Die Kinder von Adjengré

Von Beatrix Podewils. Aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit begegne ich vielen Menschen aus unterschiedlichen Ländern, vor allem aus Westafrika. Und mit ihnen besonderen Geschichten, die davon erzählen, was es bedeutet mit dem Herzen zu denken und danach zu handeln.

Sie sind ein Statement für selbstlose Nächstenliebe, Mut und Authentizität. Sie sind Beispiele für ein außergewöhnliches Engagement in der Welt, das sichtbar oder auch oft leise geschieht. Es sind wahre Begebenheiten, die von stillen Helden erzählen, die die Welt verändern. Das Wunderbare dabei ist- dies geschieht die ganze Zeit, nur nicht unbedingt dort, wo wir gerade hinsehen. Weiten wir unseren Blick und hören mit dem Herzen, dann begegnen wir einander auf eine andere Weise und entdecken die vielen kleinen und großen Geschichten, die das Leben schreibt.

So möchte ich von einem einzigartigen Engagement berichten, das durch Azim, einem 5-jährigen Jungen initiiert und glücklicherweise dann von seinen Eltern umgesetzt wurde.
Frau Sabi ist eine deutsche Togoerin, die seit langem in Bayern lebt. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem 5-jährigen Sohn Azim war sie auf einem Heimaturlaub, um die Familie zu besuchen. Für Azim war dies der erste Aufenthalt in Togo.

Als sie durch das Dorf Adjengre im Landkreis Sotouboua spazierten, wurde Azim immer stiller. Die Tatsache, dass die meisten Kinder keine passenden Kleider hatten, und sich die Hose eines Jungen in Auflösung befand, schockierte ihn. Und dieser Junge war nur einer von Vielen. Daraufhin erklärte Frau Sabi ihrem Sohn die unterschiedlichen Verhältnisse in der Welt und insbesondere die Situation in ihrem Heimatland. Als er hörte, dass es alles andere als selbstverständlich ist, dass die Kinder dort schöne und passende Kleider besitzen, war Azim sehr betroffen. Obwohl er erst 5 Jahre alt war, ließ ihm diese Situation keine Ruhe. Jeden Tag aufs Neue wollte er dem Jungen seine Hosen schenken. Und noch viel mehr wie das. Azim ließ nicht locker. Seine Verzweiflung über das Erleben der Not war so groß, dass seine Mutter ihm versprechen musste, sobald sie wieder zurück in Deutschland wären, Hilfe zu organisieren.

Frau Sabi und die Kinder

Gesagt getan. Wieder in Bayern, begann Frau Sabi Kleider zu sammeln. Schließlich kaufte sie einen, in die Jahre gekommenen 7,5 Tonner, um alles nach Togo zu bringen. Nach wenigen Wochen war dieser randvoll mit gespendeter Kleidung und anderen Dingen, die dringend benötigt wurden. Sehr bewegt von der Initiative des kleinen Azim, spendeten die Menschen, denn überall erzählte er von der dringenden Notwendigkeit hier zu helfen.

Nach einigen Monaten war es soweit und der LKW wurde nach Lome überführt. Frau Sabi flog hinterher, um selbigen aus dem Zoll im Hafen auszulösen und nach Adjengre zu begleiten. Das Dorf wusste nicht, welches Glück im Anrollen war. Die gesamten, dafür anfallenden Kosten hat die Familie privat übernommen.

Azim ist bis heute das Sprachrohr dieser wunderbaren Initiative. Es ist für ihn wichtig, dass die Hilfsaktion weitergeht, damit die Kinder wenigstens passende Kleidung haben.
Diese Geschichte geschieht leise. Der 5-jährige Azim und seine Eltern sind für mich stille Helden der Gegenwart. Sie erhellen das Leben Anderer, weil sie aus dem Herzen handeln.

Und so geht die Geschichte weiter.

Beatrix Podewils ist im Gesundheitsbereich und als Freie Autorin tätig. Sie schreibt über das Zusammenspiel von Mensch und Natur, insbesondere darüber, wie sehr wir mit allem verbunden sind.

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2 Kommentare zu “Die Kinder von Adjengré
  1. Gabriele sagt:

    Inhalte dieser Art, Geschichten der „kleinen Helden“, wie Beatrix Podewils schreibt, empfinde ich in ihrer Schlichtheit als etwas Besonderes in unserer Zeit.

    Wunderbar, liebe Bettina, dass die „newslichter“ eine Plattform für diese „Märchen“ mitten aus der Gesellschaft kommend, bietet.
    Ich erinnere mich gerade daran, wie einer meiner Söhne, den Durst in einem fernen Land realisierend, sofort ein Flugzeug voll Wasser packen wollte um den Durst vor Ort zu stillen.
    Dieser Wunsch war leider nicht realisierbar, aber die Regung helfen zu wollen, ist, so glaube ich, in allen Kindern angelegt. Wie schön, dass diese Mutter den Mut hatte, die Mittel zur Hilfe bereitzustellen.
    Wenn Kinder diese Erfahrung machen können, dass sie etwas verändern können, ist das ein wegweisender Schritt für ihr Leben.
    Ich freue mich mit Azim und seinen Eltern,
    Gabriele

  2. Saran Lauwers sagt:

    Was gibt uns das Recht über Andere zu urteilen? Sind die Menschen in Togo „arm“, weil sie anders aussehen? Haben sie um Hilfe gebeten? Azim hätte sich auch mit denen verbinden können und seine westliche Kleidung ablegen können. Dass er sein Herz gefolgt ist, finde ich prima. Und, dass seine Eltern ihm dabei unterstützt haben auch. Ich erinnere mich nur an einem afrikanischen Kind, dass im Sterben lag vor Hunger und sagte: „Traure nicht um mich. Genieße dein Leben, dass du führst und sei glücklich. Ich bins auch.“

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