Meine Gedanken zu „Mit dir, ohne dich“ von Ulrich Schaffer

Foto: Ulrich Schaffer facebook

Von Imke Rosiejka. Dieses Buch „Mit Dir, ohne Dich“ ist kein Ratgeber oder eine wissenschaftliche Abhandlung über Demenz, sondern wohltuend anders: Ulrich Schaffer nimmt mich mit in sein Leben mit und ohne seine Frau Waltraud. Er nimmt mich mit in seine und oft auch ihre Gedankenwelt und lässt mich teilhaben an dem, was Waltrauds Demenz mit ihnen beiden macht.

Ein Wechsel zwischen Hoffen und Bangen, zwischen bedingungslosem und achtsamem Dienen und der Verzweiflung, wenn die Kraft fehlt und sich das eigene Leben schmerzhaft aufzulösen scheint unter dem, was die Pflege und Begleitung ihm abverlangt. Er nimmt mich mit in seine Schuldgefühle, wenn er den Gedanken zu denken wagt, sie vielleicht doch in eine Pflegeeinrichtung geben zu müssen. Und er nimmt mich mit in ihre gegenseitige tiefe Liebe, die ihm immer wieder die Kraft gibt, mit ihr diesen Weg zu gehen.

Er nimmt mich mit in die wundervolle Nähe, die ihnen nicht verlorengeht, auch wenn die Distanz durch Waltrauds „Abwesenheit“ für ihn manchmal kaum aushaltbar ist. Und ich nicke, wenn er beschreibt, wie sehr er sich wünschen würde, ihre unsichtbare Welt besser zu verstehen und fotografieren zu können, um das zu sehen, was sie sieht.

Immer wieder tauche ich ab in die wundervollen und ausdrucksstarken Gedichte, die erholsam anders sind als das, was ich aus meiner Schulzeit erinnere. Hier finden sich nur wundervoll gesetzte Bilder, nicht in Reimschemata gepresst und unverständlich verschnörkelt, weil sich das Gesagte sonst nicht in die starren Gesetzmäßigkeiten des Gedichte-schreibens pressen lassen würde.

Am Ende helfen mir seine Beschreibungen noch einmal mehr zu verstehen, wie die Demenz meines Vaters meine Eltern verändert, mich verändert/verändern wird, genau in dem Maß, in dem seine Demenz voranschreitet mit allen Facetten, die Ullrich Schaffer beschreibt.

Auch wenn ich weiß, denn auch das beschreibt er eindrücklich, dass ich mich nicht wirklich auf das vorbereiten kann, was uns noch erwartet, so bin ich doch ruhiger in meinem Wissen, dass es so sein wird wie es sein wird, weil ich meinem Vater nur gerecht werde, indem ich ihn lasse, wie er in jedem Augenblick ist, mich zu freuen, wenn er überraschend mehr kommuniziert, ihn aber auch zu lassen, wenn er vollkommen in seiner unsichtbaren Welt abtaucht.

Danke Ulrich und Danke Bettina für das Teilen!

Mehr zu meinem Weg aus der Angst in die Freude und Liebe findest du auf www.imke-rosiejka.de

Foto Ulrich Schaffer facebook

Das Buch „Mit dir, ohne dich – unser gemeinsames Leben mit Demenz“ ist im Patmos Verlag verlegt, hat 288 Seiten, kostet € 28,-, hat viele Fotos und Grafiken und nicht nur Gedichte, sondern beschreibt auch viele Erlebnisse und Beobachtungen in den Jahren der Demenz. Hier bestellen

Erinnerung an Waltraud

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7 Kommentare zu “Meine Gedanken zu „Mit dir, ohne dich“ von Ulrich Schaffer
  1. Ihr Lieben!
    Mein Vater, von Kindesbeinen an mit dem Segeln verbunden und auf dem Wasser unterwegs, hat nun in der vergangenen Woche zum letzten Mal die Segel gesetzt, den Anker gelichtet und segelt seiner neuen Heimat entgegen. Wir bleiben im Hafen zurück, mit einem Herzen voller wundervoller Bilder und Erinnerungen, die die letzten schweren Jahre nicht wegwischen konnten.
    Für meine Mutter (meine Eltern waren 68 Jahre verheiratet) wird es ähnlich sein, wie Ullrich es geschildert hat – und wir Kinder werden sie auf diesem Weg begleiten, wie auch immer er aussieht.

    Herzensgrüße
    Imke

    • Ein Segen für Deinen Vater und Deine Familie R.I.P.

    • Miriam sagt:

      Liebe Imke, alles Gute dir fürs Sein MIT deinem Vater ohne ihn. Wie deiner Mutter, wie euch allen. Die scheinbare Grenze ist keine. „Meine Liebe wird mich überdauern / und in fremden Kleidern dir begegnen / und dich segnen“ schreibt Joachim Ringelnatz in seinem Gedicht „An M.“. Seine segensreichen Worte tragen eine tiefe Wahrheit in sich, die an unsere Ewigkeit rührt, in der wir auch im Menschsein stehen. Weite, Liebe und Frieden für eure Herzen im – äußeren – Abschied und Weitergehen. Herzlich, Miriam

  2. Dagmar sagt:

    Liebe Imke,
    Danke für Dein Teilen Deiner Gefühle&Gedanken zu Ulrich Schaffers Buch – Du hast mich damit sehr berührt und mir dadurch sehr viel Kraft geschenkt…..ich spüre noch dem Gelesenen nach….mmmm….während ich mich am Fenster von der Februarsonne wärmen lasse, erkenne ich Deine Warmherzigkeit, Deine Güte….schööön…..

    ….nur so konntest Du Euren Vater so enfühlsam begleiten…denke ich mir…..bis zum Schluß….was sich für mich auch in dem wunderschönen & liebevollen Bild vom „Fortsegeln“ ausdrückt…..
    Du hast meinen Weg und meinen Tag heute besonders leuchtend gemacht….

    Von Herzen anteilnehmend,
    Dagmar

    • Liebe Dagmar!
      So berührend von dir zu lesen, dass ich deinen Weg und deinen Tag zum leuchten gebracht habe – einfach „nur“ durch mein MITteilen. Dieses Leuchten kam aus deinen Worten direkt zu mir – noch eine Spur heller!
      Ich danke dir von Herzen und fühle mich beschenkt!

      Herzensgrüße
      Imke

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