Die Alte, die nie fertig wird


Bis ins hohe Alter mit Freude arbeiten: Renata Wendt ist 76 Jahre alt und packt trotz Rheuma täglich an. Sie nennt sich selbst „die Alte, die nie fertig wird“. Früher war Renata Grafikdesignerin und arbeitete für viele bekannte Magazine. Doch mit Mitte 40 gab sie die Festanstellung auf und machte sich mit der Lehmwerkstatt selbstständig. Heute ist die Werkstatt ein willkommener Zuverdienst für die Rentnerin. Wenn Geld reinkommt, steckt sie es in ihr Fachwerkhaus. Wenn nicht, baut sie mit Recyclingmaterialien, die sie tauscht, findet oder geschenkt bekommt. Der ausrangierte Schweinetrog der Nachbarin zum Beispiel findet als Kanalabdeckung in der Twiete eine neue Verwendung.

Lehmbau macht glücklich

Seit vielen Jahren wohnt die Lehmbauerin auf einem großen Resthof in Lütau. Dort hat sie eine Lehmgrube und stellt die Mischungen in der Scheune her. So oft sie können, kommen Renatas Kinder zu Besuch. Früher halfen Sohn Marcus und Tochter Maren regelmäßig mit auf den Baustellen. Marcus ist Arzt und schüttelt über die schwere körperliche Arbeit seiner Mutter nur den Kopf. Doch über die Jahre hat er gelernt, Renatas Willen zu akzeptieren. Er weiß, wie glücklich seine Mutter mit dem Lehmbau ist. Auch Maren hat Verständnis für die Begeisterung ihrer Mutter und unterstützt sie bei der Büroarbeit.

Renata Wendt hat schon viele uralte Gebäude mit ihrem Handwerk repariert. Ihr aktuelles Projekt: ein altes Fachwerkhaus in Lauenburg an der Elbe. Noch ist das Haus an der ehemaligen Stadtmauer eine Ruine, aber irgendwann will die Autodidaktin dort mit ihrer Hündin Jill einziehen. Das Etappenziel für 2019: Mindestens einmal will sie dort übernachten. Ob sie dann schon fließend Wasser und Strom hat, ist ungewiss. Und das ist Renata relativ egal. Den größten Spaß hat sie sowieso an der Arbeit mit dem Lehm. Aber auch mit Schlagbohrer und Stemmeisen legt die zierliche Frau los, denn das Fundament im Fachwerkhaus ist marode und muss erneuert werden.

Fragen nach einem Zeitplan weicht Renata aus. Der Weg sei ihr Ziel. Eine Badewanne hätte sie gern im alten Fachwerkhaus – und vielleicht Fenster überall, vielleicht in zwei, drei Jahren. Fertig zu werden, sagt sie, sei eine Illusion. Zu viel Spaß bereite ihr das Handwerk. Denn sie nennt sich schließlich „die Alte, die nicht fertig wird“ – eine Bezeichnung, über die sie sich diebisch freut.

Baustellen in Haithabu und Lauenburg

Eine der berühmtesten Baustellen der Lehmbauerin ist das Museumsdorf Haithabu. Die alten Wikinger-Lehmhäuser hat Renata Wendt eigenhändig mit aufgebaut. Regelmäßig zu Saisonbeginn fährt sie an die Schlei, um Risse zu kitten und Wände zu reparieren. Am liebsten während der Öffnungszeiten, denn dann kann sie den Besucherinnen und Besuchern erklären, wie sie arbeitet und ihre Begeisterung für den Baustoff Lehm mit ihnen teilen.

Eine weitere Baustelle befindet sich in der historischen Altstadt von Lauenburg an der Elbe. Das geschichtsträchtige Alte Kaufmannshaus von 1652 ist Bühne für Konzerte unterschiedlicher musikalischer Stilrichtungen. Die Fassade braucht einen neuen Putz, ein Fall für Lehmexpertin Renata. Trotz 30 Grad im Schatten baut sie unbeirrt ihr Gerüst auf und bearbeitet die Wände in drei Metern Höhe.

Quelle: NDR

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2 Kommentare zu “Die Alte, die nie fertig wird
  1. ich hätte gerne wieder euren newsletter. weiß nicht, wie so ich ihn nicht mehr bekomme, bitte schickt ihn mir wieder

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