Message in a bottle
Sechs Jahre war ich mit dem Wandercircus Kala Shejtan unterwegs. Wir spielten unter freiem Himmel, nähten unsere bunten Kostüme selbst, waren zugleich Artisten und Musikanten und hinterließen eine Spur aus Kinderlachen und sehnsuchtsvoll-träumerischen Blicken, wenn wir durch die Lande zogen.
In dieser Zeit fühlte ich mich im normalen Leben oft fehl am Platz und war froh, in der bunten Schar der Circusleute mein wanderndes Zuhause gefunden zu haben. An einem unserer Lieblingsorte besuchte ich einmal die Vorstellung eines Puppentheaters.
Bevor das eigentliche Stück begann, beschrieb der Erzähler, wie ein Flaschenschiff gebaut wird. Er sprach über die Feinheiten des Schiffs, die filigranen Segel und die Masten, die mit vielen Fäden verbunden behutsam aufgerichtet werden, nachdem das Schiff durch den Flaschenhals in die Flasche eingefädelt wurde.
Er sagte: „Ein Flaschenschiffbauer hat nur einmal die Chance, seinem Schiff die Segel zu setzen. Entweder es gelingt ihm beim ersten Mal oder nicht. Der wichtigste Moment aber ist der, in dem die Flasche verkorkt wird. In diesem Moment wird das Schiff unsinkbar.“
Und dann sagte er jenen Satz, der mich damals tief erreicht hat und an den ich mich immer wieder erinnere, wenn ich mich in der Welt fremd oder fehl am Platz fühle: „Manchmal ist es gut, wenn Dinge dort sind, wo sie eigentlich nicht hingehören. Denn dann können sie nicht untergehen.“
Einen Dokumentarfilm über den Wandercircus Kala Shejtan (2004 von Toralf Friesecke gedreht), in dem auch diese kleine Geschichte erzählt wird, findet ihr hier:
Liebe Catrina, mir erschließt sich der Sinn des letzten Saztes leider überhaupt nicht. Kannst du das ihn mir bitte erklären?
Liebe Astrid (und liebe Catrina),
das geht mir interessanterweise auch so und ich bin neugierig auf die Antwort.
Also in Bezug auf das Flaschenschiff verstehe ich, was gemeint ist (unsinkbar). Aber die Analogie zu uns Menschen sehe ich irgendwie nicht. Aber manchmal steht man ja wirklich auch auf dem Schlauch. 🙂
Herzensgrüße zu euch
Britta
Danke für eure Nachfrage, ihr Lieben.
Es tut mir leid, wenn ich mit meiner Geschichte für Verwirrung gesorgt habe.
Das wollte ich nicht. Ich habe den Satz damals so verstanden, dass eine bestimmte Qualität, die aus ihrem gewohnten Umfeld in ein fremdes Habitat versetzt wird, dazu führen kann, dass sich diese dort weiterverbreiten kann und erhalten wird.
Mir hat der Satz damals geholfen, mich mit meiner kindlich-träumerischen Wesenart in einer eher rationalen Welt trotzdem am richtigen Platz zu fühlen.
Er hat mir Mut gemacht, ich selbst zu sein, auch wenn die Umgebung nicht mein vertrautes Habitat ist.
Ich hoffe, ich konnte die Unklarheit, die meine Geschichte hinterlassen hat, ein wenig erhellen.
Habt nochmals Dank für euer ehrliches
Nachfragen:-) Alles Liebe, Catrina
Ich glaube es beschreibt das sich aufgeben oder einfügen in einen Ort, an dem man sich grössenteils Willkommen fühlt. Je weniger ein Ort diese Qualität hat desto mehr bleibt man für sich…
Steht ein Leuchtturm gemeinsam mit vielen anderen in einer Gruppe, ist er unter Gleichgesinnten.
Er fühlt sich wohl und geborgen, aber seine eigentliche Aufgabe kann er nicht wirklich erfüllen.
Er geht „unter“.
Steht er allein (und einsam), weit weg von all den anderen Leuchttürmen, wird er beachtet, als Orientierung gesehen und gebraucht, und kann seine eigentliche Aufgabe mitten in der Dunkelheit erfüllen.
Er geht nicht unter.
Dort, wo jemand „eigentlich“ nicht hingehört, ist relativ.
Vielleicht gehört er genau dorthin.
Liebe Grüße
Liebe Catrina, Astrid, Britta, Andrea, Dagmar – freu mich von Herzen an dieser feinen nachLese zu Catrinas Message in a Bottle. Was für ein warm umarmendes Feld da im Gespräch entstanden ist. Die schönste Form Geschichten zu erzählen – scheint mir. Eine erzählt, Hörende folgen. Lassen sich berühren. Fragen nach. Und im Austausch wird der Raum groß und größer noch als im ersten, so fein anstiftenden Erzählen. Erstaunlich schönes Erleben. newslichter Reichtum!
Habt von Herzen Dank für diesen wunderbaren Austausch, ihr Lieben:-))))))))
Und danke für das Bild von den Leuchttürmen, liebe Dagmar. Das beschreibt es so gut.
Dass unsere Gaben oft erst dort richtig zur Geltung kommen, wo wir nicht unter unseresgleichen sind.
Dass sie dort hervorleuchten und inspirieren können wie eine zarte Rose im Schnee.
Das macht Mut.
Liebe Miriam, danke, dass du die besondere Qualität unseres Austauschens so liebevoll in Worte
gefasst hast. Das beglückt und beschenkt mich sehr:-)
Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung. Alles, alles Liebe für euch, Catrina