Wie Heilung klingt

Yoko K. Sen beim TED Vortrag

Yoko K. Sen, eine elektronische Ambient-Musikerin, nahm bei längeren Krankenhausaufenthalten die lauten und kakophonischen Geräusche der Geräte auf der Intensivstation als verstörend wahr. Sie hatte das Gefühl, dass diese Geräusche ihre Gefühle von Angst und Handlungsunfähigkeit verstärkten, statt sie zu unterstützen.

„Die Kakophonie an Alarmtönen, das Piepsen, Türschlagen, das Quietschen der Karren, das Schreien der Leute, gelber Alarm, roter Alarm, Code Blue – ich empfand das als Folter.“

Die kombinierten dissonanten Geräusche (im Durchschnitt hört ein Patient im Krankenhaus 113 verschiedene Alarmtöne am Tag) wirkten auf sie überwältigend und standen im Widerspruch zum nötigen Heilungsprozess. Nachdem wieder gesund war, beschloss sie,  Forschungen zum besseren Verständnis der Auswirkungen von Geräuschen auf unsere Emotionen und der Veränderung der Geräuschkulisse in Krankenhäusern anzustellen.

Sen gründete sie 2015 Sen Sound, um vor allem drei Projekte anzugehen:

– die Töne von medizinischen Apparaten zu harmonisieren

– Ruhebereiche für Krankenhauspersonal zu schaffen und mit Klang zu erfüllen

– Klang besonders für die Palliativmedizin zu entwicklen und optimieren

Mit verschiedenen anderen Musikern entwickelte sie z.B. das Projekt CareTunes und nutzt Trommeln für den Herzschlag, Gitarrenklänge als Indikator für die Sauerstoffversorgung und Klavier für den Blutdruck: Wenn ein Patient stabil ist, klingt es harmonisch und beruhigend; geraten Werte außer Kontrolle, werden die Klänge dissonant, um die Pfleger zu alarmieren.

The last Sound

Zuletzt reiste die Sound-Alchemistin  um die halbe Welt und fragte Menschen, welchen Klang sie als letztes hören wollten, bevor sie diesen Planeten verlassen. Diese Töne nimmt sie dann auf. Viele wünschen sich Naturklänge, Kinderlachen oder die Stimme eines geliebten Menschen. Den letzte Klang eines Erdenlebens finden – was für ein schönes Projekt.

Quellen: TEDMED Talk

Interview im SZ-Magazin

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9 Kommentare zu “Wie Heilung klingt
  1. Marie-Anne sagt:

    Wie wunderbar! Meine Erfahrungen in Kliniken waren ebenfalls schrecklich vom Lärm in der Intensivstation. Keine Ruhe, ständiges Gefiepe von Geräten aller Art. Eine tolle Idee! Die Welt ist Klang, sagte schon Kepler. Und Klang heilt oder macht krank.🎶
    Danke für diesen interessanten Beitrag,

    • Sylvia sagt:

      …mein Herz geht auf, denn genauso ist es, möge Klangharmonie zur Heilung in n I ntensivstationen selbstverständlich sein 💓🎶…hab selbst schon wunderbare Erfahrungen mit Klangschalen auf Intensivstation machen dürfen 🎶🌈

  2. Johannes sagt:

    Grandios.
    Danke ! 🙂
    Namastya

  3. Miriam sagt:

    Oh wie schön!!! Bin froh und gewärmt von dieser Frau und ihrer Arbeit. Wie wundervoll!

    Als hellfühliges Menschenwesen hab ich als eine, die gerne allüberall singt und tönt, entdeckt, was es für eine Wohltat ist, Geräuschen und Klängen aus der Umgebung, die früher die Qualität hatten mich zu ver-STÖREN, aus dem Gleichgewicht zu bringen, zu überfordern, auf eigene schöpferische Weise zu begegnen.

    Ich singe innwendig (hörbar, dabei von tief innen) wenn der Wasserkessel zu laut pfeift.

    Im ICE untersuchte ich tönend die verschiedenen Fahrgeräusche, stelle sie nach, machte quasi mit. In dieser Hingabe an das, was da ist und dem schöpferischen Gleichtun, Mittun oder Dazutun hat sich mir ein völlig neues, heiles Erleben erschlossen.

    Und ja, Krankenhäuser dürfen sich in jeder Hinsicht zu Orten FÜR Menschen wandeln. Was für ein Segen!

  4. Was für ein großartiges Projekt❣️
    Zum Glück lag ich noch nie auf einer Intensivstation. Als Geräuschsensitive kann ich mir aber mehr als lebhaft vorstellen, wieviele Stress diese Geräusche auslösen und alles andere als heilsam sind und wie wundervoll, sie in wohltuende und heilsame Klänge zu wandeln.

    ‚What is the last sound you wish to hear before you die?’… diese Frage klingt nach in mir… 💫💗🙏

  5. verena sagt:

    vielen wunderbaren dank für diesen inspierirenden beitrag!
    ich arbeite in einem hospiz, und ja, das gehör ist der letzte sinn, der geht…wir sollten also immer freundlich und liebevoll miteinander reden, zu jeder zeit.

  6. Ramona sagt:

    Ein wundervoller Artikel.Brührt mich. Inspiriert mich. Möge sich dieses heilsame Projekt schnell und leicht verbreiten. DANKE.

  7. Miriam sagt:

    Noch ein newslichter Entdeckungs-Tipp:

    Ein Horizonte öffnenden Film zum Thema Klang sah ich durch deinen newslichter-Artikel „Die Welt das Hinhören lehren“, liebe Bettina, über die beeindruckende und großartige Musikerin Evelyn Glennie. Der Film TOUCH THE SOUND von Thomas Riedelsheimer ist ein kongeniales Kunstwerk, das die Persönlichkeit und die Einsichten dieser phantastischen Frau in einen sensationellen Rahmen stellt.

    Wer geglaubt hat zu wissen, was hören sei, wird aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Ich bin tief und tiefer verbunden mit dem, was Klang ist seit ich Evelyn Glennie entdeckt habe.

  8. Gabriela sagt:

    Oh wie wunderbar💫
    Einfach genial

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