Glückstreffer

Da überrascht mich doch heute eine Tänzerin der Lüfte mit ihrem Gruß – punktgenau zeichnet die hoch oben im Himmelsblau umhersausende Schwalbe mir mit ihrem kostbaren Dünger die Stirn. Das hätt aber nicht notgetan, soll das jetzt Glück bringen, lach ich vor mich hin. Lass meine Wäsche stehen und geh nach drinnen, um den Vogelschiss im Spiegel zu begutachten und liebevoll abzuwaschen.
Eine alte Erinnerung an einen Rucksackurlaub nach Italien taucht mir da auf, quarant‘ anni fa, vierzig Jahre ist das schon her. Da geschah ähnliches. Und brachte meine Schulfreundin und mich um unsere eben gekaufte, leckere Pizza. Frisch aus dem Holzofen. Denn der Haupttreffer landete zwar auf ihrer (oder meiner?) Schulter. Aber es gab da leider auch ein paar Spritzer in die Peripherie. Was hieß: Pizza wegwerfen und neu unser Abendessen ausdenken. Gleichwohl haben wir damals das Ereignis als etwas Besonderes erlebt. Denn wir waren nicht etwa in Venedig auf dem Markusplatz. Sondern in einem winzigen alten befestigten Burgstädtchen. Und eben dabei, uns zum Essen auf eine uralte Steinbank an einer Kirche niederlassen, als uns der Wink des geflügelten Wesens aus den Lüften traf.
Heute nun les ich so dies und das nach, was in der weltweiten Weberei zur Auszeichnung durch einen Vogelschiss zu finden ist. Und lächle den überlieferten, noch durch keine Hygiene- und Ekelreaktionen verstellten, alten Deutungen zu, die ich dazu finde. Es geht – ganz klar – um Glück, ein Zugang, der offenbar seit drei Jahrhunderten bezeugt ist. Und welche hätte das nicht, die ihre Pflanzen etwa mit Guano stärkt.
Da der Dünger aber ja nun mich traf, zumal meine Stirn, mag ich in meinem Fall am allerliebsten diese Lesart: dass solches Ereignis als Hinweis auf Erweckung und innerliche Neuausrichtung gedeutet wird. Und das gefällt mir ausnehmend gut. Weils mir im Bezug auf meine aktuell wahrlich prächtigen Wachstumsherausforderungen ein höchst willkommener Segensgruß ist. Eine Aufmunterung, die mein Herz wärmt. Mich stärkt. Und mich dankbar berührt lächeln lässt.
Meine Wäsche flattert inzwischen farbenfroh im Spätsommerwind – ohne Düngertreffer. Und oben drüber im Blau des Himmels weben all die eleganten Tänzerinnen der Lüfte ihre Choreografie des lebendigen Augenblicks.
Liebe Miriam, so frisch(?) „bekackt“ und frisch erleuchtet – wie fröhlich und liebevoll du das betrachtest! Und gute Erinnerungen ausgräbst…
Ja, das Gewebe des Lebens hat spannende Fäden und du lässt sie immer wieder neu leuchten, in dir, für dich und andere. So dankbar bin ich für die große Vielfalt in dir, in Freud und Leid. Und dafür, dass du es teilst, auf deine ganz besondere Weise. Danke für diesen Sonntagsgruß, der mich an dem Glücksschiss teilhaben lässt. Dorothee
Herzlichen Dank fürs Erinnern…….vor zwei Tagen, schick angezogen und zum Wegfahren bereit, entdeckte ich auf der Windschutzscheibe und am Gummi des Scheibenwischers klebend einen riesigen weißen Vogelsch…, französisch „crotte d’oiseau“. So groß, daß er nur von einem Storch stammen konnte! (ich lebe im Elsass) Zwei Wasserflaschen waren nötig um die Spuren zu beseitigen.
Dank Deiner Rückerinnerung, liebe Miriam, entstehen in meinem Geist ganz neue Interpretationen für diesen Vorfall. In ein paar Wochen muss ich mit meinem geliebten Altwagen zum TÛV.
Da kann ja nur alles wie am Schnürchen laufen………
Salut, Cornelia
Dass ich heute deine Gedanken zum „Glückstreffer“ lesen darf, ist bestimmt kein Zufall, denn mich hat auch letzte Woche so ein Glückstreffer ereilt! Das war mir vorher noch nie passiert.
Ich hatte mich gerade mit einer Freundin an einem Tisch niedergelassen, der unter einem Baum stand, als ich etwas Feuchtes auf meinem Kopf und Rücken spürte. Ich schaute nach oben und da turnte ein Spatz durchs Geäst. Mein erster Gedanke war auch, soll ja Glück bringen 🙂
Die Bedeutung von Erweckung und Neuausrichtung passt auch grad gut bei mir.
Danke für deine Recherche!
Gudrun
Liebe Miriam, da wünscht man sich doch glatt auch einen Vogelschiss ☺️. Danke, dass Du Deine Himmelsgabe – zumindest wörtlich – mit uns geteilt hast. Hast mich damit zum Lächeln gebracht, und ich freue mich schon fast auf eigene Erfahrungen diesbezüglich 😍. Dir heute eine magische Mondfinsternis – da ist ja vielleicht ein bisschen Erleuchtung für uns alle drin 😇.
Liebe Grüße zu Dir Christine