Ich bin, weil wir sind

Foto: Pixabay

Von Marlies Koel. Der folgende Vorfall ereignete sich 1976 in Washington. Das Washingtoner Büro der Special Olympics berichtete von einem Vorfall bei einer Sportveranstaltung für behinderte Sportler. Ein Wettrennen wurde gestartet und einer der Läufer stürzte während des Rennens. Zwei Teilnehmer hielten an und liefen zu dem Gestürzten, halfen ihm auf, hakten ihn unter und liefen mit ihm gemeinsam über die Ziellinie, während die anderen Teilnehmer unbeirrt weiterliefen.

Die Frage ist, zu welcher Gruppe wir gehören wollen: zu denen, die dem gestürzten Jungen keine Beachtung geschenkt haben und weiter zum Ziel gelaufen sind, oder zu denen, die angehalten haben, den gestürzten Jungen zwischen sich genommen haben und gemeinsam ins Ziel gelaufen sind. Das ist eine sehr individuelle Frage, die jeder nur für sich selbst beantworten kann.

Das Wohlergehen des Einzelnen ist im Wohlergehen aller verankert.
Helen Keller

Ich bin, weil wir sind. Welches Wir könnte das noch sein? Nicht nur das Wir nach außen ist wichtig, sondern auch das Wir in uns selbst, das heißt diese Verbundenheit bezieht sich nicht nur auf andere, sondern wie steht es mit der Verbundenheit in uns selbst? Das heißt, wir sind viele. Biologisch haben wir nur ein Alter, emotional haben wir viele. Zu unserem Leben gehören Kränkungen, Schocks und andere uns prägende Erfahrungen, in denen wir uns von uns selbst getrennt haben. Je nach Situation nehmen wir auch verschiedene Rollen ein. Jeder von uns kennt Situationen im Leben, in denen wir uns in alte Gefühle und Situationen zurückversetzt fühlen. Längst abgespaltene Teile von uns, mit denen wir nichts zu tun haben wollen, tauchen wieder auf. Sie sind mit starken negativen Gefühlen verbunden, die wir nie wieder erleben und fühlen wollen. Wir fühlen uns diesen Situationen hilflos und ohnmächtig ausgeliefert. Und doch sind sie da und wirken. Sie bestimmen oft unser Verhalten in Stresssituationen.

Was wäre, wenn wir alle diese Teile vor uns hätten und sie annehmen könnten? Die Annahme der Teile ist notwendig, um authentisch zu werden. Es reicht nicht, sie anzunehmen und zu akzeptieren. Die verschiedenen Teile wollen ihre Geschichten erzählen, wollen gewürdigt werden. Allein dadurch, dass wir die Geschichten erzählen lassen, Ja dazu sagen, beginnt eine Transformation. Mit jeder transformierten Geschichte wächst unsere Authentizität. Wir kommen zum WIR in uns und damit zum ICH BIN. Damit kommen wir in unsere volle Kraft, unser Leben aktiv zu gestalten.

Was wäre, wenn wir diese Geschichte auf andere Lebensbereiche übertragen würden, zum Beispiel auf die Wirtschaft. Was wäre, wenn die Wirtschaft dem Menschen und dem Leben dienen würde – und nicht umgekehrt?

Dr. Marlies Koel
dr.m.koel@t-online.de
www.awareness-adventure.com

Sharing is Caring 🧡
Posted in Kolumne Verwendete Schlagwörter:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Dein Kommentar wird nach der Prüfung freigeschaltet. Bitte beachte, Einschätzungen und Meinungen in Ich-Form zu formulieren und die AutorInnen zu wertschätzen. Nicht identifizierbare Namen (Nicknames), Kommentare ohne erkennbaren Bezug auf den Inhalt des Artikels und Links zu nicht eindeutig verifizierbaren Seiten bzw. zur Eigenwerbung werden grundsätzlich nicht freigeschaltet.