Gewalt ist keine Lösung

Foto: Peace Direct

Im Londoner East End zielt das Jugendprojekt Truce 2020 (Waffenruhe 2020) darauf ab, jungen Menschen die Fähigkeiten zu geben, mit Konflikten in ihren sozialen Gruppen umzugehen und sie zu entschärfen. Nachfolgend reflektiert Klaudia Brezna, eine 19jährige Friedensstifterin direkt aus London über die Geschehnisse der letzten Woche: „Wie die meisten Londoner habe auch ich ungläubig mitangesehen, wie schnell die Unruhen sich Montagnacht über London verbreitet haben und wie sorglos die jungen Menschen wurden gegenüber ihrer Nachbarschaft und ihrem Gemeinwesen, in dem sie leben.

In den vergangenen Jahren hatte ich das Privileg, mit jungen Menschen im Jugenprojekt Truce 2020 (Waffenruhe 2020) mitzuarbeiten, dass von Peace Direct und Conflict and Change finanziert wird. Newham ist eine der sozial benachteiligsten und ethnisch vielfältigsten Gegenden Londons. Die persönliche Entwicklung, die ich im Leben junger Menschen miterleben konnte, trotz ihres herzzerreißenden Hintergrunds, haben mich sprachlos und demütig gemacht. Nachdem wir ihr persönliches Potenzial angezapft haben, das danach schrie, sich entfalten zu können, war das Ergebnis eine Bewegung begeisterter und zielstrebiger junger Menschen, die in der Lage waren, ihre neuen Fähigkeiten weiterzugeben und über 2.500 junge Menschen allein in den letzten beiden Jahren zu inspirieren.

Und nicht alle jungen Menschen randalierten. Diejenigen, mit denen ich in den letzten paar Jahren gearbeitet habe, wandten sich gegen den Gruppendruck und machten sich über die Taten der Unruhestifter lustig. Während andere Jugendliche ihre Freunde dazu brachten, ihnen auf die Straße zu folgen, motivierteb die jungen Menschen vom Truce-Projekt ihre Frustration  ihre Freunde, zuhause zu bleiben. Positive Botschaften über den Wiederaufbau stärkerer Gemeinwesen, über die Notwendigkeit, als positive Vorbilder zu handeln, und dass Gewalt nicht tolerierbar ist, tauchten immer wieder in den Facebook-Profilen der Truce-Absolventen auf:  „Diese Unruhen haben keinen Anlass. Sie sind Vandalismus und sinnlose Gewalt. Diese Randalierer beschädigen ihre sozialen Gemeinschaften und treffen die einfachen Leute, die alles zu verlieren haben. Jugendliche in Syrien riskieren ihr Leben, um friedlich für Demokratie und Redefreiheit zu demonstrieren – wofür stehen diese Krawallmacher? Bitte verbreitet diese Botschaft: die Unruhen sind KEIN Weg nach vorne. Sich selbst und der Gesellschaft zu schaden ist kein Weg, seine Frustration über das System zu artikulieren“ Narjas, 19 Jahre, Teilnehmerin von Truce 2020.

Es gab viele, die ihre Beschwerden über die Macht der Behörden, die fehlenden Möglichkeiten für Jugendliche, die geringen Aussichten auf Arbeitsplätze und das Problem der Studiengebühren klar artikulieren konnten. Aber obwohl diese Beschwerden real und komplex sein mögen, wussten die jungen Menschen sehr gut, dass Gewalt die zugrundeliegenden Probleme nicht lösen kann. Aus dem Feedback der vergangenen Jahre unserer jungen Menschen ergibt sich eine klare Botschaft: es fehlten die positiven Vorbilder oder Menschen, zu denen sie aufschauen können. Dies zeigte sich an der Unfähigkeit mancher Eltern, ihren rebellischen Nachwuchs nach Hause zu holen. Die aktuelle, aus drastischen Kürzungen in der Jugendhilfe resultierende Schließungswelle bei Jugendzentren und Initiativen, die junge Menschen mit sinnvollen Möglichkeiten versorgen, war auch nicht gerade hilfreich.

Ich will das von Habgier getriebene Verhalten nicht entschuldigen, dass Leute auf die Straße treibt, um sich mit der neuesten Designermode und Elektrogeräten zu versorgen. Aber meiner Meinung nach ist das die Offenbarung tiefergehender struktureller Ungleichheiten. Die kurzfristige Herausforderung der Politik ist es, die Sicherheit zurück auf die Straßen Londons und anderer Städte zu bringen. Aber langfristig müssen wir sicherstellen, dass die zugrundeliegenden Auslöser dieser Gewalt verstanden werden und man sich um sie kümmert.

Ich habe in persönlichem Kontakt mit schwer zu erreichenden jungen Menschen gearbeitet und konnte miterleben, wie Persönlichkeiten sich zum Positiven hin entwickelten, nachdem sie an unserem Programm teilgenommen hatten. Das hat in mir die feste Überzeugung hinterlassen, dass Jugendinitiativen, die junge Menschen mit Fähigkeiten ausstatten, die sie von unsozialen Verhaltensmustern abbringen und ihrem Leben einen positiven Weg aufzeigen, eine der Antworten auf die Herausforderungen sind, denen wir uns gegenwärtig in unseren Gemeinden Großbritanniens gegenübersehen. Positive Nachrichten und Einladungen, die Straßen von Newham aufzuräumen, erscheinen seit Dienstag vermehrt auf den Facebook-Seiten der Truce-Absolventen. Die ersten Brainstorming-Sitzungen, wie man seinen Teil zum Gemeinwesen beitragen kann, haben bereits stattgefunden.

Die Unruhen werden vorübergehen, aber die jungen Menschen von Truce werden bleiben!“

Hintergrund: Truce 2020 ist ein preisgekröntes Projekt für junge Menschen zwischen 16 und 21 Jahren im Londoner Stadtteil Newham. Von jungen Menschen persönlich geleitet, stattet es sie mit Konfliktlösungsfähigkeiten aus und unterstützt sie bei der Entwicklung von Projekten zur Konfliktlösung. Dabei widmet es sich den Problemen der Gemeinwesensarbeit und Friedensstiftung auf lokaler, nationaler und auch internationaler Ebene.

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