bleibt auch die Zielorientierung ein wichtiges Prinzip. Ich schrieb diesen Text zunächst einfach so, um zu forschen; und dann auch als Einladung: Möchtest du gemeinsam mit mir im Schreiben einfach so einen neuen Wir-Raum gestalten? Es gibt ab September wieder neue Gelegenheiten: Jeden zweiten Donnerstagabend und – neu – am Mittwochmorgen öffnen wir (online) einen Schreibraum – ohne Absicht, mit ganz viel Sinn: Nicht das Geschriebene ist unser Ergebnis, sondern das Schreiben selbst. Und das Teilen der Geschichten im tiefen Zuhören.

Ab sofort sind bei beiden Terminen wieder wenige Plätze frei – schau hier für den Donnerstag und hier für den Mittwoch. Ach, und falls du lieber in Präsenz schreiben möchtest und in der Nähe von Aachen wohnst – dann könnte dieses Angebot für dich sehr interessant sein.

Ob in Präsenz oder Online, morgens oder abends, immer oder gelegentlich: Im gemeinsamen Schreiben und Vorlesen wächst die Sicherheit und damit – ganz natürlich – die Lust am Tun. Immer öfter beginnst du zu schreiben – einfach so.

*Wenn wir jetzt weiterdenken würden, kämen wir vielleicht an die Frage, ob im Leben überhaupt irgendetwas ohne Absicht sein kann? Ist es nicht so, dass jedwedes Leben einzigartig ist und genau in dieser Einzigartigkeit seinen Platz in der Interdependenz des Seins einnimmt – im All-Einen? Folgt das Universum einem Plan? Nun – große Fragen. Vielleicht magst du ihnen folgen – einfach so. 😊

Andrea

Andrea Goffart ist Autorin, Schreibcoach und Gestalterin von Wir-Räumen. In ihren Schreib-Räumen, mit einem monatlichen Newsletter FEDERFLUSS (hier eintragen) und dem gleichnamigen Buch (Infos direkt beim Verlag) gibt sie Impulse für das intuitive und kreative Schreiben – für Menschen mit und ohne Schreiberfahrung.

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Ein Kommentar zu “Einfach so
  1. Anna Daskaloudi -Lampe sagt:

    Ein sehr schöner und wertvoller Impuls . So kann Leichtigkeit in den Alltag gebracht werden , wenn wir es schaffen , unsere Erwartungshaltung zu reduzieren . Sie steht uns oft im Weg , aber vielleicht gelingt es uns dennoch immer mehr, sie hinter uns zu lassen und die Einfach-so Momente überwiegen zu lassen – Einfach so – das wäre wunderbar.

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