Der Wundergarten – Recycling für die Götter

Verlag Freies Geistesleben: Der Wundergarten

In seiner Kindheit am Fuße des Himalaya hörte Nek Chand von Göttinnen, von magischen Gänsen und geheimnisvollen Dschungeln. Als seine Familie nach Indien in die hochmoderne Stadt Chandigarh fliehen musste, lebten die Geschichten in ihm weiter. Denn all das wollte er weiterhin um sich haben.

Als er 33 Jahre alt war, begann er jeden Tag nach der Arbeit ein verborgenes Dschungelgelände zu roden. Mit dem Rad schaffte er vom Flussbett Steine heran. Er gestaltete das Terrain, grenzte es mit Fässern ab, baute eine Hütte. Nur seine Frau wusste davon. Jahrelang sammelte er am Straßenrand und von den städtischen Müllhalden alte Fahrradgestelle, Waschbecken und Tonscherben, um aus ihnen seine mythischen Pferde, Gänse und Göttinnen zu bauen, die er in großen Scharen anordnete. Schon als kleiner Junge gestaltete er manchmal mit Steinen und Stöckchen und aus Lehm geformten Figuren seine Fantasie­reiche und jetzt machte er mit diesem Recycling weiter.

Rock Garden

15 Jahre später, im Jahr 1973 wurde sein geheimes Pardies entdeckt und sties auf Begeisterung. Aber bei den Behörden überwog zunächst die Empörung über das illegale Werk. Man drohte, sein Werk zu zerstören. Doch engagierte Förderer und Unterstützer sorgten dafür, dass der Rock Garden 1976 als städtischer Garten der Öffentlichkeit übergeben wurde.

Nek Chand/Foto Nek Chand Foundation

Nek Chand wurde zu seinem Direktor ernannt. Nun legte er sogar Wasserfälle, Brücken und Bäche an. Aber als Künstler im westlichen Sinn verstand er sich nie. „Wenn ich arbeite – das ist auch Gottesdienst“, sagte er in einem Gespräch.

Inzwischen war der Wundergarten durch die große Zahl beteiligter Arbeiter und freiwilligen HelferInnen zu einem Gemeinschaftswerk geworden. „Der Tag wird nie kommen, an dem dieses Königreich fertig ist“, sagte Nek Chand, der genau wie seine Mithelfer in einer Hütte auf dem Gelände lebte. Gestorben ist er in seinem 90. Lebensjahr am 12. Juni 2015.

Mich erinnert manches an seinem Werk an die Figuren und Gärten von Niki de Saint Phalle und Antoni Gaudí  – wie doch so vieles tief verbunden ist.

Hintergrund: Der Steingarten (Rock Garden) in Chandigarh ist das zweitmeistbesuchte Kulturdenkmal Indiens nach dem Taj Mahal. Die Skulpturen wurden in Ausstellungen gezeigt und einige von ihnen gehören zum Bestand von Museen wie dem American Folk Art Museum in New York City und der Collection de l’art brut in Lausanne. Rock Garden nimmt heute eine Fläche von mehr als 6 Hektar in einem insgesamt 10 Hektar großen Gelände ein und wird täglich von rund 4.000 Menschen besucht. Mehr hier.

Buchtipp: Nek Chands Lebensgeschichte (1924 – 2015) ist nachzulesen und anzuschauen im zauberhaften Bilderbuch «Der Wundergarten. Nek Chand baut sein geheimes Reich» von Barb Rosenstock und Claire A. Nivola, das im Verlag Freies Geistesleben erschienen ist (übersetzt von Brigitte Elbe, 40 Seiten, zzgl. 2 Ausklappseiten mit Fotos, 18,– Euro, ISBN 978-3-7725-2886-6).

Mehr auch in der aktuellen a tempo hier.

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Ein Kommentar zu “Der Wundergarten – Recycling für die Götter
  1. Monika B. sagt:

    Es ist eine wunderbare Idee, dass Nek Chands Lebenswerk in diesem Bilderbuch gewürdigt wird. Dass hier auf „newslichter“ darauf hingewisen wird – auch ein besonderes Geschenk.DANKE.

    Wir sollten aber gleichtzeitig wissen, dass dieses „Kunstwerk“ dabei ist zu „zerfallen“… weil es anscheinend in der politischen Landschaft keine Wert mehr dastellt …sehr traurig – hier nachzulesen:
    http://nekchand.com/news/crisis-chandigarh

    wer sich aufgerufen fühlt, kann ein Protestschreiben schicken …

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