Der tiefste Punkt

Foto: Oliver Boberg

Von Sabrina Gundert. Ich nehme wahr, dass wir uns auf einen heiklen Punkt zubewegen. Den Punkt, an dem wir aufgefordert sind, mitten in der Dunkelheit zu stehen und vertrauensvoll unser Ja zu geben zu dem, was sich zeigt.

Unser Ja geben heißt nicht, toll zu finden, was wir dort, wenn unsere Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, sehen. Ja zu sagen heißt, mit dem zu sein, was ist.

In der Dunkelheit und besonders jetzt auch in den, bis zum 22. Dezember, der Wintersonnenwende in diesem Jahr, immer länger werdenden Nächten, kann an die Oberfläche kommen, was wir lange gut verborgen zu halten versucht haben. Ich merke es bei mir: Je früher es dunkel wird, umso tiefer gehe ich.

Kommt dazu noch ein Neumond, wie vergangene Woche, der ebenfalls im Mondverlauf – mit dem zunehmenden Mond, Vollmond und abnehmenden Mond – einen Tiefpunkt darstellt. Und befindest du dich Frau gerade zudem in deiner Menstruationszeit oder kurz davor (wie ich), kann es sein, dass dein Leben dich gerade nochmals mehr einlädt, genau hinzuschauen.

Das ist nicht unbedingt bequem und angenehm. Ich erlebe es gerade bei so vielen Menschen um mich, dass ich es wage, gar zu sagen: Mir scheint, wir sind als Menschen, im Einklang mit dieser Jahreszeit, dem Mond und vielleicht unserem weiblichen Zyklus nochmals mehr, eingeladen, das, was wir über Jahre im Dunkeln gehalten haben, anzuschauen.

All die Muster und Traumata, die wir in uns tragen. All das, vor dem wir nur zu leicht zurückschrecken. Was uns Angst macht. Was wir weder haben noch sehen wollen. Es ist, als würde das Leben uns aktuell an unsere Kernwunden führen. Weil es will, dass wir heilen. Dass wir als gewandelte, sturmerprobte und geheilte Menschen, die in die Tiefe ihrer Biographie und ihres Lebens geschaut haben, wirksam im Leben stehen.

Bei mir selbst, die ich seit einigen Monaten an solch einer Kernwunde dran bin, erlebe ich, dass ich mich immer öfters beim Rennen ertappe. Ich versuche mehr zu machen, schneller zu sein, um nicht zu genau hinsehen und spüren zu müssen, was sich mir in dieser Dunkelheit zeigt. Darüber bekomme ich körperliche Symptome, werde krank. Ich weiß: Ich kann dem, was gesehen werden will, nicht entkommen. Ich weiß, es ist nicht bequem. Und ich weiß (eigentlich) auch: Es ist um so vieles leichter, stehenzubleiben, mich hinzusetzen und es anzuschauen, als immer weiter zu rennen. Denn meist ist es lediglich die Idee von dem, was sich da zeigen könnte, die mir Angst macht. Die vermeintlich großen Monster, die sich, lasse ich wirklich zu, dass ich sie sehe, als harmlos und bedürftig herausstellen.

Ich teile das heute mit dir, weil ich dich wissen lassen möchte: Du bist nicht alleine, zeigen sich dir gerade so manche großen Themen und Kernwunden sehr intensiv. Du bist nicht falsch. Du hast nichts falsch gemacht. Du bist Teil eines Prozesses, der in Gang ist. Und Teil dieses Winters, der uns mit seiner Dunkelheit einlädt zu jener Innenschau.

So übe auch ich mich aktuell sehr darin, lebendig zu bleiben. Mich zu bewegen, zu tanzen, zu atmen. Ich mache Heilströmen, schreibe, höre Musik, trommele, singe, genieße die Nähe mit anderen Menschen. Und erlaube mir über diese Wege, immer wieder ins Spüren und bei mir selbst anzukommen.

Ich wünsche dir eine gute Zeit mit all dem, was gerade bei dir ist.
Von Herzen sei umarmt,
Sabrina

PS. Danke an Oliver Boberg für das Bild oben, das während unserer gemeinsamen Ganzheitlichen Coachingausbildung vor fast auf den Tag genau vier Jahren entstanden ist. Bei mir vorm Büro in der Altstadt brennen seit heute die Lichter am Weihnachtsbaum. So ist es bereits ein wenig spürbar, das Licht, dass durch die Dunkelheit zurückkehrt und möglich wird, wagen wir es, uns ihr zu öffnen und hinzuschauen.

Sabrina Gundert – Foto Alexandra Stehle

Sabrina Gundert begleitet Menschen dabei, sich zu erinnern, wofür sie hergekommen sind auf diese Welt. Denn sie ist sicher: Jede und jeder von uns hat etwas einzubringen in diese Welt. Alte Heilwege, wie das Schreiben, die Stille, das Trommeln, Rituale, das Singen und Tönen, ebenso wie das Verbundensein mit der Natur, begleiten sie und ihre Arbeit. Sie ist mit ihren Angeboten online, telefonisch wie vor Ort am Bodensee tätig. Bücher von ihr: „Auf dem Herzensweg – Lebensgeschichten spiritueller Frauen“, „Hab Mut und geh – Das Herzensweg-Praxisbuch“.

Zwei Wochenendseminare „Frauenweisheit – Frauenkraft“ bietet sie im Jahr 2020 im Seminarhaus Lindenhof in Tuttlingen-Möhringen (nahe Bodensee und Schweiz) an. Das erste findet vom 20.-22. März 2020 statt, das zweite vom 25.-27. September 2020.  Alle Infos hier: https://www.sabrinagundert.de/wochenendseminar-frauenweisheit-frauenkraft/

 

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2 Kommentare zu “Der tiefste Punkt
  1. el moro sagt:

    Hallo Sabrina.

    Diese Worte widme ich uns allen
    damit Erkenntnis auf diesem Weg weiter hilft.
    Danke für deine inspirierenden Worte

    ***Herzensweg***

    Der tiefste Punkt.
    Ein Ort wo das Dunkle gewürdigt,
    Platz in deinem Leben findet,
    zum Freund wird

    Du erkennst
    Gut ist nicht gut
    Bös ist nicht bös
    Die Trennung ist es,
    das Verdrängen des anderen Poles

    Der tiefste Punkt – ein mächtiger Freund
    Zusammen ins göttliche Licht,
    wird Gut und Bös gewandelt zu EINEM.
    Aus Zwei wird EINS
    Alles ist Ganz

    Schöpfer sein!

    Herzlich
    el moro

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