Gemüse Guerilla bepflanzt Großstädte


Spaniens Gemüse Guerilla bepflanzt Großstädte. Sie kämpfen gegen Unkraut und die Unwirtlichkeit der Städte und besetzen freie Grundstücke für eine Handvoll Gemüse. Sie sind die Pioniere der Großstadt.

Wühlarbeit im Untergrund. Illegale Landnahme. Von Rechts wegen darf hier jedenfalls niemand die Hacke schwingen. Aber das stört diese Herrschaften nicht. Sie sind Barcelonas Gemüse-Guerilla. Sie brechen das Gesetz für eine Handvoll Salat. „Hier. Nicht sehr groß, aber lecker.“

Antonio und die anderen sind arbeitslos. Nur eins haben sie im Überfluss: Freizeit. Also haben sie ein öffentliches Grundstück besetzt und einen Gemeinschaftsgarten gegründet. Antonio Martin Sanmamerto:
„Es ist meine neue Leidenschaft. Eine sinnvolle Beschäftigung, für die man kein Geld braucht. Und man lernt jede Menge Leute kennen. Seit es den Garten gibt, habe ich viel mehr Freunde.“ Und „Die vom Rathaus wollen uns hier nicht lassen. Aber was har hier vorher? Das Grundstück war völlig verwahrlost. Die Hunde haben ihr Geschäft verrichtet, und es gab Ratten. Und durch unsere Arbeit ist es doch viel gepflegter.“

Immer mehr Spanier pflanzen neuerdings wild, besonders seit Beginn der Wirtschaftskrise. Juana Córdoba ist eine Pionierin dieser Bewegung. Schrebergärten wie in Deutschland kennt man in Spanien kaum. Was es aber – vor allem in Barcelona – gibt, sind besetzte Häuser wie dieses verlassene ehemalige Armenhospiz. Und so kam Joana die Idee, die jugendlichen Hausbesetzer zu fragen, ob sie ihr wohl ein Stück Garten abtreten könnten. So entstand eine ungewöhnliche Allianz. Bürger und Besetzer. Pflanzen ohne zu besitzen, ernten ohne Miete zu zahlen. Anfangs war das Joana nicht geheuer.

Juana Córdoba Ortega: „Klar, ich bin jetzt auch Besetzerin. Denn das hier gehört mir ja nicht. Es gibt auch ein Gerichtsverfahren, eine Räumungsklage. Das ist in der Schwebe. Im Moment sagt uns keiner wie es hier weitergeht. Aber ich würde sagen: Wir haben ein verlassenes Gelände in etwas Produktives verwandelt. Und noch dazu finden hier alte Menschen eine sinnvolle Beschäftigung.“

Rentner José kam vor 50 Jahren aus Andalusien nach Barcelona, auf der Suche nach Arbeit. Vom Dorf in die Großstadt. Mit 83 kann er zum ersten mal wieder ein Gemüsebeet beackern: „Es ist doch eine ganz andere Luft, die man hier atmet. Jede Pflanze atmet! Mann, das ist großartig.“

So ist ganz Nebenbei außer Tomaten und Auberginen noch etwas anderes gewachsen: Gemüse verbindet Generationen.

Ainhoa Roca, Hausbesetzerin:
„Wo sonst würde ich Freunde finden, die 83 sind?“

José Peleguezuelos, Rentner:
„Ja klar. Und wir nehmen uns dafür ein bisschen was von eurer Jugend. So vermischt sich alles.“

Aus dem gesetzlosen Idyll zurück in ihren legalen vier Wänden. Wohnen wie die Hausbesetzer – das könnte sich Joana dann doch nicht vorstellen. Aber ein schlechtes Gewissen hat sie auch nicht wegen ihres Gartens: „Die Polizei war ja mehrfach bei uns und wollte das Gelände räumen. Aber dann haben sie uns gesehen, merkten, dass wir ganz harmlos sind und haben uns in Ruhe gelassen. Bisher ist für uns alles gut gegangen.“

So gut, dass die Stadtoberen jetzt sogar umdenken. Auf diesem Platz hat das Rathaus zum ersten Mal einen wilden Garten legalisiert. Die Nachbarn hatten jahrelang mit angesehen, wie ihr Viertel verkam. Bis einer auf die Idee kam, das Pflaster aufzureißen und den Boden zu bepflanzen. Mit Gemüse gegen den Verfall. Francisco Roldán: „Lärm, Staub, Abrisshäuser und Müll – sonst gab’s hier nichts. Und das über Jahre, ohne Aussicht auf eine Lösung. Das machte uns natürlich wütend. Und irgendwann sagten wir Nachbarn uns: Wir müssen das selbst in die Hand nehmen.“

Stadtplanung von unten. Denn nach langem hin und her ließen sich die Politiker überzeugen, dass der Garten bleiben darf. Und zum Zeichen, dass hier jetzt alles seine Ordnung hat, durften die Nachbarn ihre Beete sogar einzäunen. Juana Cordoba hofft, dass dieses Beispiel jetzt Schule macht. Vor allem in Vierteln wie diesem, wohin sich keiner der vielen Barcelona-Touristen verirrt, und die auch für ihre Bewohner sonst wenig Anziehendes haben.

Ein Bericht des Bayerischen Rundfunks von 2010.

Auch in Deutschland gibt es immer mehr öffentliche Gärten z.B. in Andernach.
Mehr Infos auch bei Info-Ideen zur Umweltrettung.

Foto: Stadt Andernach

Foto: Stadt Andernach

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