Warum wir nicht mehr reinpassen dürfen. Entwicklung oder Revolution?

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Von Ann La-Forker. Stell dir vor, du schaust auf ein weißes Blatt Papier. In der Mitte taucht eine Frage auf. Ein Dilemma, ein Problem, etwas Ungelöstes, das deine Aufmerksamkeit verlangt. Das weiße Blatt gibt dir viel Raum. Du beginnst, Ideen zu sammeln und zu sortieren und die verschiedenen Optionen, an das Problem oder die Frage heranzugehen, durchzuspielen.

Vielleicht findest du sogar eine “Lösung”. Du musst dich dafür ein bisschen strecken. “Wachsen”. Eine neue Erfahrung im Rahmen des Möglichen wartet auf dich. Soweit, so gut.

Aber ist es wirklich gut? Möglich, dass ein leises Unbehagen bleibt. Eine feine Ahnung, unter dem Radar zu fliegen. Was du wahrnimmst, ist der Unterschied zwischen dem Möglichen und dem Unmöglichen, zwischen dem “Machbaren” und der Revolution.

Wenn du zu den Revolutionären gehörst – und das sind in meinen Augen ausnahmslos alle Menschen, die zu dieser Zeit auf unserem Planeten wandeln – wird die Lücke zwischen der „machbaren Veränderung” und deinem rebellischen Wissen über das “unmögliche Notwendige“ schwer auf deine Seele drücken. Wir können sehr unglücklich werden, wenn wir unseren Spielraum mit den Grenzen des weißen Papiers vor unserer Nase gleichsetzen. Es ist eine trügerische Weite, die dich immer noch in der alten Geschichte verhaftet.

Ich kann nicht mehr unglücklich sein. Meine Seele hält das einfach nicht aus. Seitdem ich das verstanden habe, zettele ich täglich meine eigene Revolution an. Das bedeutet nicht, dass plötzlich alles leicht ist. Aber ich bin grundfroh. Und wenn ich es nicht bin, heißt das einfach, dass ich den Rahmen innerlich zu eng gesteckt habe.

Mein persönlicher Kompass heißt soul integrity. Er ist unbestechlich. Er ist verbunden mit einem freien tiefen inneren Wissen. Von dort aus agiere ich so, als sei das Neue schon da. Ich kann spüren, wenn es darauf ankommt. Manchmal kommt es etwas verschwommen als “ich kann das nicht” oder “ich will das nicht” daher. Aber die tiefere Wahrheit darunter ist “Ich darf das nicht!” Ich darf nicht mehr hineinpassen in Strukturen, die lebensfeindlich sind. Wir dürfen nicht mehr hineinpassen in Strukturen, die lebensfeindlich sind. Genau da liegt für mich der Unterschied zwischen Entwicklung und Revolution.

Die Revolution findet jenseits der Grenzen des Papiers statt. Erst wenn ich die gegebenen Punkte mit dem was außerhalb des menschheits-bekannten Terrains liegt verbinde, erscheint das Neue. Die Frage, das Dilemma, das Problem wird zu einem Abenteuer. Neugier, Entdeckergeist, Beweglichkeit und Spielfreude sind dann geschenkt. Was mir selber oben drauf noch gut tut ist etwas Schelmisches. Und definitiv eine Riesen-Portion Selbstliebe.

Ein Leben in soul integrity lässt dich ungewöhnliche Entscheidungen treffen. Du machst Bewegungen auf dem sozialen Parkett, die auf den ersten Blick unverständlich erscheinen. Damit setzt du dich Urteilen aus. Das Label, das mich selbst am härtesten trifft und immer noch ganz schön aus der freudig-revolutionären Kurve hauen kann, ist das von “unsozial”. Schach!

Was, wenn das “sozial”, an dem ich gemessen werde, Teil einer alten Geschichte ist? Nicht weil es verkehrt ist, sondern einfach weil es auf dem Blatt Papier liegt, also im Bereich des Möglichen. Und was, wenn ich in mir ein Wissen um ein “sozial” finde, das viel weiter geht als das, was uns im Moment möglich erscheint? Ein “sozial”, das tragfähiger und zuverlässiger ist als das Bestehende. Ein “sozial”, in das wir uns entspannen können, weil es keine Kontrolle braucht, sondern sich darauf verlassen kann, dass es aus uns selbst heraus auftaucht.

Wie wäre das, wenn wir uns selbst und einander wieder über den Weg trauen könnten? Wie wäre das, wenn wir die enormen Herausforderungen, in denen wir als Menschengemeinschaft gerade stehen, auf der Basis von Vertrauen, befreiter Kreativität und ja – Freude – angehen könnten? Schach-Matt!

Ich weiß da was. Du weißt da was. Indem wir unsere eigenen Wege gehen, wo die gesellschaftlich eingeübten nicht mehr tragen, werden wir zunehmend “unsoziale” Entscheidungen treffen. Wir befinden uns im Übergang! Ohne dieses Schwellenbewusstsein werden wir uns schnell in Missverständnissen verheddern.

Das Neue kommt in die Welt durch unser mutiges und kompromissloses „Act as if“. So tun als ob, als wäre das Neue schon da. In der dabei entstehenden kreativen Reibung brauchen wir viel Wohlwollen füreinander. Anders kommen wir da nicht durch. Denn dem Neuen fehlen, das kann ich von mir sagen, ziemlich oft die Worte. “Act as if” ist “act as if”. Das will sich nicht erklären. Aber du kannst mir Fragen stellen. Immer.

Zum Beispiel dazu, wie es für mich ist, in Deutschland selbständig zu sein. Oder wie es ist, in der Ausübung meines Berufs als Traumatherapeutin zur Gruppe der Heilpraktiker zu gehören. Oder wie es ist, eine Initiative zu gründen, für die es keinen passenden institutionellen Rahmen gibt, geben darf. Einfach weil es um das Herzstück geht, um die Integrität unserer Seele. Unsere Seele, die weiß. Und die frei ist.

Wie geht soul integrity in Kontexten, die nicht die volle Komplexität unseres menschlichen Seins einbeziehen? Wie geht Seelenintegrität in Strukturen, die nicht aus der Verbindung mit unseren tiefsten inneren Werten entstanden sind? Wem oder was bleibst du treu? Be your own revolution. Ich ermutige dich, deine eigene Revolution zu sein!

Ann La-Forker, Trauma-Therapeutin & Gründerin der unabhängigen Initiative Integrity For Future
www.becoming-essence.world
www.integrityforfuture.work
Bald: www.soul-rebels.com

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13 Kommentare zu “Warum wir nicht mehr reinpassen dürfen. Entwicklung oder Revolution?
  1. Käthe sagt:

    Liebe Ann,
    Wow und Danke! Danke für dieses ums Eck denken und den Aufruf zur Bereitschaft zum ‚unsozial‘ sein, zum Wachstum und zum selbst-sein!
    Vor Jahren diskutierte ich über das Wort ‚grenzgenial‘, hier in Ö ein verbreitetes Wort. Wir kamen zu dem Entschluss, dass wir uns dadurch eine Grenze zu unserem eigenen tatsächlichen Genial setzen und uns dadurch begrenzen- ebenso wie die Ränder des Blatt Papiers von den du schreibst … seitdem lasse ich die Grenze weg…
    Herzlichst Käthe

    • Ann sagt:

      „Seitdem lasse ich die Grenze weg“ – wow! Es wäre sicherlich für viele spannend von deinen Erfahrungen damit zu hören. Danke Käthe!

  2. Marina sagt:

    Sehr schön geschrieben, dieser Text berührt mich. Er bewegt etwas. Lieben Dank!

  3. Miriam sagt:

    Dank dir, liebe wundervolle Ann! Welche Weite, dich in der Welt zu wissen. Seelenschwesternschaft zu empfinden. Das ist groß! Das stiftet meinen Mut, meine Zuversicht, mein innen geankert Gewusstes an, heller noch zu leuchten. Präsent zu sein im unterwegs Sein. Im Tanz im neuen Raum des noch-nicht und gleichwohl doch schon-gegenwärtig-Gewussten. Meine Funken sprühen besonders hell bei deinen Worten: „Wie wäre das, wenn wir uns selbst und einander wieder über den Weg trauen könnten? Wie wäre das, wenn wir die enormen Herausforderungen, in denen wir als Menschengemeinschaft gerade stehen, auf der Basis von Vertrauen, befreiter Kreativität und ja – Freude – angehen könnten?“ Das fühl ich schon, weiß es in mir. Und bin unterwegs, es mehr noch zu leben, innen wie außen. Jetzt freudiger noch. Dank dir. Es ist echte Arbeit – und Freu-den-tanz!!!

  4. Monja sagt:

    Liebe Ann,
    mir ging es genauso wie Miriam, ich schließe mich ihren Worten an.
    Ich habe deinen Text schon einer weiteren Person vorgelesen, die dadurch nun auch schon mit *Wie wäre das wenn… “
    unterwegs ist.
    Mein Herz sagt D A N K E

  5. Elke sagt:

    Danke Ann für das Teilen deiner Wahrnehmungen, ich kann das auch fühlen –
    wir dürfen anders, größer, weise und berührbar. Es braucht uns ALLE und GANZ🙏 auf in ein neues Staunen! Endlich…..✨

  6. Theresa Rosa sagt:

    Ich kann nicht mehr unglücklich sein. Meine Seele hält das einfach nicht aus. – Dieser Ausdruck trifft mitten hinein, und seitdem schwingt er. Danke dafür ❤️

  7. Franziska Braegger sagt:

    Ich mag deine Zeilen Ann – die berühren mich tief. Ich gebe zu das ich immerwieder hadere- und ich gebe zu das immer dann ein „Engel“ da ist und mir zeigt das es dennoch geht. Und dieser Engel ist immer da – integrity ermöglicht mir ihn zu sehen.
    Bin uf ‚em Wäg – sagt man in der Schweiz.. danke Ann für dein Teilen Dankeschön

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