Ashwagandha – die Schlafbeere
Von Martina Seifert zuerst erschienen auf heilnetz.de. Ashwagandha, zu Deutsch auch Schlafbeere oder Winterkirsche, gewinnt zunehmend an Popularität. Die Heilpflanze mit erstaunlichen Eigenschaften soll u. a. für mehr Ausgeglichenheit und eine bessere Schlafqualität sorgen, das Energieniveau steigern und Angst und Stress abbauen.
Heilpflanze in der Ayurveda-Medizin
Der Name Ashwagandha stammt aus dem Sanskrit. Ashwa bedeutet „Pferd“ und gandha „Geruch, Geschmack“, übersetzt also: nach Pferd riechend oder schmeckend. Das hört sich nicht gerade appetitanregend an. Tatsächlich schmeckt der erste Teelöffel des Krautes mit heißem Wasser oder Milch leicht süßlich und zugleich bitter und scharf und mag die eine oder andere an den Duft eines Pferdestalles erinnern.
Der botanische Name von Ashwagandha lautet Withania somnifera, die Winterkirsche. Ashwagandha zählt zu der Familie der Nachtschattengewächse und ist eines der wichtigsten Heilkräuter in der Ayurveda-Medizin. Die Heilpflanze, ein kleiner verholzender Strauch mit gelben Blüten, ist in Asien und Afrika beheimatet und wird seit Tausenden von Jahren verwendet, um Stress zu reduzieren und die Konzentration zu verbessern. Außerdem wird dem Heilkraut eine positive Wirkung auf Gewebe, Fertilität und Schlaf nachgesagt.
Stress und Ängste lindern
In Europa wird die Schlafbeere vor allem als Adaptogen geschätzt. Adaptogen bezeichnet die spezifischen Inhaltsstoffe einer Pflanze, die den Organismus dabei unterstützen sollen, sich den Auswirkungen von körperlichem und emotionalem Stress anzupassen, Ängste zu lindern und wieder ins Gleichgewicht zu finden.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass Nahrungsergänzungsmittel mit Ashwagandha helfen können, Stressmediatoren zu kontrollieren und die Aktivität der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HHN-Achse) zu reduzieren, einem System, das die Stressreaktion im Körper reguliert.
Eine kleine 2019 durchgeführte Studie mit 58 Teilnehmer*innen zeigt, dass diejenigen, die 8 Wochen 250 oder 600 mg Ashwagandha-Extrakt zu sich nahmen, tatsächlich im Vergleich zu denen, die ein Placebo verabreicht bekamen, signifikant weniger Stresssymptome aufwiesen. Darüber hinaus hatte sich die Schlafqualität der Teilnehmer*innen, die Ashwagandha einnahmen, signifikant verbessert.
Eine weitere Studie von 2019 mit 60 Personen ergab, dass bei denen, die über einen Zeitraum von 60 Tagen 240 mg Ashwagandha-Extrakt pro Tag einnahmen, im Vergleich zu den Teilnehmer*innen, die ein Placebo erhielten, die Angst deutlich zurückging.
2021 erfolgte allerdings eine Studie, die zu dem Schluss kam, dass es nicht genügend Anhaltspunkte gebe, um einen Konsens über die am besten geeignete Dosierung und Form von Ashwagandha zur Behandlung von stressbedingten neuropsychiatrischen Störungen wie Angstzuständen zu erzielen. Hier besteht also noch Forschungsbedarf.
Depressionen und Angstzustände lindern
Studien zeigen außerdem, dass die Schlafbeere Symptome psychischer Erkrankungen wie Depressionen reduzieren kann. 2019 verabreichten Forscher*innen einer Gruppe von 66 Teilnehmer*innen mit Schizophrenie, die unter Depressionen und Angstzuständen litten, 12 Wochen lang täglich 1.000 mg Ashwagandha-Extrakt. Das Ergebnis: die Depressionen und Angstzustände gingen in dieser Gruppe im Vergleich zu denjenigen, die ein Placebo erhielten, deutlich zurück.
Darüber hinaus legen die Ergebnisse einer weiteren Studie von 2018 nahe, dass die Einnahme von Ashwagandha dazu beitragen kann, die Gesamtsymptome und den wahrgenommenen Stress bei Menschen mit Schizophrenie zu reduzieren.
Forschungsergebnisse von 2013 deuten zudem darauf hin, dass die Winterkirsche dazu beitragen kann, kognitive Beeinträchtigungen bei Menschen mit bipolarer Störung zu verbessern. Weitere Forschungen sind allerdings auch hier noch erforderlich.
Außerdem ergab eine Studie von 2012, dass gestresste Erwachsene, die 60 Tage lang 600 mg Ashwagandha-Extrakt pro Tag einnahmen, eine 77-prozentige Verringerung der Depressionssymptome aufwiesen, die Placebo-Gruppe dagegen lediglich eine 5-prozentige Reduzierung.
Verbesserung der Gehirnfunktion
Eine Prüfung fünf klinischer Studien gab Hinweise darauf, dass die Schlafbeere die kognitive Funktion verbessern kann, auch bei älterer Erwachsenen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung und bei Menschen mit Schizophrenie.
Folgende kognitive Fähigkeiten verbesserten sich laut einer Studie von 2020:
• ausführende Funktion
• Aufmerksamkeit
• Reaktionszeit
• Leistung bei kognitiven Aufgaben
Eine Studie von 2017 mit 50 Erwachsenen zeigt, dass die Einnahme von 600 mg Ashwagandha-Extrakt pro Tag über 8 Wochen im Vergleich zur Einnahme eines Placebos zu signifikanten Verbesserungen folgender kognitiver Fähigkeiten führte:
• unmittelbares und allgemeines Gedächtnis
• Aufmerksamkeit
• Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit
Es sind jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, bevor Experten eindeutige Schlussfolgerungen ziehen können.
Erholsamer Schlaf
Viele Menschen nehmen Ashwagandha, in der Hoffnung erholsamer schlafen zu können. Tatsächlich haben einige Studien ergeben, dass die Pflanze auch den Schlaf verbessern kann. Der botanische Name Withania somnifera weist bereits auf diese Wirkung hin: somnifera (lat.) bedeutet zu Deutsch „schlafend“, „schlaffördernd“.
Eine Studie von 2020 mit 50 Erwachsenen im Alter von 65 bis 80 Jahren ergab beispielsweise, dass die Einnahme von 600 mg Ashwagandha-Wurzel pro Tag über 12 Wochen die Schlafqualität und geistige Wachsamkeit beim Aufwachen am Morgen im Vergleich zu einer Placebo-Behandlung deutlich verbesserte. Ein Esslöffel Ashwagandha-Pulver in einer Tasse warmer Milch vor dem Schlafengehen regelmäßig eingenommen soll für eine deutlich bessere Schlafqualität sorgen.
Entzündungshemmend
Ashwagandha gilt nicht nur als Stresskiller, sondern auch als Entzündungshemmer. Studien zeigen, dass die Schlafbeere Withanolide enthält, die eine wichtige Rolle bei der Verringerung von Entzündungen spielen sollen. Hier soll vor allem die Einnahme von Tee, der aus den getrockneten Blättern des Krauts zubereitet wird, für Entlastung sorgen.
Kontraindikationen
Bisher konnten nur wenige nachteilige Auswirkungen der Schlafbeere auf die Gesundheit festgestellt werden. Es fehlen allerdings Evaluationsstudien zu den langfristigen Wirkungen des Heilkrautes.
Schwangere sollten Ashwagandha nicht einnehmen, da es bei hohen Dosen zu Schwangerschaftsverlust führen kann.
Auch Personen mit hormonsensitivem Prostatakrebs und Personen, die bestimmte Medikamente wie Benzodiazepine, Antikonvulsiva oder Barbiturate einnehmen, sollten die Einnahme von Ashwagandha vermeiden.
Darüber hinaus berichteten einige Personen, die Ashwagandha-Präparate einnahmen, über Nebenwirkungen wie Beschwerden im oberen Magen-Darm-Trakt, Schläfrigkeit und Durchfall.
Außerdem kann die Schlafbeere die Schilddrüse beeinträchtigen, daher sollten Personen mit einer Schilddrüsenerkrankung vor der Einnahme einen Arzt / eine Ärztin aufsuchen.
Einnahme und Dosierung
Generell gilt: Wenden Sie sich an Ihren Arzt / Ihre Ärztin, wenn Sie Fragen zur Dosierung von Ashwagandha haben, oder auch an einen / eine Heilpraktiker*in. Dosierungen von bis zu 1.000 mg pro Tag (2 × 500 mg Tabletten) haben sich zwar bei verschiedenen Erkrankungen als wirksam erwiesen, doch die Hersteller empfehlen je nach Produkt unterschiedliche Dosierungen. Halten Sie sich bei der Einnahme strikt an die Angaben des Herstellers.
Die gängigste Darreichungsform ist Ashwagandha Pulver. Die Schlafbeere wird aber auch in Form von Kapseln und Tabletten angeboten. Achten Sie beim Kauf auf eine organische Zertifizierung und die Milligramm-Angaben des Extraktes im Verhältnis zum Preis. Darüber hinaus sollten mindestens 2,5 % Withanolide Extrakt und keine synthetischen Bestandteile enthalten sein.
Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Wirkung von Ashwagandha nicht sofort eintritt. Denken Sie also daran, dass Sie es möglicherweise mehrere Monate einnehmen müssen, bevor sich eine Wirkung einstellt.
Sie können Ashwagandha auf viele Arten einnehmen, entweder in einer Einzeldosis oder in mehreren Dosen pro Tag, zu den Mahlzeiten oder auf nüchternen Magen.
Tipp: Moon Milk als Schlaftrunk
Die als Schlaftrunk bekannte Moon Milk wird mit 1 Teelöffel Ashwagandha und je einer Prise Curcuma, Ingwer, Kardamom, Muskat, Vanille und Zimt und 200 ml heißer Hafermilch zubereitet, die Sie nach Bleiben süßen können. Kurz vor dem Schlafengehen getrunken, soll die Moon Milk uns nach einiger Zeit einen erholsamen Schlaf bescheren.
Martina Seifert, Freie Autorin, Text, Lektorat