Rücklicht: Barbara Rütting „Gut war’s dieses heftige Leben“
Ihr reiches Leben hätte für viele Menschen ausgereicht, so heißt auch ihre Autobiografie: „Durchs Leben getobt“. Die wundervolle Barbara Rütting hat im Alter von 92 Jahren ihre letzte Reise angetreten. Sie war nicht nur eine ausdruckstarke Schauspielerin, sondern auch eine leidenschaftliche politische Aktivistin und tolle Autorin.
Auf Ihrer insgesamt sehr lesenswerten Webseite fand ich als letzten Post vom 19.11.2019, der das alles gut ausdrückt:
Liebe Freundinnen und Freunde,
darauf freue ich mich, auf diese Friedenkonferenz unter dem Motto „Die Welt braucht eine Umarmung!“
Wenn man eine Umfrage starten würde, sind Sie für den Krieg oder den Frieden, würde wohl jede Antwort lauten: Selbstverständlich für den Frieden! Wie kommt es dann, dass zurzeit so viele Kriege stattfinden wie wohl kaum jemals zuvor? Überall flüchtende Menschen – wie ist das möglich? Schon der jahrhundertealte (falsche) Mythos trägt dazu bei, dass, wer den Frieden will, den Krieg vorbereiten müsse. Nein, wer den Frieden will, muss den Frieden vorbereiten!
Ich hatte das Glück, in einer pazifistischen Familie aufzuwachsen. So war es selbstverständlich, dass ich mich der Friedensbewegung anschloss.
1961 bin ich bei meiner ersten Demo mitmarschiert, in München, gegen die Wideraufrüstung. Von deutschem Boden sollte nie wieder Krieg ausgehen – wir waren so voller Hoffnung.
Heute gehört die Bundesrepublik zu den größten Waffenherstellern. Überall in der Welt töten Menschen einander mit deutschen Waffen.Wie Viele andere auch, war ich oft am Verzweifeln, weil es kaum Erfolge gab. Wir waren nur noch am Protestieren, gegen die Verseuchung der Umwelt, gegen die Jagd, gegen das Bienensterben, gegen die Tiertransporte, gegen Tierversuche. 1982 habe ich mich mit anderen Aktivisten beim Pharmakonzern Schering in Berlin gegen dessen Tierversuche (unter anderem für Haarfärbemittel) angekettet, habe mir aus Protest die gefärbten Haare bis auf die Stoppeln abgeschnitten, und damit auch meine Schauspielkarriere.
Der Einsatz für den Schutz von Mensch, Tier und Umwelt war wichtiger geworden und ist untrennbar.Aber ich hatte irgendwann dermaßen die Nase voll vom ewigen Protestieren gegen etwas, dass ich nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl 1986 vorschlug, unsere Initiative „Frauen und Mütter gegen Atomkraft“ umzubenennen in „Frauen und Mütter für eine atomkraftfreie Zukunft.“
Fühlt ihr den Unterschied?
„Gegen“ erzeugt automatisch Widerstand, „für“ hingegen spricht für Dialog, Hoffnung auf Entspannung, auf Frieden“!Und jetzt kommt einer und veranstaltet tatsächlich eine Konferenz zum Schutz für Mensch, Tier und Umwelt! Mein Herz machte einen Sprung vor Freude als ich das hörte. Und als Erich Hambach mich fragte, ob ich Schirmherrin seiner Konferenz sein wollte, war meine Antwort als „alte Feministin“: Schirmherrin möchte ich nicht sein – aber von Herzen gern Schirmfrau, über diese beispiellose, wegweisende Friedenskonferenz.
Als Schirmfrau habe ich diese zu eröffnen, lese den Brief, den die deutsche Friedensaktivistin Birgit Berg vor dem Atomraketendepot in Mutlangen an eine der unbekannten Friedensfrauen in der damaligen Sowjetunion schrieb, die wegen ihrer Friedensaktivitäten im Gefängnis saß – und das Gebet eines Versuchstiers.
Trotz der vielen Rückschläge bin und bleibe ich voller Zuversicht. „Das weiche Wasser bricht den Stein“, Leitgedanke der Konferenz, wie auch der alten, oft totgesagten aber durchaus lebendigen Friedensbewegung wird Wirklichkeit werden. Eines Tages…
Also Ihr Lieben, auf geht’s, kommt zur Friedenskonferenz! Lasst uns die Welt umarmen!
Eure Barbara
Barbara Rütting, geboren 1927, war Schauspielerin, Bestsellerautorin, Gesundheitsberaterin und von 2003 bis 2009 als Mitglied der Partei Bündnis90/Die Grünen Abgeordnete des Bayerischen Landtags. Mehrere Jahrzehnte engagierte sie sich vor allem für Menschenrechte sowie Fragen des Umwelt- und Tierschutzes. Sie verstarb am 28. März 2020 im Alter von 92 Jahren.
Was für eine wunderbare Frau: authentisch und ein tolles Vorbild für gelebtes Leben!
Gute Reise, liebe Barbara
So eine wundervolle Frau und eine beispielhafte Vertreterin der Kriegseltern-Generation. Mein Vater war (fast) derselbe Jahrgang, aber völlig gebrochen und traumatisiert vom Kriegsgeschehen.
Schön, dass die gute Saat, die Barbara Rütting mit Ausdauer, Mut und Beharrlichkeit ausgesät hat, Früchte trägt.
Gute Reise wünsche auch ich!
Auch ich bin dankbar von ihrem Wesen berührt worden zu sein. Unbewusst war sie vielleicht sogar ein Vorbild für mich.
In Verbundenheit Danke ich von Herzen für das, was durch sie in meinem bewegt wurde.
Tolle Frau,
das Macht Mut in Würde zu altern.
Danke liebe Barbara.
Barbara,
wundervolle Wegbereiterin – hab Dank – du schönes SEIN !
In liebevoller Verbundenheit
Monja
Sehr weise: FÜR etwas zu SEIN! Möge sie in UNS weiterleben.