Ich möchte, dass mir das Autofahren verboten wird!

Foto Benjamin Eichler: Jumana Mattukat auf dem Fahrrad

Von Jumana Mattukat. Es ist erstaunlich. Beim Thema Konsum ist mir total klar, welchen Einfluss mein Einkaufsverhalten hat und ich treffe entsprechend bewusste konsequente Entscheidungen.

Zum Beispiel: ich möchte nicht beteiligt sein an dem, was wir den Tieren antun, also ernähre ich mich vegan und kaufe keine Tier“produkte“.

Oder: ich möchte nicht, dass für meine Kleidung Menschen unter katastrophalen Bedingungen arbeiten müssen, also kaufe ich Fairtrade Mode.

So weit, so gut!

Inkonsequente Bequemlichkeit

Nun beobachte ich an mir auch ein weniger konsequentes, wahrscheinlich typisch menschliches Verhalten. Während ich mich auf dem Fahrrad lauthals über diese „sch… Abgase“ beschwere, die ich tagtäglich einatmen muss wenn ich durch Bremen radle, ist es durchaus möglich, dass ich mich zwei Stunden später selbst „mal eben, weil es gerade regnet“ in mein Auto setze, um einkaufen zu fahren.

Zu meiner eigenen Rechtfertigung packe ich dann höchstwahrscheinlich eine Kiste Wasser in den Einkaufswagen, die ja auf dem Rad schlecht zu transportieren gewesen wäre.

Mein eigenes inkonsequentes Verhalten lässt mich folgendes fordern: es möge mir bitte das Autofahren in der Stadt verboten werden!

Der Traum von der autofreien Stadt

Wie herrlich wäre das: ein Stadtbild komplett ohne Autos, ausreichend Platz für Radfahrer und Fußgänger und öffentliche Verkehrsmittel für diejenigen, die schlecht zu Fuß sind. Statt Geld für Benzin und Reparaturen auszugeben, würden sich viele Menschen vielleicht ein Lastenrad zulegen für die Einkäufe und die beste Radkleidung für jedes Wetter kaufen. Wir könnten Bäume pflanzen und ein bisschen Gemüse hier und da. Wir hätten bessere Luft, viel weniger Stress und Lärm und noch dazu mehr direkten Kontakt zu anderen Menschen ohne Blech um uns herum. Natürlich dürfte es Ausnahmen für ältere Herrschaften und bewegungseingeschränkte Menschen geben.

Dass dies keine völlig naive Vorstellung ist, zeigt zum Beispiel die Stadt Kopenhagen. Dort findet mehr als ein Drittel des täglichen Straßenverkehrs auf dem Fahrradsattel statt. In meinem aktuellen Lieblingsfilm „Tomorrow- die Welt ist voller Lösungen“ ist sehr schön zu sehen, welche positiven Wirkungen das auf die Bewohner der Stadt hat.

Hinter dieser Veränderung steckt Jan Gehl, einer der weltweit bekanntesten Spezialisten der „Copenhagenization“, die Städte zurück an die Fußgänger und Fahrradfahrer gibt und noch viel mehr für die Einwohner tut.

Verbot als einziger Weg?

Rufe ich also tatsächlich nach einem Verbot? Wahrscheinlich rufe ich doch eher nach richtig coolen Alternativen, die es uns leichter machen, auf das furchtbar praktische „steht direkt vor der Tür“ Auto zu verzichten. Ich rufe nach Menschen wie dem Architekten und Stadtplaner Jan Gehl und nach ihren Ideen und ich rufe nach einer Politik, die hier und jetzt mit der Umsetzung dieser Ideen beginnt. Vielleicht rufe ich auch uns alle auf, einmal darüber nachzudenken, welchen Preis wir für unsere Bequemlichkeit zahlen. Dabei fasse ich mir in jedem Fall an die eigene Nasenspitze. Es ist ja nicht so, dass es in Bremen kein Carsharing Angebot gibt.

Dass es einen Aufschrei geben würde wenn wir unser Statussymbol, das Symbol für persönliche Freiheit und die praktische Lösung für viele Strecken nur noch eingeschränkt nutzen dürften, ist klar.

Aber wie lange gab es Proteste gegen das Rauchverbot? Als es schließlich eingeführt wurde, verstummte die Kritik recht schnell.

Und heute sind doch sogar die meisten Raucher froh über das Verbot, das auch ihnen zum Beispiel ein Rauchfreies Essvergnügen bringt. Zumindest die, mit denen ich darüber gesprochen habe.

So wäre auch ich als zweitweise Autofahrerin glücklich wenn ich auf meinem Rad mit meiner Familie durch ein Autofreies Bremen radlen müsste und dürfte!

Ich weiß, dass ich mir nach Schreiben dieses Artikels weniger gut in die eigene Tasche lügen kann und höchstwahrscheinlich von alleine noch weniger Auto fahren werde.

Wie ist die Vorstellung einer Autofreien Stadt für Dich? Würdest Du für diese Freiheit dafür gerne auf Deine persönliche Autofahrfreiheit verzichten?

Jumana Mattukat

Jumana Mattukat ist Veganpionierin und Autorin des Buches „Mami, ist das vegan?“ In ihrem Bewusstseinscoaching gibt sie Impulse für persönliche Wandlungsprozesse. Mehr Informationen und Coachingtermine unter www.jumanamattukat.de

Aktuell berichtet sie als Lebensenergie-Reporterin für www.lebensenergie-projekt.de

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6 Kommentare zu “Ich möchte, dass mir das Autofahren verboten wird!
  1. alberto sagt:

    Warum muss mir dies von „Oben“ verboten werden ? Ich kann doch für mich selbst entscheiden … der Wunsch dass es „von Oben“ verboten wird beiinhaltet doch versteckt den Wunsch dass „die andern“ gezwungen werden meine Lebenseinstellung anzunehmen … = Diktatur !

  2. Angie K. sagt:

    Tja…
    Dann fahren Sie doch einfach nicht mit dem Auto in die Innenstadt.

  3. sssStefanie sagt:

    Ich habe zwar weder Auto noch Führerschein und fände eine Stadt mit nur noch wenigen Autos schöner, aber ich glaube, dass Verbote generell nicht viel nützen. Ein Wandel muss aus den Menschen selbst kommen, so dass ein Verbot gar nicht nötig ist. Verbote zeigen im Grunde nur an, dass die Menschen eigentlich anders leben und handeln möchten und gewisse Dinge nicht aus eigener Überzeugung tun (oder lassen), sondern eher aus Angst vor einer Strafe.

  4. Siehmalan sagt:

    +sssStefanie
    Ich stimme dir zu !
    Obwohl ich kein Christ bin, erinnert es mich an die Geschichte, dass „Gott“ uns den freien Willen gegeben hat, den er allerdings mit den 10 Geboten gleich wieder einschränkt, also ad Absurdum führt. Zumindest dann, wenn man aus den Geboten Gesetze macht. „Gebote“ heißt, es ist geboten oder angeraten, sich so zu verhalten. Damit ist der freie Wille wieder hergestellt. Und Strafe durch ihn/sie ausgeschlossen.
    Aber zum Kern : Wie sollte es klappen, wenn es ein Gesetz gäbe, das unter Strafe fordert, dass so ein „Gott“ verehrt, geliebt werden will ? Das sollte man mal mit einem Mann/einer Frau versuchen, für den mann/frau sich interessierst.
    So ähnlich ist es mit einem Fahrverbot. Nur die Einsicht, also das Bewusstsein aus freien Stücken führt zu echter Änderung, statt zum Handeln aus Angst.

    Liebe Grüße
    Siehmalan

  5. Den Titel habe ich zugegebenermaßen etwas provozierend gewählt. Ich freue mich, dass er wirkt. Wer den Artikel in Gänze liest, hört hoffentlich heraus, dass ich in Freiheit und Selbstverantwortung gewählte Entscheidungen bevorzuge. Um noch einmal das Beispiel des Rauchverbots zu bemühen: fänden Sie es besser wenn es das Verbot nicht gäbe und Raucher immer noch selbst bestimmen könnten, ob sie in Restaurants rauchen oder nicht?
    Übrigens habe ich tatsächlich das Auto noch häufiger stehen lassen und meine größte Freude ist, dass mir viele Menschen rückmelden, dass auch sie seit Lesen des Artikels weniger Auto gefahren sind – freiwillig 🙂

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